Unterwegs in der Mitte Deutschlands (Teil 4)

Montag, 17. Januar 2022

Unterwegs in der Mitte Deutschlands (Teil 4) Ortsfeuerwehr Seulingen

Der vierte Teil des Reiseberichtes über unsere Fotoexkursion im Juli 2011 befasst sich mit dem Besuch bei der Ortsfeuerwehr Seulingen in der Samtgemeinde Radolfshausen.

Nachdem uns in Duderstadt zwei kräftige Schauer vorübergehend in die Fahrzeughallen getrieben hatten, brach jetzt die Sonne durch und es wurde mollig warm. Mit der vorher bereits angekündigten Verspätung von etwa 15 Minuten trafen wir am 1999 bezogenen Feuerwehrhaus ein. Uns erwartete ein gut gelaunter Gerätewart, der unseren Zeitverzug für Dinge genutzt hatte, die er sonst nach unserem Besuch erledigen wollte.



Das Gerätehaus lag am Ortsrand in der Straße „Am Eutschenpfuhl“. Den damit vermutlich gemeinten kleinen Tümpel konnten wir zwar nirgends entdecken, dafür gab es aber einen schönen, grünen Hintergrund, der nur von einer Straßenbrücke etwas gestört wurde. Den Fotoplatz wählten wir auf dem geteerten Wirtschaftsweg, der sich an die Stichstraße zum Feuerwehrhaus anschloss. Wir selbst fotografierten von der Wiese auf der anderen Grabenseite aus.

Entgegen der sonstigen Gewohnheit, zunächst „zum Üben“ mit einem kleinen Fahrzeug zu beginnen, lichteten wir als erstes das LF 20/16 ab. Vor der Jahrtausendwende waren Mercedes-Benz-Fahrgestelle mit Magirus-Aufbauten absolute Raritäten gewesen, inzwischen traf man sie jedoch öfter an. In unserem Fall hatte Lohr aus Kainbach bei Graz die Kabinenverlängerung ausgeführt. Bereits seit den 1920er Jahren produzierte der Familienbetrieb aus der Steiermark Feuerwehrfahrzeuge, 1997 wurde die Firma Bestandteil von Iveco Magirus. Der Aufbau des Löschgruppenfahrzeugs stammte dagegen aus dem Magirus-Werk in Weisweil.

Erwähnenswert ist der mit 2.500 Litern Inhalt recht große Wassertank, der aus dem LF 20/16 ein universell einsetzbares Löschfahrzeug machte. Das war insofern sinnvoll, weil es tatsächlich auch das einzige mit einer Festpumpe ausgestattete Fahrzeug der Wehr war.

Bis zur Anschaffung des LF 20/16 war das anders gewesen. Als typische niedersächsische Stützpunktfeuerwehr verfügte die OF Seulingen über ein LF 8 (nach Technischer Weisung Nr. 14 des Landes Niedersachsen ohne Wassertank) von 1991 und ein TLF 8 von 1982. Letzteres wurde 2008 ausgemustert, das LF 8 an die OF Seeburg (ebenfalls Samtgemeinde Radolfshausen) abgegeben.


LF 20 / 16, Mercedes-Benz Atego 1429 AF, Magirus, Bauj. 2008, Kabinenverlängerung von Lohr


Eine Tragkraftspritze, verlastet auf einem Rollcontainer, führte der „selbstgestrickte“ Gerätewagen-Nachschub auf VW LT 35 TDI mit. Das Kofferfahrzeug mit Aufbau der Göttinger Firma Karosseriewerk Heinrich Meyer GmbH war von 1999 an in der Privatwirtschaft genutzt wurden. 2008 kaufte die Samtgemeinde Radolfshausen das Fahrzeug für die OF Seulingen, um die Vorgaben der Mindeststärkeverordnung für eine Stützpunktfeuerwehr weiterhin erfüllen zu können. Die Ortsfeuerwehr rüstete den Lieferwagen für ihre Zwecke um und stellte ihn 2009 in Dienst.

Eine Hubfix-Ladebordwand machte die Beladung mit Rollcontainern möglich. Neben dem erwähnten TS-Container gab es z.B. solche für Ölwehreinsätze und eine Tiertransportbox.


GW-N, VW LT 35 TDI, Meyer (Göttingen), Ladebordwand: Hubfix, Bj. 1999, i.D. 2009


Zwischendurch kam eine Mutter mit einer ganzen Schar Kinder auf Fahrrädern vorbei, sie mussten absteigen und sich am Fahrzeug vorbeischlängeln. Die Jungs und Mädchen betrachteten etwas irritiert (oder interessiert?) unser Treiben. Bald darauf näherte sich von der anderen Seite ein Nebenerwerbslandwirt auf einem Traktor, der nur etwas jünger aussah als er selbst und wir. Er wollte auf einem mindstens so betagten Anhänger ein Fuder Heu nach Hause bringen und musste kurz warten, bis der GW-N zum Wenden ohnehin vor das Feuerwehrhaus gefahren wurde. Der gute Mann trug es mit Fassung, wunderte sich aber kopfschüttelnd offensichtlich über die beiden Bekloppten, die auf der Wiese herumsprangen und rote Autos fotografierten.

Im Jahre 2000 hatte der Landkreis Göttingen einen (nicht mehr ganz taufrischen) Einsatzleitwagen auf Mercedes-Benz 100 bei der OF Seulingen stationiert, der als Führungsfahrzeug für die Kreisfeuerwehrbereitschaft Göttingen-Ost diente. Bereits zwei Jahre später wurde er durch ein Neufahrzeug, einen Ford Transit 125 T350 mit Ausbau von Pütting ersetzt.


ELW 1, Ford Transit 125 T350, Pütting, Bauj. 2002, Führungsfahrzeug der Kreisfeuerwehrbereitschaft Göttingen-Ost


Ebenfalls für die KFB Göttingen-Ost beschaffte der Landkreis 2005 ein Melder-Krad, eine Yamaha Trailway vom Typ TW 125. A. Beim Fotografieren dachten wir rechtzeitig daran, in die Knie zu gehen. Ansonsten werden die Bilder von Motorrädern oder Quads nicht wirklich toll.


Meldekrad, Yamaha Trailway TW 125, Bauj. 2005, beschafft vom Landkreis Göttingen


Als letztes Fahrzeug lichteten wir noch den Mannschaftstransportwagen ab. Er war nach einem VW T3 bereits der zweite in der Geschichte der Wehr, Baujahr 1994 und ein Dutzend Jahre lang von einer Baufirma genutzt worden. Nach dem Erwerb des VW T4 mit langem Radstand durch den Feuerwehrverein Seulingen e.V. im Jahre 2006 hatte die Ortsfeuerwehr das weiß lackierte Fahrzeug mit roter Folie beklebt und mit Sondersignalen ausgestattet.


MTW, VW T4, Eigenausbau, Bj. 1994, i.D. 2006


Die Fotoaktion hatte unheimlich gut geklappt, ohne Hektik waren wir schnell fertig geworden, aber kräftig durchgeschwitzt. Dankbar nahmen wir die Einladung ins Gerätehaus auf eine Cola an, notierten uns die Adresse für die nach unserer Tour zu übersendende CD mit den Bildern und fuhren freudig von dannen. Es war wirklich ein ganz toller Termin mit interessanten Fahrzeugen und schönen Sonnenfotos vor ansprechendem Hintergrund gewesen.


Inzwischen sind mehr als 10 Jahre ins Land gegangen, und im Feuerwehrhaus in Seulingen steht nur noch das jüngste von uns angetroffenen Fahrzeuge, das LF 20/16. Die anderen vier wurden zwischenzeitlich ersetzt.

Bereits 2013 wurde die Yamaha durch eine BMW F 650 GS abgelöst. Mehr als fünf Mal soviel Hubraum, vier Mal so viele Pferdestärken wie vorher – die Maschinisten können glücklich sein. Bei einer großen Katastrophenschutzübung in Bovenden, zu der ich 2017 eingeladen worden war, konnte ich das neue Krad fotografieren.


Meldekrad, BMW F 650 GS, Bauj. 2013, beschafft vom Landkreis für die Kreisfeuerwehrbereitschaft Göttingen-Ost.


Im Sommer 2005 wurde der MTW bei einem Unfall so stark beschädigt, dass er ausgemustert werden musste. Erst im Frühjahr des folgenden Jahres konnte vom Feuerwehrverein ein geeignetes Ersatzfahrzeug erworben und für die OF Seulingen umgerüstet werden.

Für den ELW 1 wurde ein Nachfolger am Ende der bereits erwähnten Katastrophenschutzübung im August 2017 vom Landkreis Göttingen übergeben. Der VW Crafter mit Ausbau von Schäfer bietet deutlich mehr Platz für die Arbeit der Besatzung. Sein Vorgänger wurde zur OF Harste in der Gemeinde Bovenden umgesetzt und fungiert seitdem als Führungsfahrzeug des Fachzuges Logistik Göttingen-West.


ELW 1, VW Crafter, Schäfer, Bauj. 2016, i.D. 2017, Führungsfahrzeug der Kreisfeuerwehrbereitschaft Göttingen-Ost.

Für die nächste Veränderung im Fuhrpark mussten erst die räumlichen Voraussetzungen geschaffen werden. Dazu baute die Ortsfeuerwehr ab Herbst 2018 weitgehend in Eigenleistung die Fahrzeughalle um. Im Sommer 2019 war es dann soweit, dass der bisherige GW-N ausgemustert werden konnte.

Gleichzeitig wurde der zur Kreisfeuerwehrbereitschaft Göttingen-Ost gehörende Gerätewagen-Logistik von der OF Waake-Bösinghausen nach Seulingen umgesetzt. Die nächste Folge von „Unterwegs in der Mitte Deutschlands“ befasst sich mit eben dieser Ortsfeuerwehr, dann wird auch der GW-L ausführlich vorgestellt.

(wird fortgesetzt)

Text und Fotos: Klausmartin Friedrich


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