Das Kleinwalsertal liegt im Bezirk Bregenz des österreichischen Bundeslandes Vorarlberg mitten in den nördlichen Kalkalpen. Wobei das „mitten“ hier wirklich Wort wörtlich zu nehmen ist. Durch seine geografische Lage inmitten in der Allgäuer Alpen, besteht keinerlei direkte Verbindung zum restlichen Österreich. Es gibt nur eine Straße die nach Oberstdorf in Deutschland führt. Das Kleinwalsertal bildet somit eine knapp 97 Quadratkilometer große Enklave. Die rund 5.000 Einwohner in den vier Kommunen des 16 km langen Tales bilden hierbei nur den kleinsten Teil der Menschen im Tal. Bis zu 900.000 Wintersportler verbringen hier jedes Jahr ihren Urlaub. Auch im Bereich des Sommertourismus steigen seit zehn Jahren die Urlauberzahlen. So dass sich mittlerweile zwei Zeiten im Jahr mit hoher Einsatzfrequenz entwickeln.
Bis 1995 gab es keine eigene Rettungswache im Kleinwalsertal, der Rettungsdienst wurde auf dem kleinen Dienstweg aus Deutschland mit abgewickelt oder per Luftrettung aus Österreich. Hierbei waren viele Fragen des Grenzübertrittes aber nicht geregelt. Im Jahr 1995 wurde dann vom BRK, dem Österreichischem Roten Kreuz (ÖRK) und der Gemeinde Mittenberg die Walser Rettung gegründet. Unter Federführung des BRK Kreisverbandes Oberallgäu wurde hierbei eine Rettungswache im Kleinwalsertal eröffnet. 2011 zog diese Rettungswache nach Riezlern in eine ehemalige Tankstelle um.
Alarmiert wird die Walser Rettung von der Rettungsleitstelle Vorarlberg in Feldkirch. Besonders erwähnenswert ist im Kleinwalsertal auch die enge Zusammenarbeit zwischen Haupt- und Ehrenamt. So werden hier mehr als ein Viertel der Dienste im Regelrettungsdienst ehrenamtlich besetzt.
In der Rettungswache an der Walserstraße ist ein Rettungswagen 24 Stunden rund um die Uhr besetzt. Die Besatzung ist hierbei sowohl nach deutschen, wie auch nach österreichischen Richtlinien ausgebildet.
Als Rettungswagen wird aktuell ein Bayern-RTW der fünften Generation verwendet. Der Mercedes-Benz Sprinter ist mit einem 4x4-Allradfahrgestell ausgestattet und verfügt über einen Aufbau von WAS. Im Laufe der Zeit wurden Schleuderketten nachgerüstet. Funkrufnamentechnisch ist er bei der Leitstelle Feldkirch als RTW 92.401 und bei der ILS Allgäu als Rotkreuz Oberallgäu 47/71-70 angemeldet.
In der ehemaligen Waschhalle der Tankstelle steht noch ein weiterer RTW, unter dem Funkrufnamen RTW 92.402 (LS Feldkirch) oder Rotkreuz Oberallgäu 47/71-71 (ILS Allgäu) firmiert dieser als Hintergrund-RTW der Örtlichen Unterstützungsgruppe Rettungsdienst. Dieser RTW wird zusätzlich zur Spitzenabdeckung ehrenamtlich besetzt und dient gleichzeitig als erstes Rettungsmittel für Paralleleinsätze im Kleinwalsertal. Des Weiteren wird er auch für Sanitätsdienste besetzt und zum Einsatz gebracht. Aktuell wird hier ein Bayern-RTW der vierten Generation, ebenfalls auf einem 4x4-Fahrgestell der Mercedes-Benz Sprinter-Serie mit WAS-Aufbau eingesetzt. Bei Bedarf kann der RTW auch als Ausfallreserve für den primären RTW genutzt werden.
Beide Rettungswägen sind Teil der rotierenden Fahrzeugvorhaltung des BRK Kreisverbandes Oberallgäu. Der Patiententransport erfolgt, in Ermangelung eigener Krankenhäuser im Kleinwalsertal, auf dem Landweg nach Deutschland oder über einen Hubschrauberlandeplatz nach Österreich. Mit der Gründung der Walser Rettung, wurde der Grenzübertritt auch in einem bilateralen Vertrag mit Unterstützung der Europäischen Union geregelt.
Auch die Notarztversorgung wurde in diesem Vertrag geregelt. So wurde extra für das Kleinwalsertal ein Notarzteinsatzfahrzeug beschafft. Der Notarzt fungiert hierbei als Selbstfahrer und wird in den meisten Fällen durch einen deutschen Arzt mit Fachkunde Notfallmedizin gestellt. Das aktuelle NEF wurde 2018 in Anlehnung an die Bayern-NEF beschafft.Der Mercedes.Benz GLE 350d 4matic wurde von Binz ausgebaut. Das mit 190 kW motorisierte Fahrzeug verfügt über einen Heckauszug und einen Einbauschrank auf dem hinteren Sitz der Beifahrerseite. Die Ausrüstung umfasst, neben einem Notfallrucksack, auch ein Lifepak-EKG und eine Beatmungseinheit aus dem Hause Weinmann.
Das Fahrzeug wurde von der Walser Raiffeisen Holding sowie vielen Kleinspendern finanziert und wird von einem Notarzt-„Verein“ getragen und besetzt. Auffallend ist hier, dass bei der Beschaffung dass Hochsichbarkeits-Konzept der bayerischen Rettungsmittel adaptiert wurde. Auch dieses Fahrzeug ist wieder mit doppelten Namen unterwegs: In Deutschland als Rotkreuz Oberallgäu 45/76-02 und in Österreich als NEF 92.411.
Als Ausfallreserve steht noch das Vorgängerfahrzeug aus dem Jahre 2009 bereit. Hierbei handelt es sich um einen Audi Q5 quattro mit Binz-Ausbau. Das Fahrzeug wurde ebenfalls aus Spendenmitteln und mit Mitteln des Landes Vorarlberg beschafft. Es wurde im Laufe der Jahre ebenfalls ertüchtig sowie neu beklebt und steht derzeit abgerüstet an der BRK Rettungswache Oberstdorf in Deutschland und kann nach Umladen der Ausrüstung jederzeit als Reservefahrzeug wieder genutzt werden.
Wir danken dem BRK Kreisverband Oberallgäu und der Rettungswache Riezlern für die gute Zusammenarbei!
Text und Fotos: Daniel Wachtmann - BOS-Fahrzeuge.info