Die Haubenfahrzeuge der Nachkriegszeit - Teil 45

Freitag, 17. April 2020

Die Haubenfahrzeuge der Nachkriegszeit - Teil 45 - Borgward B 2000 A/O 0,75t gl als ehem. Bundeswehr-Kübelwagen mit Hardtop (Baujahre 1956 – 1961)

Verglichen mit der großen Zahl an Borgward-Kübelwagen mit Planenverdeck waren die als Funk- und Kommandofahrzeug bezeichneten Fahrzeuge mit Hardtop eher in der Minderzahl. Bei den BOS-Organisationen waren sie aber gerade wegen dieses festen Daches sehr beliebt und stehen vereinzelt auch heute noch im Einsatzdienst.

Etwa ab Ende 1956 wurde der Borgward B 2000 A/O 0,75t gl auch mit einem festen Stahlverdeck über dem Mannschaftsraum angeboten. Das geschah sicherlich nicht, um den Komfort für die Soldaten zu erhöhen, denn derlei Überlegungen waren den Planern der Bundeswehr in den 1950er Jahren völlig fremd. Was allein zählte, waren einsatztaktische Erwägungen. Hier ging es um besseren Wetterschutz für empfindliche Funkgeräte und andere elektronische Bauteile. Sehr schnell entstand daher auch die Bezeichnung „Funk- und Kommandofahrzeug“. Auf dem Dach waren Vorrichtungen für drei Funkantennen montiert.

Bisher ist noch kein derartiges Fahrzeug mit den in Folge 44 erwähnten älteren Türen bekannt geworden. Alle Hardtop-Kübel besaßen die großen, abgerundeten Griffmulden, die am Aufbau deutlich tiefer saßen als am auch hier verwendeten Standardführerhaus mit Planenverdeck. Die geänderte Lage der Griffmulden war übrigens aus Gründen der Vereinfachung eingeführt worden: Jetzt waren sowohl die beiden Seitentüren als auch die beiden Hecktüren von der Konstruktion her identisch, man brauchte nur noch einen Rohling für alle. Im Reparaturfall war das eine große Erleichterung. Jetzt musste nur noch das passende Schloss eingesetzt werden, und die neue Tür konnte mit ein paar Bolzen im Scharnier befestigt werden. Bei den Hardtopfahrzeugen kam jetzt allerdings für die Seitentüren noch der obere Teil mit dem Schiebefenster hinzu.

Es gibt Hinweise darauf, dass diese Fahrzeuge auch beim Bundesgrenzschutz (BGS) eingesetzt wurden. Bisher konnte jedoch lediglich das Foto eines Erprobungsfahrzeugs gefunden werden.

Nach ihrer Ausmusterung bei der Bundeswehr wurden relativ viele Kübelwagen mit Hardtop von BOS-Organisationen übernommen. Die größte Zahl dürfte zu Feuerwehren gelangt sein. Genutzt wurden sie wie ihre Planenverdeck-Brüder als TSF (in Bayern offiziell „MW-TS“) oder MTW, häufig aber auch als Geräte- oder Schlauchwagen.


TSF, Borgward B 2000 A/O 0,75t gl, Baujahr 1957, im Jahre 1970 von der Bundeswehr übernommen und umgebaut durch die FF Heeslingen, heute eine Ortsfeuerwehr der Samtgemeinde Zeven.

Die in den vorangegangenen Artikeln schon mehrfach erwähnte Firma Meßner aus Großgundershausen beteiligte sich auch bei den Hardtop-Kübelwagen an der Rüstungskonversion und liefert etliche Fahrzeuge aus, vor allem an bayerische Feuerwehren. Zur Gemeinde Bruckberg im Landkreis Landshut gehört unter anderem der Ortsteil Attenhausen. Den ehemaligen MW-TS der dortigen Feuerwehr konnte Klaus Fischer einst fotografieren.


MW-TS, Borgward B 2000 A/O 0,75t gl, Baujahr 1958, als ausgemustertes Bundeswehrfahrzeug durch die Fa. Meßner umgebaut und 1969 bei der FF Attenhausen in Dienst gestellt.

Ebenfalls von Meßner stammte der MW-TS der FF Reichertsbeuren (Landkreis Bad Tölz – Wolfratshausen), wieder stellte Klaus Fischer uns das Bild zur Verfügung. Auffällig sind die herunterklappbaren Haspeln mit B-Schläuchen


MW-TS, Borgward B 2000 A/O 0,75t gl, Baujahr 1958, Umbau durch Meßner 1971, eingesetzt bei der FF Reichertsbeuren.

Die Datenlage zum MW-TS der FF Hechenberg im gleichen Landkreis ist sehr spärlich. Die Anordnung der klappbaren Haspeln legt aber den Schluss nahe, das auch dieses Fahrzeug von Meßner umgebaut wurde.


MW-TS, Borgward B 2000 A/O 0,75t gl, nach Ausmusterung bei der Bundeswehr vermutlich durch Meßner umgebaut, im Einsatz bei der FF Hechenberg, Gemeinde Dietramszell.

Die FF Benediktbeuern, wiederum im Landkreis Bad-Tölz – Wolfratshausen angesiedelt, hatte eine andere Lösung gewählt: Am Heck waren seitlich Klappen eingebaut worden, hinter denen sich die Haspeln verbargen. Auf dem Dach und über dem Heckgeräteraum ließen zusätzliche Ablageplätze die Lagerung von Geräten zu.


MW-TS, Borgward B 2000 A/O 0,75t gl, Baujahr 1956, geliefert an die Bundeswehr, im Jahre 1966 durch die FF Benediktbeuern übernommen und in Eigenleistung umgebaut.


Etwa um 1990 wurde der MW-TS aus Benediktbeuern grundlegend restauriert. Meistens wurde er danach zusammen mit einem TSA als „MTW-TSA“ eingesetzt, so wie auf dem Bild von Klaus Fischer zu sehen.

Die FF Nußbach in der Pfalz nahm 1981 leichte Umbauten an ihrem (vermutlich schon vorher beschafften) TSF vor. Neben einer Halterung für eine dreiteilige Schiebleiter wurde eine Galerie zum Gerätetransport aufgesetzt. Seitlich wurden Auftrittlöcher in den Aufbau geschnitten, um auf das Dach zu gelangen. Helmut Elstrodt konnte Das TSF auf einem Oldtimertreffen auf den Film bannen. Später wurde das Fahrzeug an die Feuerwehrfreunde Krefeld abgegeben.


TSF, Borgward B 2000 A/O 0,75t gl, Baujahr 1958, ehemaliges Bundeswehrfahrzeug, von der FF Nußbach (Pfalz) zum TSF umgebaut.

Leider können wir kein Foto vom Borgward der FF Ober-Klingen im Landkreis Darmstadt-Dieburg zeigen. Diese Wehr hatte ihr von der Bundeswehr übernommenes Fahrzeug 1966 sogar mit einer Ziegler-Vorbaupumpe ausgerüstet und bezeichnete es deshalb als LF 8.

Ebenfalls ohne Abbildung muss der 1957 zunächst auf die Bundeswehr zugelassene Gerätewagen der FF Basdahl im Landkreis Rotenburg bleiben. Als Besonderheit war über dem heckseitigen Geräteraum eine große Schlauchhaspel montiert, von der aus während der Fahrt etliche B-Schläuche abgerollt werden konnten.

An der Feuerwehrtechnischen Zentrale des Landkreises Ammerland in Elmendorf wurde von 1971 bis 1990 ein Borgward Kübelwagen mit Bundeswehrvergangenheit als Gerätewagen/Mannschaftstransportwagen und Zugfahrzeug für den Rettungsbootanhänger vorgehalten. Auf dem Hardtop waren etliche Feuerpatschen für Waldbrandeinsätze gelagert.

Die nächsten 15 Jahre verbrachte der Borgward untergestellt bei der FF Apen. 2005 war er immer noch zu schade zum Verschrotten, daher erwarb ihn die Ortsfeuerwehr Aschhausen. Sie restaurierte ihn von Grund auf und nutzt ihn seitdem als Gerätewagen-Waldbrand, z.T. auch mit einem dahinter hängenden TSA (siehe Titelbild, fotografiert von Helmut Elstrodt).


GW-Waldbrand, Borgward B 2000 A/O 0,75t gl, Baujahr 1958, zunächst im Bundeswehreinsatz, von 1971 bis 1990 als GW/MTW der FTZ Elmendorf, dann zeitweilig abgestellt, seit 2005 von der FF Aschhausen (Gemeinde Bad Zwischenahn) genutzt.


Heckseitiger Geräteraum des GW-Waldbrand der FF Aschhausen. Nicht nur das Fahrzeug kann seine militärische Vergangenheit nicht leugnen.

Eine Handvoll Hardtop-Kübelwagen wurde von den Feuerwehren in Eigenleistung zu Schlauchwagen umgebaut. So geschah es auch bei der FF Munkbrarup an der Flensburger Förde, deren SW 380 Jahrzehnte lang gern gesehener Gast auf Oldtimertreffen in Norddeutschland war. Bei einer dieser Veranstaltungen in Dibbersen südlich von Hamburg gelang Helmut Elstrodt das folgende Bild.


SW 380, Borgward B 2000 A/O 0,75t gl, Baujahr 1957, nach seiner Wehrdienstzeit als Eigenumbau im Einsatz bei der FF Munkbrarup.


SW 600, Borgward B 2000 A/O 0,75t gl, Baujahr 1957. Von der Bundeswehr erwarb die FF Sittensen das Fahrzeug und nutzte es bis zum Jahre 2000 als Schlauchwagen mit 600 m B-Schläuchen. Nach einer Zwischenstation im mittlerweile aufgelösten „Mobilen Fahrzeugmuseum“ der Firma Alga in Sittensen steht der SW seit 2015 im Fahrzeugmuseum PS-Speicher in Einbeck.


Heckseitiger Geräteraum des SW 600 der FF Sittensen. Gut zu erkennen ist auch das bei allen Kübelwagen mit Hardtop übliche Heckfenster.

Die FF Quakenbrück bezeichnete ihren Schlauchwagen sogar als SW 1000. Ob tatsächlich ein Kilometer Schlauchmaterial mitgeführt wurde, darf angesichts des knappen Stauraums bezweifelt werden. Dennoch soll die gelungene Aufnahme von Helmut Elstrodt hier gezeigt werden.


SW 1000, Borgward B 2000 A/O 0,75t gl, Baujahr 1958, von der Bundeswehr übernommen und in Eigenleistung durch die FF Quakenbrück umgebaut.

Die vier Rettungsorganisationen Arbeiter-Samariter-Bund, Deutsches (bzw. Bayerisches) Rotes Kreuz, Johanniter-Unfall-Hilfe und Malteser Hilfsdienst übernahmen etliche Hardtop-Kübelwagen für ihre Ortsverbände. Fotos davon sind heute leider sehr selten, auch im Internet ist nur wenig zu finden. In unserer Galerie ist momentan lediglich der Funkkraftwagen des DRK-Ortsvereins Meppen vertreten. Angeblich soll dieses Fahrzeug vom Bundesgrenzschutz (BGS) stammen und dort auch bereits als FuKw eingesetzt worden sein. Das wäre möglich, die Anbringung des Antennenmastes am Heck entspricht der Montage beim oben erwähnten Prototyp. Bis vor wenigen Jahren stand der Borgward noch beim DRK im Dienst.


Funkkraftwagen (FuKw), Borgward B 2000 A/O 0,75t gl, Baujahr 1957, Herkunft möglicherweise vom Bundesgrenzschutz. Bis vor wenigen Jahren stand der Borgward noch im Dienst beim DRK-Ortsverband Meppen.

(wird fortgesetzt)

Text: Klausmartin Friedrich

Fotos: Oliver Boas, Frank Brinkmann, Helmut Elstrodt, Klaus Fischer, Klausmartin Friedrich, Helmut Kunert.

Literatur (u.a.):
Graf, Helmut: Bremer Spezialitäten. In: Last & Kraft, Sonderedition 1/2006 Historische Feuerwehr-Fahrzeuge. Stuttgart, 2006.

Michels, Peter: Borgward Lastwagen & Omnibusse 1945-1961. Brilon, 2007.


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