Die Haubenfahrzeuge der Nachkriegszeit - Teil 36

Freitag, 21. Dezember 2018

Die Haubenfahrzeuge der Nachkriegszeit - Teil 36 – Borgward B 4500 bzw. B 555 (Baujahre 1953 bis 1961)

In den 1950er Jahren entwickelte sich die Firma Borgward zu einem der leistungsfähigsten LKW-Hersteller der noch jungen Bundesrepublik, der bei öffentlichen Aufträgen durchaus „in der 1. Liga mitspielte“. Diese Folge unserer Artikelreihe behandelt die schwersten in Bremen produzierten Lastwagen mit 3.000 bis 4.500 kg Ladefähigkeit.

Als der letzte Kampfkommandant der Stadt Bremen nach zweiwöchigem Artilleriebeschuss und einer dreitägigen Schlussoffensive der britischen Streitkräfte am frühen Morgen des 27.April 1945 kapitulierte, war Bremen zu etwa 60 Prozent zerstört. Auch große Teile der Borgward-Werke in Hemelingen und Sebaldsbrück lagen in Trümmern. Carl Borgward wurde von den Alliierten verhaftet und in das US-amerikanische Internierungslager Ludwigsburg gebracht. Wegen seiner Mitgliedschaft in der NSDAP, seines Ranges als Wehrwirtschaftsführer sowie der Beschäftigung von Kriegsgefangenen und KZ-Insassen sollte er zunächst als Kriegsverbrecher angeklagt werden. Nach neun Monaten in Ludwigsburg wurde er jedoch wieder nach Bremen entlassen, durfte aber seinen Betrieb nicht betreten und nur einfache Arbeiten (Bauhilfsarbeiter) durchführen. Sein Vermögen blieb beschlagnahmt Die von den Alliierten eingesetzte deutsche „Spruchkammer“ stufte ihn schließlich Ende 1948 als „Mitläufer“ ein, was einer weitgehenden Rehabilitierung gleichkam. Sofort konnte er wieder über sein Vermögen und die Borgward-Werke verfügen.

In der Zwischenzeit hatte sich auf Anordnung der britischen Besatzungstruppen ein „Custodian“ um die Geschäfte der Firma gekümmert. Die Alliierten suchten sich politisch unbelastete Personen für diese Tätigkeiten als Betriebsleiter und Vermögensverwalter aus, die keiner Nähe zum Nationalsozialismus verdächtig waren. Nicht immer waren sie fachlich ausreichend qualifiziert, um diese verantwortungsvolle Aufgabe auszuführen, häufig sogar schlicht überfordert.

Im Fall Borgward sah es anders aus. Custodian wurde Wilhelm Schindelhauer. Er war Gewerkschaftler, hatte bis 1927 in der Bremer Bürgerschaft gesessen und war dank der Fürsprache Borgwards trotz seiner (in der Nazizeit natürlich verbotenen) SPD-Parteimitgliedschaft seit 1938 kaufmännischer Direktor der Borgward-Werke gewesen. Mit anderen Worten: er war vom Fach.

Sehr schnell erreichte er bei der britischen Militärregierung, dass mit den verbliebenen 400 (von ehemals 8.000) Mitarbeitern sowie den aus den Trümmern geborgenen Maschinen ein Reparaturbetrieb für beschädigte oder unvollständige Fahrzeuge errichtet werden durfte. Bereits im Juli 1945 wurden die ersten LKW fertiggestellt.

Aus genügend Ersatzteilen lassen sich problemlos auch komplette Fahrzeuge herstellen – was ohne Wissen der Besatzungsmacht hinter deren Rücken sofort begann. Dabei wurde auch heftig getrickst, indem z.B. Materialzuteilungen für Handwagen oder Schlitten beantragt wurden, tatsächlich dann aber Lastkraftwagen daraus entstanden. Zunächst wurde der schon seit 1942 gebaute Dreitonner B 3000 mit 3.700 mm Radstand wieder hergestellt, in einfachster Ausführung und mit der üblichen „Einheitskabine“ aus Holz.

Ein entscheidender Vorteil war, dass während des Krieges Teile der Produktion aus Luftschutzgründen ausgelagert worden waren. Die Getriebe und Achsen wurden in einem Werksteil in Delmenhorst hergestellt, für die Motoren war in einem Waldstück bei Ottersberg ein aus Baracken errichteter Betriebsteil entstanden. Beide Liegenschaften waren kaum beschädigt und damit voll funktionsfähig.

Ab 23. Januar 1947 wurden Bremen und Bremerhaven US-amerikanisches Besatzungsgebiet, damit die Amerikaner ihren Nachschub ungehindert über die beiden Häfen abwickeln konnten. Damit lagen auch die Bremer Werksteile in der US-Zone, die beiden Ausweichquartiere in der britischen Zone. Offenbar war das aber für die Borgward-Werke kein allzu großes Problem. An Stückzahlen werden in der Literatur genannt: 1945 immerhin 117 Fahrzeuge, 1946 bereits 1164 Stück, 1947 nur noch 679 (vermutlich waren die Ersatzteilbestände weitgehend aufgebraucht), 1948 (Währungsreform!) dann 903 Dreitonner und 1949 schließlich 1778 Fahrzeuge. Längst wurde der B 3000 wieder mit einer Stahlkabine geliefert, neben dem Sechszylinder-Vergasermotor mit 78 PS (bei 3.000 U/min) aus 3.745 cm³ war seit 1946 auch der Diesel-Sechszylinder D 6 M5 mit 4.962 cm³ und 75PS bei 2.000 U/min im Angebot gewesen.

Zugunsten des neu entwickelten Borgward B 4000 mit 4 t Nutzlast und einer überarbeiteten, breiteren Kabine wurde im November 1950 die Produktion des Dreitonners eingestellt. Der schon dort verwendete Dieselmotor lieferte jetzt bei gleichem Rauminhalt durch eine Drehzahlerhöhung 85 PS bei 2.250 U/min, ein Benzinmotor wurde in dieser Größenklasse nicht mehr verwendet. 1952 gelang es den Borgward-Konstrukteuren sogar, 95 PS bei 2.400 U/min aus dem Dieselmotor heraus zu kitzeln. Angeboten wurden vier Radstände, nämlich 4.200 mm für die Pritschenausführung (auch in Allradversion lieferbar), 3.800 mm für Allradkipper, 3.400 mm für Sattelzugmaschinen und ein spezielles Tiefrahmenfahrgestell mit 5.3000 mm Achsabstand für Möbelwagen und die Omnibusfertigung.

Parallel zum Viertonner wurde ab 1953 ein LKW für 4,5 t Nutzlast auf den Markt gebracht, konsequent als B 4500 bezeichnet. Die Radstände entsprachen denen des kleineren Bruders, Allradantrieb gab es aber nur noch beim Kipperfahrgestell. Eine Tiefrahmenversion suchte man in dieser Tonnageklasse vergebens. Sie blieb dem B 4000 vorbehalten, der ansonsten jetzt nur noch als Pritschenlastwagen mit 4.200 mm Radstand und ohne Allradantrieb angeboten wurde.

Der B 4500 nutzte den bereits im B 4000 bewährten Motor D 6 M5 mit 95 PS. Damit war aber offenbar das Ende der Fahnenstange bei der Drehzahlerhöhung erreicht, denn ab 1957 erhielten der B 4000 und B 4500 einen weniger langhubigen Motor mit etwas vergrößertem Hubraum (4.997 cm³), der bei 2.800 U/min jetzt 110 PS leistete. Die Verwandtschaft zu seinem Vorgänger wurde schon durch die gewählte Motorbezeichnung D 6 M5 II verdeutlicht. Im gleichen Jahr wurde das Führerhaus beider Modelle noch einmal einer Modernisierung unterzogen, die äußerlich aber kaum bemerkbar war. Auffälliger waren da schon die Unterschiede zwischen Straßenfahrgestell und Allradversion, bei der Fahrerhaus, Motorhaube und Stoßstange bauartbedingt etwas höher saßen.

Gegen Ende der 1950er Jahre wurden Typenbezeichnungen passend zur Nutzlast unmodern. Magirus-Deutz hatte die Planetennamen eingeführt, Mercedes-Benz verwendete kryptische Baureihenbezeichnungen, Krupp nutzte Namen aus der Tier- und Sagenwelt. Da wollten die Borgward-Werke offenbar den Anschluss nicht verlieren und dachten sich ein neues Nummernschema für ihre Lastkraftwagen aus. Alle Haubenfahrzeuge bekamen eine mit 5 beginnende dreistellige Nummer, alle Frontlenkerbaureihen begannen mit 6. So richtig wollte man sich aber wohl doch nicht von den Tonnageangaben trennen, man verschlüsselte sie einfach mit Zahlenzwillingen in der 2. und 3. Stelle. Der B 4500 wurde zum B 555, was eigentlich einen echten Fünftonner kennzeichnete. Aus dem Viertonner B 4000 wurde prinzipiell der B 544, es gab aber auch den B 533 mit nur drei Tonnen Nutzlast bei ansonsten gleichen technischen Daten. Es kann nur vermutet werden, dass damit ein zulässiges Gesamtgewicht unter 7.500 kg erreicht werden sollte, um den LKW noch mit dem PKW-Führerschein der Klasse 3 fahren zu dürfen. In den Angebotsunterlagen ab 1960 taucht der B 533 allerdings nicht mehr auf.

Bis zum Zusammenbruch des Borgward-Konzerns im Jahre 1961 (auf den in einer späteren Folge noch eingegangen wird) verließen 7.663 LKW der Baureihen B 4000 / B 533 / B 544 und B 4500 / B 555 die Bremer Werkhallen.

Das Interesse der Behörden an den Viertonnern von Borgward war gleich Null, an den Viereinhalbtonnern war es zwiespältig. Für den Feuerwehrbereich spielte der Bremer Hersteller in dieser Nutzlastklasse so gut wie keine Rolle, wie weiter unten noch gezeigt werden wird. Der 1951 gegründete Bundesgrenzschutz (BGS, heute Bundespolizei) dagegen beschaffte größere Stückzahlen als Pritschenlastkraftwagen (zunächst ohne, später auch mit Seilwinde) und Küchenkraftwagen. Für beide Bauarten wurde die Allradversion B 4500 A verwendet. Gruppenkraftwagen (GruKw) auf dem gleichen Fahrgestell kamen über das Versuchsstadium nicht hinaus.

Mit der 1956 beginnenden Aufstellung der Bundeswehr wechselten bekanntlich mehrere Tausend BGS-Beamte dorthin, mit ihnen ein Teil der Fahrzeuge. So gelangten offenbar auch einige B 4500 A zur Bundeswehr.

Unter dem Dach des Bundesinnenministeriums existierte nicht nur der BGS, sondern es wurde ab 1952 auch der Luftschutzhilfsdienst (LSHD) geplant und aufgestellt. Im Luftschutz-Lenkungs- und Sozialdienst war im 3. Zug jeder LS-Lenkungsbereitschaft eine Verpflegungsgruppe vorgesehen. Sie sollte das (vom Funkkommandowagen des Bereitschaftsführers abgesehen) einzige vorab beschaffte Kfz dieser Bereitschaft bekommen, nämlich einen Feldküchenkraftwagen (Fkükw). Alle anderen Fahrzeuge der Bereitschaft sollten im Verteidigungsfall – und nur dafür war der LSHD vorgesehen – von Wirtschaftsunternehmen „beordert“ (also beschlagnahmt) werden.

Bei den Küchenkraftwagen gingen die Planer davon aus, dass sie außerhalb von Schadensgebieten zur Versorgung von Flüchtlingen eingesetzt werden sollten. Daher hielt man einen Allradantrieb für unnötig und beschaffte 1956 eine erste Serie von 15 Fkükw auf Borgward B 4500 mit 3.800 mm Radstand. Die Motorisierung entsprach der zum Lieferzeitpunkt aktuellen Borgward-Ausstattung mit dem Motor D 6 M 5 II mit 4.997 cm³ und 110 PS bei 2.800 U/min. Auf die sonst bei LSHD-Fahrzeugen übliche Luke über dem Beifahrersitz hatte man verzichtet. Dafür war hier ein hölzernes Standrost montiert, von dem aus das Bedienpersonal die drei Abgasschornsteine für den Kochbetrieb aufsetzen und leichtes Heizöl in den Tank für die Herdbefeuerung nachfüllen konnte.

Die Kofferaufbauten der Fkükw lieferte die Firma Voll aus Würzburg, die Küche selbst stammte von der Roeder Großküchentechnik GmbH in Darmstadt. Damit entsprachen die 1957 ausgelieferten Fahrzeuge weitgehend den allradgetriebenen Brüdern beim BGS.


FküKw, Borgward B 4500, Voll, Bauj. 1957, hier als LSHD-Fahrzeug im Zentrallager in Hamburg-Langenhorn. Die Lackierung war LSHD-üblich in RAL 7008 (Khakigrau) durchgeführt worden. Die Ausmusterung erfolgte 1982.

Nach der Auflösung des LSHD blieben die Feldküchenkraftwagen in der Regel dort, wo sie bereits vorher stationiert gewesen waren. So geschah es auch mit dem zweiten Hamburger Fkükw. Mit dem Kennzeichen HH-8000 war es vermutlich das erste LSHD-Fahrzeug überhaupt gewesen, das in der Hansestadt zugelassen wurde. Da überhaupt keine LS-Lenkungsbereitschaft aufgestellt worden war, hatte man „die Küche“ dem 2. Zug der 41. LS-Sanitätsbereitschaft HH zugeteilt. Aus ihr entstand nach der Auflösung des LSHD die FF Ohlsdorf, die später in FF Fuhlsbüttel und schließlich in FF Langenhorn umbenannt wurde. Der Fkükw wurde irgendwann nach 1972 auf RAL 3000 (Feuerrot) umlackiert und war bis 1983 im Dienst.


FküKw, Borgward B 4500, Voll, Bauj. 1957, beschafft für den LSHD mit dem Kennzeichen HH-8000. Hier ist das Fahrzeug nach der Jahre zuvor erfolgten Umlackierung in RAL 3000 und bereits im abgemeldeten Zustand zu sehen. Gut zu erkennen sind die klappbaren Trittstufen am Koffer, mit denen die Bedienmannschaft auf das Führerhausdach gelangte.

Ein weiterer Fkükw in Feuerrot ist von der Feuerwehr Siegen her bekannt. Er soll bis heute erhalten geblieben sein. Der Bremen zugeteilte Feldküchenkraftwagen wurde (später) vom DRK-Kreisverband besetzt und ebenfalls entsprechend umlackiert. Nach seiner Ausmusterung in den 1980er Jahren wurde er nach Hamburg verkauft und leider zum Pritschen-LKW umgebaut.


FküKw, Borgward B 4500, Voll, Bauj. 1957, ehemaliges LSHD-Fahrzeug, hier in Diensten des DRK-Kreisverbandes Bremen.

Mindestens ein Feldküchenkraftwagen war auch beim Malteser Hilfsdienst (vermutlich im Rheinland) im Einsatz. Etwa um 1980 „organisierte“ sich der Berliner MHD-Landesverband das bereits ausgemusterte Fahrzeug und wollte es aufarbeiten. Dazu stand es – mit deutlichen Schäden – auf dem Gelände des Landesverbandes in Berlin herum. Es gibt keine Hinweise darauf, dass das Aufarbeitungsprojekt erfolgreich war.

Bisweilen tauchten auch Feldküchenkraftwagen mit Allradantrieb, also Borgward B 4500 A, bei den Hilfsorganisationen auf. Sie stammten dann mit Sicherheit nicht aus dem LSHD, sondern waren seinerzeit für den Bundesgrenzschutz beschafft worden. Erst in ihrem „zweiten Leben“ wurden sie dann in Elfenbein (RAL 1014) oder Feuerrot (RAL 3000) lackiert. Eine Ursache für die große Zahl ehemaliger BGS-Fahrzeuge bei den Hilfsorganisationen in jener Zeit war eine Anweisung des von 1974 bis 1978 zuständigen Bundesinnenministers Maihofer, ausgemusterte Kfz günstig (nach anderen Quellen sogar kostenlos) an die Hilfsorganisationen abzugeben, wenn diese sie im Katastrophenschutz einsetzen würden.

Ein solcher Fkükw war gegen Ende der 1980er Jahre bei der FF Beverungen zu finden. Bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass zwischen Führerhaus und Koffer mehr Platz war als bei den ehemaligen LSHD-Fahrzeugen. Des Rätsels Lösung: Der BGS hatte für seine Allrad-Küchenkraftwagen Fahrgestelle mit einem Radstand von 4.200 mm gewählt. So konnte der Aufstieg zu den Kaminen und zum Heizöltank zwischen Führerhaus und Koffer gelegt werden, gleichzeitig konnte über dem Beifahrersitz auch eine Dachluke eingebaut werden.


Fkükw, Borgward B 4500 A, Voll, Bauj. 1954, zunächst beim BGS im Einsatz, später vom Landkreis Höxter übernommen und bei der FF Beverungen stationiert. Das frühe Baujahr ist beispielsweise auch an den hängenden Scheibenwischern zu erkennen, wenig später montierte Borgward stehende Scheibenwischer. Die Kaminanschlüsse sind mit einer Haube abgedeckt worden.

Ein nahezu baugleiches Fahrzeug von 1958 existierte an der Kreisfeuerwehrzentrale des Kreises Herzogtum Lauenburg in Elmenhorst, Fotos sind in älteren Fahrzeugbüchern zu finden.

Der zuletzt beim DRK-Kreisverband Saale-Orla in Schleiz eingesetzte Feldküchenkraftwagen blickt ebenfalls auf BGS-Wurzeln zurück. Welche Zwischenstationen er genommen hat, ließ sich nicht feststellen. Den Zwischenraum vor dem Aufbau nutzte man hier, um den Herd mit Propangas statt mit dem umständlich nachzufüllenden Heizöl zu betreiben.


Fkükw, Borgward B 4500 A, Voll, Bauj. 1958. Das zunächst an den BGS gelieferte Fahrzeug stand zuletzt beim DRK-Kreisverband Saale-Orla und ist heute in Privatbesitz. Eine Beschriftung in Fraktur entspricht absolut nicht historischen Vorbildern, auch wenn in den 1950er Jahren gelegentlich noch Bücher in dieser Schriftart gedruckt wurden.

Auch der bis weit in unser Jahrtausend hinein genutzte Feldküchenkraftwagen des BRK-Kreisverbandes Erlangen-Höchstadt weist typische Merkmale ehemaliger BGS-Fahrzeuge auf. Allradantrieb und Bauart des Koffers sprechen eindeutig dafür, die untergebauten Gerätekästen beeinträchtigen allerdings die Geländegängigkeit erheblich. Eventuell wurden sie aber erst nachträglich montiert.


Fkükw, Borgward B 4500 A, Voll, Bauj. 1957. Vermutlich handelt es sich um ein ehemaliges BGS-Fahrzeug, das nachträglich etwas umgebaut wurde. Bis 2005 war es beim Bayerischen Roten Kreuz in Erlangen im Einsatzdient, danach wurde es noch ein paar Jahre als Museumsstück unterhalten, heute ist es in Privatbesitz.

Für die Einsatzzüge des Luftschutz-Bergungsdienstes hatten die Planer des LSHD je einen Gerätekraftwagen (GKW) vorgesehen. Erste Versuche, die allerdings nicht befriedigten, wurden mit Mercedes-Benz LA 311/36 durchgeführt, die einen einfachen Pritschenaufbau mit Plane und Spriegeln besaßen. Es waren zwar nur Fahrer und Beifahrer als Besatzung vorgesehen, für „Notfälle“ sollte jedoch auch eine komplette Bergungsgruppe mitfahren können. Dafür wurden im vorderen Teil des Pritschenaufbau zwei einander gegenüber liegende einfache Sitzbänke eingebaut.

Im August 1950 war das Technische Hilfswerk (THW) zunächst als Verein gegründet worden, drei Jahre später wurde es zu einer nicht rechtsfähigen Anstalt unter dem Dach des Bundesinnenministeriums. Auch dort war man dabei, Fahrzeuge für den Bergungsdienst zu entwickeln. Was lag also näher, als dass sich LSHD, THW und die gemeinsame höhere Dienststelle Innenministerium an einen Tisch setzten und gemeinsam einen GKW entwarfen?

Dieses Mal fiel die Wahl auf ein Magirus-Allrad-Fahrgestell vom Typ A 3500 mit Einzelbereifung. Vier der acht Prototypen von 1954 erhielten wieder den bereits beschriebenen Aufbau mit Pritsche/Plane, die anderen vier einen geschlossenen Kofferaufbau der Firma Voll, in dem ebenfalls Sitzplätze für eine Bergungsgruppe vorgesehen waren.

Die Kofferversion setzte sich schließlich durch. Was aus den Pritschenaufbauten wurde, ist unbekannt, vom THW sind lediglich Fotos von Magirus A 3500 mit Kofferaufbauten bekannt. Die genaue Zahl konnte bisher nicht ermittelt werden, zumal offenbar auch einige THW-GKW in khakigrau lackiert wurden, wie Fotos zeigen.

Die Fotos eines GKW-Prototypen auf Henschel HS 100, die in der Literatur auftauchen, zeigen vermutlich nur eine „Stellprobe“ zur Demonstration der grundsätzlichen Machbarkeit. Es scheint so, als sei der Aufbau nur auf das Fahrgestell lose aufgesetzt, aber nicht daran befestigt worden.

Für die Serienbeschaffung entschieden sich THW und LSHD für das gegenüber den Prototypen schwere Borgward-Fahrgestell B 4500 A mit 4.200 mm Radstand. Zunächst wurden 1956 noch Fahrzeuge ohne Seilwinde ausgeliefert, bei denen die Nebelscheinwerfer auf der Stoßstange angeordnet waren. Ein Tarnlichtkreis war nicht vorhanden. Die Koffer (jetzt von Kässbohrer) entsprachen den Vorserienmodellen, man erkennt sie an der umlaufenden Dachreling. Ob alle diese Fahrzeuge nur ans THW gingen, ist nicht gesichert, allerdings spricht einiges dafür. Im Internet sind einige Fotos zu finden, so zum Beispiel der khakifarbene „GKW 19“ des THW oder der zeitlebens ultramarinblaue GKW des THW-Ortsverbandes Krefeld, der seine ersten Lebensmonate allerdings beim OV Aachen verbrachte.

Ein Zwitter ist der GKW des THW-OV Bingen gewesen, der 1958 vom Landesverband Rheinland-Pfalz zugewiesen wurde: Er war khakigrau, stammte – wenn man den zeitgenössischen Zeitungsberichten glauben kann – aber aus LSHD-Beständen. Auf der Tür befand sich 1958 keinerlei Beschriftung, die Aufklärung geben konnte.

Die endgültige Beschaffungsserie der Jahre 1956/57 umfasste schließlich für THW und LSHD zusammen 438 GKW. Davon gingen genau 100 Fahrzeuge an die Katastrophenschutzzüge des Technischen Hilfswerks, die übrigen 338 an den Luftschutzhilfsdienst. Lackiert wurden die LSHD-Fahrzeuge jetzt grundsätzlich in RAL 7008 (Khakigrau), die direkt für das THW vorgesehenen GKW dagegen in Ultramarinblau (RAL 5002) mit schwarz abgesetzten Kotflügeln. Die Beladung der THW-Fahrzeuge unterschied sich geringfügig von ihren Brüdern in Khakigrau. Insgesamt zog sich die Beschaffungsserie bis 1960 hin, so dass die jüngeren Fahrzeuge bereits die Fahrgestellbezeichnung B 555 A erhielten.

Allen GKW gemeinsam waren Vorbauseilwinden der Firma Schäfer, die 4,5 t Zugkraft aufwiesen. Wegen der Winde wurden die Nebelscheinwerfer jetzt tiefer gesetzt, sie saßen unter einem Schutzbügel vor der Stoßstange, über dem Bügel waren die Tarnscheinwerfer montiert. Neben den beiden bereits genannten Firmen lieferten jetzt auch Linke-Hofmann-Busch und Büssing die im Dachbereich anders gestalteten Aufbauten. Die Unterschiede zwischen den Produkten der einzelnen Hersteller sind bei dieser Serie kaum zu erkennen, da nach einheitlichen Maßzeichnungen gebaut werden musste.

Nicht einheitlich war die Besatzung: Während beim THW grundsätzlich eine Bergungsgruppe im Aufbau zum Einsatz fuhr, sollte der Koffer beim LSHD aus taktischen Gründen im Regelfall unbesetzt bleiben. Mit der Auflösung des LSHD in den frühen 1970er Jahren wurde auch diese „Verschwendung“ abgeschafft. Bereits voll aufgestellten Bergungszügen wurde der dritte Mannschaftskraftwagen (MKW) wieder abgezogen, die 3. Bergungsgruppe musste jetzt im GKW Platz nehmen.

Die große Masse der Fahrzeuge des Luftschutz-Bergungsdienstes wurde nach der Auflösung des LSHD ins Technische Hilfswerk übernommen, darunter – soweit bekannt – auch alle GKW auf Borgward-Fahrgestellen. Häufig erhielten sie zunächst nur einen einfachen THW-Aufkleber auf der Tür, etliche Fahrzeuge wurden schließlich nach und nach in Ultramarinblau umlackiert. Von den vier heute noch bei Sammlern existierenden Borgward GKW ist nur noch einer (wieder?) in Khakigrau anzutreffen.


GKW, Borgward B 555 A, Aufbau unbekannt, Baujahr 1960, geliefert an den LSHD und mit dem Kennzeichen HH-8256 der 21. Luftschutz-Bergungsbereitschaft Hamburg zugeteilt. Die Mannschaft dieser LS-BB wurde u.a. vom THW-Ortsverband Hamburg-Altona gestellt, der das Fahrzeug ab 1972 übernahm, umlackierte und bis 1978 nutzte. Die Tarnscheinwerfer wurden nicht entfernt. Wegen des Eigentümerwechsels erhielt der GKW ein neues Kennzeichen.


GKW, Borgward B 555 A, Voll, Baujahr 1960, ausgeliefert in Khakigrau an den LSHD, ab 1961 genutzt durch den THW-Ortsverband Wetzlar-Solms, umlackiert auf RAL 5002 im Jahre 1975. Bei dieser Gelegenheit wurde auch der Tarnlichtkreis entfernt. Die verchromten Zierleisten können nicht aus LSHD-Zeiten stammen, dort waren sie matt lackiert. Im Jahre 1980 wurde der GKW ausgemustert und anschließend von den Althelfern bis 1999 betreut. Inzwischen gehört er einem Sammler, der ihn weiterhin auch im Beladezustand von 1980 erhält. (vgl. auch Titelbild)

Beim THW-Ortsverband Dachau ist ebenfalls bis heute ein GKW erhalten geblieben. Üblicherweise steht er in der „Stätte der Traditionspflege“, einem kleinen Museum auf dem Gelände des Ortsverbandes, gelegentlich wird er aber auch bei Oldtimertreffen gezeigt. Er stammt vom THW-Ortsverband Saarbrücken und wurde 1986 zum Zwecke der Restaurierung übernommen.


GKW, Borgward B 555 A, Kässbohrer, Baujahr 1960, bis 1986 beim THW-OV Saarbrücken im Einsatz, seitdem Museumsfahrzeug des Fördervereins THW-OV Dachau. Die auffällige Türbeschriftung ist eine Eigenkreation des Dachauer Ortsverbandes.

Erwähnenswert ist noch, dass die Kofferbauart bei den ab 1963 ausgelieferten 185 GKW auf Magirus-Fahrgestellen beibehalten wurde.

Neben den GKW wurden für das THW auch Pritschen-Lastkraftwagen auf B 4500 A bzw. B 555 A beschafft. Über die Stückzahlen kann hier keine Aussage gemacht werden, veröffentlichungsfähige Bilder konnten ebenfalls nicht aufgetrieben werden.

Ein in der Literatur und auch im Internet gelegentlich gezeigter Pritschen-LKW mit Vorbauseilwinde in LSHD-Lackierung ist ein Umbau aus dem letzten Jahrzehnt. Der Aufbau eines GKW war nicht mehr zu retten, daher entschloss sich der Oldtimersammler zu einem Kompromiss und schuf ein Fahrzeug, für das es kein existierendes Vorbild gab. Die Akzeptanz in der Oldtimerszene ist unterschiedlich.

Ein „echter Pritschenlaster“ mit BGS-Vergangenheit war das 1973 in Eigenleistung geschaffene Hilfs-Tanklöschfahrzeug der FF Mechtersen im Landkreis Lüneburg. Auf die Pritsche wurde neben Sitzen, Gerätekisten und einer TS 8/8 ein Wassertank mit 2000 Litern Inhalt geschraubt, fertig war das Einsatzfahrzeug. Bis 1986 blieb es in Dienst, dann wurde es vermutlich verschrottet.

Wie oben bereits gesagt, waren die Borgward-Fahrgestelle dieser Größenklasse für die Herstellung von Feuerwehrfahrzeugen eher uninteressant. Der Dreitonner wurde seit 1950 nicht mehr gebaut, B 4000 als Viertonner und B 4500 mit viereinhalb Tonnen Tragfähigkeit waren als Basis für Löschgruppen- und Tanklöschfahrzeuge im Prinzip zu schwer.

So sind für deutsche Feuerwehren insgesamt nur vier Einsatzfahrzeuge auf Borgward B 4500 A bzw. B 555 A entstanden. Den Anfang machten zwei Bachert-TLF 15, die 1955 an die Landkreise Heidelberg und Mosbach geliefert wurden. Wo das Heidelberger Fahrzeug stationiert wurde, ist heute nicht mehr zu ermitteln. Das Mosbacher TLF war zuvor 1954 auf der IAA in Frankfurt gezeigt worden und wurde nun bei der FF Weinsberg in Dienst gestellt. Es verfügte im Aufbau über Rolladenverschlüsse aus Leichtmetall-Fensterjalousien, mit denen Bachert zu dieser Zeit experimentierte. Bilder können leider nicht gezeigt werden, sind aber in der Literatur zu finden.

Am 30. Januar 1956 konnte die (heute zur Stadt Meschede gehörende) FF Eversburg bei Bachert ihr LF 15-TS abholen, das im darauffolgenden Sommer den kirchlichen Segen erhielt. Alle drei Fahrzeuge besaßen noch den älteren Dieselmotor D 6 M 5 mit 95 PS bei 2.400 U/min. Das weitere Schicksal dieser Raritäten ist nicht bekannt.

Als B 555 A mit dem moderneren Sechszylinder-Dieselmotor D 6 M 5 II (110 PS bei 2.800 U/min) wurde 1961 das einzige Ziegler-TLF 16 auf Borgward-Fahrgestell an die FF Baumholder ausgeliefert. Unser User Dirk Wieczorek hat uns freundlicherweise davon ein Bild zur Verfügung gestellt.


TLF 16, Borgward B 555 A, Ziegler, Bj. 1961, geliefert an die FF Baumholder. Vom Aufbau her entspricht das Tanklöschfahrzeug den Anfang der 1960er Jahre auf MAN- und Mercedes-Benz-Fahrgestellen produzierten Tanklöschfahrzeugen von Ziegler. Der Verbleib dieses Einzelstücks ist unbekannt.

Zum Schluss dieser Abhandlung über die Viereinhalbtonner aus dem Hause Borgward soll noch ein Unikat vorgestellt werden, das Ergebnis von Erfindungsreichtum und Mechanikerkunst war. Für den Transport von Kleinfahrzeugen nutzte die Katastrophenschutz-Zentralwerkstatt (KatS-ZW) in Wolfenbüttel einen umgebauten Borgward B 555 A des Baujahres 1961. Von einem Pritschenlastwagen mit Seilwinde war der Aufbau entfernt worden, im Eigenbau war eine Ladeplattform aufgesetzt worden. Das Seil der Schäfer-Winde wurde unter dem Führerhaus hindurch nach hinten umgelenkt und diente zum Aufziehen nicht fahrfähiger Autos auf die Plattform. Wie bei den KatS-ZW üblich, war der Borgward in Fehgrau (RAL 7000) lackiert.

Rätsel gibt die Herkunft des Fahrgestells auf: Es soll sich eindeutig nicht um einen ehemaligen GKW gehandelt haben. An den LSHD wurden nachweislich keine Borgward-Pritschenfahrzeuge ausgeliefert, ans THW nur solche ohne Winde: Aus diesen Quellen kann das Unikat also nicht stammen.

Möglicherweise gibt die Türbeschriftung „Katastrophenschutz – Land Niedersachsen – Bez.Reg. Braunschweig“ den entscheidenden Hinweis auf ein vom Land beschafftes Fahrzeug, evtl. ursprünglich für die Bereitschaftspolizei. Auch eine Übernahme vom Bundesgrenzschutz mit anschließender Ummeldung wäre denkbar. Dazu passt das 5000er Kennzeichen, das damals üblicherweise für die wenigen aus Landesmitteln beschafften Katastrophenschutzfahrzeuge üblich war. Demnach wäre das Fahrzeug auf die damals noch bestehende Bezirksregierung Braunschweig zugelassen gewesen, bundeseigene Fahrzeuge hätten ein Kennzeichen mit WF-8xxx gehabt:

Klären lässt sich das heute vermutlich nicht mehr, den seit der Auflösung der KatS-ZW im Jahre 1994 gilt der Abschleppwagen als verschollen.


Abschleppwagen, Borgward B 555 A; Eigenumbau, Baujahr 1961, ehemaliger Pritschenlastwagen unbekannter Herkunft, in den frühen 1980er Jahren zum Abschleppwagen für den Eigenbedarf umgebaut durch die Katastrophenschutz-Zentralwerkstatt Wolfenbüttel.

(wird fortgesetzt)

Text: Klausmartin Friedrich

Bilder: Thomas Dotzler, Stefan Fleischer, Klausmartin Friedrich, Helmut Kunert, Max Kunkel, Claus Tiedemann, Dirk Wieczorek

Literatur (u.a.):

Gebhardt, Wolfgang H.: Geschichte des deutschen LKW-Baus. Augsburg, 1994.

Graf, Helmut: Bremer Spezialitäten. In: Last & Kraft, Sonderedition 1/2006 Historische Feuerwehr-Fahrzeuge, Stuttgart, 2006.

Der Bastler. In: Spiegel Nr. 51 vom 14.12.1960.


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