Von Stefan Aschauer-Hundt
Jeder Feuerwehrkamerad kennt die Einsatzfahrzeuge der eigenen Einheit, der Nachbarwehr, oft auch die Fahrzeuge in der ganzen Kommune. Schwieriger wird es schon über Gemeindegrenzen hinweg -- und wenn es gar um die Gerätschaften von Werkfeuerwehren geht, dann müssen die meisten passen. Fahrzeuge, die sich hinten den Toren von Gerätehäusern von Werken, auf Flugplätzen, bei Zechen- und Grubenwehren oder früher bei Bundesbahn und Bundespost befinden und befanden, sind Objekte des Spezialistenwissens.
Soeben hat der bekannte Feuerwehr-Fahrzeugkenner André Streich das Laken der verheimlichen Verhüllung von den Fahrzeugbeständen der Werkfeuerwehren hinfort gezogen. Im besten Wortsinne deckt er auf, welche verborgenen Feuerwehren im Ruhrgebiet und Sauerland bestanden und noch immer bestehen und welche Fahrzeug-Kuriositäten ein genaueres Hinsehen lohnen.
Die Umstände, unter denen André Streich sein nach eigenen Angaben schwierigstes und aufwendigstes Buch seiner „Feuerwehren der Region“-Reihe erarbeitet hat, sind bereits bemerkenswert. Hinter die Werkstore zu kommen, erwies sich als vielfach höchst kompliziert. Bei dieser Adresse wurde mal Werksspionage befürchtet, an jener Adresse begegnete Streich mal die Sorge, man würde sich aufgrund eines in die Jahre gekommen Fahrzeugbestandes dem Spott des Publikums aussetzen. Und schließlich gab es etliche Spezialfeuerwehren, die aufgrund des Entfalls der Geschäftsgrundlage gar nicht mehr existierten. Gruben- und Zechenwehren sind das beste Beispiel dafür. Ein heikler Fall also, dieses zunächst letzte Buch der Streich’schen Enzyklopädie. Auch deshalb finden sich in dem alles in allem sehr umfänglichen und kompetenten Buch deutlich mehr Kollegenfotos als in den bisher ausgelieferten Streich-Werken, die zu 90 Prozent eigene Bilder des Verfassers enthielten.
Aber ja und alle Achtung: Diese Art zu produzieren hat sich gelohnt. Ein solches Kaleidoskop unglaublicher Fahrzeuge, ein solches Kabinett der Kuriositäten hat uns André Streich noch nicht gezeigt. Der geneigte Betrachter sieht einen Querschnitt durch den deutschen (und manchmal niederländisch-britischen) Feuerwehrfahrzeugbau seit den 40er Jahren, was daran liegt, dass Werkfeuerwehren oft abgelegte Fahrzeuge kommunaler Feuerwehren übernahmen und diese noch Jahrzehnte in Dienst hielten. Man sieht krude Fahrzeug-Umbauten, die bisweilen in den Bereich des Unglaublichen hineinreichen und die aber gleichwohl real und anfassbar sind. Man staunt, welche Werkfeuerwehren es von Brandt-Zwieback in Hagen bis hin zur Zeche Victor gab, beäugt ungläubig Grubenrettungswagen wie aus dem Brekina-Modellautokatalog. Es gibt eine DL 10 auf Volkswagen Pritschen-T1 ebenso wie die Postfeuerwehr oder Kraftfahrspritzen KS 25 aus dem Zweiten Weltkrieg bei Grubenfeuerwehren: Wie gesagt, ein Sammelsurium des Skurrilen und ein Fundus des Bestaunenswerten. So etwas schaut man sich liebend gerne an dunklen Winterabenden an; derlei kann Opa seinem Enkel Bild für Bild erklären und diesen für die Feuerwehr begeistern.
Dieses Streich-Buch zeigt auf 144 Seiten rund 420 Fahrzeuge vom Pkw über Löschfahrzeuge, Rüst- und Gerätewagen bis hin zu Gelenkmasten und Leiterbühnen sowie Fahrzeuge des Rettungswesens. Es ist nicht dutzendfach das stets Gleiche, sondern immer das Besondere, das Reizvolle, ja, das Absonderliche in rot. Das ist toll im besten Sinne und damit ein echter (Genie-)Streich.
André Streich: Feuerwehren der Region – Einsatzfahrzeuge der Werkfeuerwehren im Ruhrgebiet und Sauerland; 144 Seiten, Preis: 24,90 Euro zuzügl. Versandkosten, erhältlich über den Buchhandel und die Homepage des Verfassers: https://www.feuerwehren-der-region.de
ISBN 978 – 3 – 00 – 073568 - 4
Text: Stefan Aschauer-Hundt
