Saurer

Die Adolph Saurer AG war ein im Schweizer Arbon ansässiger Hersteller von Lastkraftwagen und Militärfahrzeugen sowie zumindest zeitweise auch von Bussen und Trolleybussen. Anfang der 1980er Jahre fusionierte Saurer mit seinem Mitbewerber Franz Brozincevic & Cie. Wetzikon (FBW) zur Nutzfahrzeuggesellschaft Arbon & Wetzikon (NAW). Aufgrund schwindender Nachfrage stellte Saurer 1983 den Nutzfahrzeugbau ein und konzentrierte sich auf den Bau von Textilmaschinen und Fahrzeuggetrieben.

Von Nähmaschinen zu Nutzfahrzeugen

In Sankt Gallen gründete Franz Sauer 1853 eine Eisengießerei für Haushaltswaren und legte damit den Grundstein für den wichtigen Schweizer Maschinen- und Fahrzeugbauer. Schon 1869 zog Franz Sauer mit seinem Unternehmen von Sankt Gallen nach Arbon am Bodensee um und nahm dort die Produktion von Strickmaschinen auf. Unter Adloph Sauer, dem Sohn des Firmengründers, wuchs das Unternehmen um die Jahrhundertwende zum größten Einzelunternehmen der Schweiz. Er wandelte das Familienunternehmen 1919/1920 auch zu einer Aktiengesellschaft, der Adloph Sauer AG, um.

Parallel zum wachsenden Geschäft mit Textilmaschinen begann Sauer 1896 mit der Produktion von Verbrennungsmotoren für den Fahrzeugbau und nahm wohl im Jahr darauf die Produktion eigener Personenwagen auf. Die Saurer Personenwagen wurden bald auch schon in Lizenz in Frankreich in größerer Stückzahl für das Militär und die Kolonialverwaltung gebaut. Seine Personenwagen ergänzte Saurer ab 1903 um Nutzfahrzeuge. Diese erfreuten sich bald einer so großen Beliebtheit, das sich Saurer nach 1914 gänzlich auf sie konzentrierte und den Bau von Personenwagen aufgab.

In den folgenden 20 Jahren vergab Saurer zahlreiche Lizenzen zum Bau seiner Nutzfahrzeuge und Dieselmotoren an Firmen auf der ganzen Welt und gründete ebenfalls ein verzweigtes Netz an Tochtergesellschaften im Ausland. In der Schweiz wurde Saurer zur gleichen Zeit Mehrheitseigner beim Mitbewerber Berna. Ab den 1970er Jahren waren die Nutzfahrzeuge von Saurer und Berna sogar weitgehend baugleich und unterschieden sich nur noch an den Logos. In den 1920er Jahren avancierte Saurer zu einem der weltweit führenden Hersteller von Dieselmotoren. Einen Rang den Saurer bis in die 1980er Jahre, als es sich aus dem Nutzfahrzeugbau zurückzog, innehaben sollte.

Die Zäsur - Der Zweite Weltkrieg

Der Zweite Weltkrieg stellte für den erfolgreichen Nutzfahrzeugbauer Saurer eine Zäsur dar, wenn auch die Schweiz natürlich im Krieg selbst neutral blieb. In den Kriegsjahren produzierte Saurer vor allem für den heimischen Markt und insbesondere für das Schweizer Militär Lastkraftwagen. Das vor dem Krieg für Saurer wichtige Exportgeschäft erholte sich nach Kriegsende nicht mehr nachhaltig. Zwar konnte Saurer in den 1950er Jahren noch Erfolge im Export seiner Lastwagen ins Ausland feiern, doch danach nahm international das Interesse an der LKW-Marke aus der Schweiz zusehends ab. Alleine der Schweizer Markt, wo Saurer nach wie vor sehr stark war, genügte dem großen Unternehmen nicht. Um die ausbleibenden Exporterfolge im LKW-Sektor auszugleichen nahm Saurer als Ergänzung Dieselmotoren für Triebwagen und Schiffe ins Programm auf.

Neben den neuen Antriebsaggregaten für Eisenbahnen und Schiffe stellte Saurer eine weite Bandbreite an Nutzfahrzeugen her. Den Schwerpunkt bildeten mittelschwere und schwere Lastkraftwagen. Neben klassischen Haubern baute Saurer bald auch fortschrittliche Frontlenkerfahrgestelle. Viele Baureihen gab es wahlweise als Hauber oder Frontlenker. Ebenfalls waren auf Wunsch Rechtslenker erhältlich. Diese jedoch weniger für den Export, als mehr noch für angenehmeres Fahren auf Gebirgsstraßen. Neben Lastwagen stellte Saurer zeitweise auch Busse und die in der Schweiz verbreiteten Trolleybusse her.

Ende einer Nutzfahrzeugikone

In der Schweiz dominierten Lastwagen von Saurer bis in die 1990er Jahre hinein das Straßenbild. Doch abseits des Erfolgs auf dem Schweizer Heimatmarkt, verlor der Nutzfahrzeugbau für Saurer insbesondere aufgrund ausbleibender Exporterfolge zusehends an Rentabilität. Um den Nutzfahrzeugbau zu sichern fusionierte Saurer 1982 mit seinem Mitbewerber Franz Brozincevic & Cie. Wetzikon (FBW) zur Nutzfahrzeuggesellschaft Arbon & Wetzikon (NAW). Auch FBW hatte wirtschaftliche Probleme, weswegen dort schon zuvor Daimler als Aktionär eingestiegen war. Damit wurde Daimler auch zum Aktionär bei der NAW. Doch auch die Gründung der NAW half nicht dem Schweizer Nutzfahrzeugbau international eine Renaissance zu verschaffen. Schon kurz nach der Gründung der NAW fiel bei Saurer die Entscheidung den Nutzfahrzeugbau aufzugeben. Schon 1983 lief der letzte zivile Saurer in Arbon vom Band. Danach erfüllte Saurer bis 1987 noch einen letzten Auftrag für das Schweizer Militär und beende danach den Nutzfahrzeugbau endgültig. Danach verschwand Saurer als Nutzfahrzeugmarke komplett vom Markt. Immerhin übernahm Fiat, bzw. Iveco die Forschungsabteilung des Motorenbaus von Saurer.

Auch nach dem Ausscheiden von Saurer bestand die NAW weiter, spezialisierte sich aber auf den Bau von Bussen. Bis 2002 entstanden bei NAW in Zusammenarbeit mit verschiedenen Karosseriebauern in der Schweiz Busse und Trolleybusse. In wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten wurde die NAW schließlich 2008 liquidiert.

Saurer heute

Nach dem Ende des Nutzfahrzeugbaus konzentrierte sich Saurer komplett auf den Bau von Textilmaschinen. Mit diesen Maschinen hatte Saurer sein Geschäft einst begründet und sie auch während des Fahrzeugbaus parallel weiter hergestellt. Aus der alten Adloph Saurer AG ging die heutige Saurer AG hervor. Sie hat weltweit rund 9.000 Mitarbeitende und ist führend im Bereich der Textilmaschinen. Zweites Standbein des modernen Unternehmens Saurer ist die Herstellung von Fahrzeuggetrieben.

Weiterlesen