Wechselladersystem der Feuerwehr Hamburg - Teil 2

Donnerstag, 11. Februar 2021

Die Wechselladerfahrzeuge und Abrollbehälter der Feuerwehr Hamburg - Teil 2

Im Zuge der Indienststellung von sechs Wechselladerfahrzeuge auf Scania-Fahrgestell im vergangenen Jahr 2020 beschäftigen wir uns in dieser Serie mit der Geschichte und Entwicklung der Wechselladerfahrzeuge (WLF) und Abrollbehälter (AB) der Feuerwehr Hamburg. Im zweiten Teil betrachten wir die Beschaffungen in den 1990er Jahren zwischen 1991 und 2000.

Den Auftakt der Beschaffungen von WLF und AB an die Feuerwehr Hamburg machte 1991 ein AB-Gabelstapler der Firma Roland-Container aus Bremen, der an der Technik- und Umweltschutzwache F 32 stationiert wurde.

Dieser Abrollbehälter ist speziell für die Aufnahme eines Gabelstaplers konzipiert und wird unter anderem bei Gefahrguteinsatz genutzt.

Der Gabelstapler lässt sich über Rampen zum Transport in den komplett geschlossenen Abrollbehälter hineingefahren werden. Beim Gabelstapler handelt es sich um ein Modell von Still, welches mit einem fest verbauten Atemschutzgerät für den Maschinisten ausgestattet wurde. Neben dem Gabelstapler finden im AB auch verschiedene Anbaugeräte Platz, wie z.B. Fasshebegeschirr und Kippmulde und zusätzliche Ausrüstung wie verschiedene Auffahrrampen zum Überwinden von Absätzen, z.B. bei Containern oder Bordsteinkanten, verschiedene Überfässer, Ölbindemittel, Ölschlengel sowie eine Fasskarre.

Von der Aufgabe her völlig neuartig war der im Jahr 1994 in Dienst gestellte Abrollbehälter für die Gefahrstoffanalyse.

Der Abrollbehälter wurde von der Firma Schall aufgebaut und durch die Firma Weidelt Systemtechnik ausgebaut, während die eigentliche Messtechnik durch Bruker beigesteuert wurde.

Bei dem AB-Analytik handelt es sich um eine mobile Messeinheit, die mit einem Gaschromatographen mit nachgeschaltetem Massenspektrometer (GC/MS) ausgestattet ist. Neben dem GC/MS wird eine umfangreiche Ausstattung zur Probeaufbereitung im AB-Analytik mitgeführt. Mit ihr ist es möglich sowohl in festen als auch flüssigen oder gasförmigen Proben nach Substanzen aus dem Bereich der organischen Chemie zu suchen. Entsprechende Datenbanken stehen zur Identifikation zur Verfügung.

Nachdem Anfang der 1990er Jahre zunächst nur weitere AB in Hamburg in Dienst gestellt wurden, folgten 1995 gleich drei neue Wechselladerfahrzeuge.

Zwei der Fahrzeuge wurden auf Mercedes-Benz-Straßenfahrgestellen vom Typ 2531 L 6x2 aufgebaut, ein weiteres auf einem Scanial P 93M 6x2.

 

Alle drei Fahrzeuge hatten erstmals mit eine dritte Achse in Form einer zwangsgelenkten und liftbaren Nachlaufachse. Außerdem erhielten diese drei Wechselladerfahrzeuge erstmals Ladekräne von Meiller. Mit dem Ladekran war es nun möglich Tankcontainer, Gitterboxen und Europaletten auf- und abzusetzen.

Die beiden Mercedes-Benz-WLF wurden von einem Sechs-Zylinder-Dieselmotor mit 230 kW / 315 PS angetrieben und hatten ein zulässiges Gesamtgewicht von 25.000 kg bei einer Nutzlast von 13.520 kg. Der Scania, aktuell übrigens noch an der Feuerwehrakademie als Reservefahrzeug für die Poolwachen (F 12, F 25 und F 36) im Dienst, wurde von einem etwas leistungsschwächeren Sechs-Zylinder-Dieselmotor mit 184 kW / 250 PS angetrieben und hat ebenfalls ein zulässiges Gesamtgewicht von 25.000 bei einer Nutzlast von 12.830 kg.

Alle Fahrzeuge hatten ein Automatikgetriebe und eine Differentialsperre an der Hinterachse. Die Fahrzeuge waren in leuchtrot RAL 3024 lackiert und mit gelben, umlaufenden Streifen beklebt. Als Sondersignaleinrichtung erhielten die Fahrzeuge zwei Rundumkennleuchten RKLE 150 der Firma Bosch, eine Martin-Horn-Anlage 2297 GM, zwei Frontblitzer der Firma Hella vom Typ Comet 500 und eine weitere Bosch RKLE 150 als Rundumkennleuchte am Heck.

Der feuerwehrtechnische Ausbau der beiden Mercedes erfolgte bei der Firma Boddenberg, der Scania wurde schon von der Boddenberg-Nachfolgefirma Wietmarscher Ambulanz- und Sonderfahrzeuge (WAS) ausgebaut.

Zum 01.12.1995 erfolgte der Umzug der Technik & Umweltschutzwache F 32 von der alten Wache Wilhelmsburg in der Rotenhäuser Straße zum jetzigen Standort in der Neuhöfer Brückenstraße. Im Gegenzug zog die Feuer- und Rettungswache Wilhelmsburg F 34 in die Rotenhäuser Straße.

Gleich acht neue Abrollbehälter erreichten die Feuerwehr Hamburg 1996. Zwei kleine AB-Pritsche lieferte Alu-Stahl Behälterbau in die Hansestadt. Von Klotz & Wedekind wurden drei größere AB-Pritsche mit Ladebordwand aufgebaut. Die Ladebordwände für sie lieferte die Firma Solid. Von Doll wurden zudem drei AB-Schaum geliefert.

Die AB-Schaum ersetzten gemäß „Fahrzeugkonzeption 2001“ die verbleibenden drei von ehemals fünf Schaumtankfahrzeugen an den Poolwachen Altona, Billstedt und Süderelbe. Die AB-Schaum führten jeweils 5.000 l alkoholbeständigen Schaummittel (AFFF) mit sowie auch die nötige Ausrüstung für einen Schaumangriff. Neben einer fest eingebauten Venturi-Druckzumischanlage (400 - 4.000 l/min, Zumischrate 0 - 10 %) verfügten die AB auch über eine eigene Schaummittelpumpe ( 800 l/min bei 4 bar). Für den Antrieb der Aggregate wurde im AB ein eigener Vier-Zylinder-Reihenmotor mit 43 kW / 58 PS von Volkswagen eingebaut. Die Wasserversorgung des AB erfolgte über vier B-Druckeingänge, die Abgabe des fertigen Schaummittel-Wassergemisches wiederum über vier B-Druckabgänge.

Zur Beladung der AB-Schaum gehörten jeweils zwei fahrbare D-Pulverfeuerlöscher für Metallbrände, zwei Z2-Zumischer sowie drei Zumischer Z8, je zwei Mittelschaumrohre M2 und M8, vier Druckbegrenzungsventile, einiges an Schlauchmaterial und vier Hitzeschutzanzüge.

In den Jahren 1996 und 1997 gingen drei neue WLF an die Poolwachen Altona, Billstedt und Süderelbe.

Das erste Fahrzeug dieser dreier Serie erhielt 1996 die Feuer- und Rettungswache Altona: Einen Mercedes-Benz 2531 L 6x2. Im Jahr darauf folgten zwei MAN 25.343 FNLC für die Wachen in Billstedt und Süderelbe.

Alle drei Fahrzeuge waren wieder identisch mit Automatikgetriebe, Differentialsperre an der Hinterachse, zwangsgelenkter, liftbarer Nachlaufachse sowie einem Ladekran von Meiller ausgestattet. Neu waren die HYK 10-Seilwinden von HPC die alle drei WLF erhielten. Von seinen Leistungsdaten glich das Mercedes-WLF den drei Fahrzeugen aus dem Jahr 1995. Die beiden MAN hatten 250 kW / 340 PS starke Sechs-Zylinder-Dieselmotoren und besaßen ein Gesamtgewicht von 25.000 kg bei einer Nutzlast von 11.235 kg.

Der feuerwehrtechnische Ausbau der beiden MAN erfolgte bei der Hamburger Firma Klotz & Wedekind, der Mercedes-Benz wurde bei Fahrzeugbau Holzminden ausgebaut.

Das MAN-WLF der Feuer- und Rettungswache Süderelbe wurde übrigens, nach der Außerdienststellung bei der Feuerwehr Hamburg und nach einer Grundüberholung und Neulackierung durch die Firma KFB-Jessen, von 2015 bis 2019 durch die Werkfeuerwehr Aurubis genutzt.

Von der Firma B & V Umwelttechnik aus Kremperheide wurden 1997 vier baugleiche Mulden geliefert. Einen AB-Atemschutz erhielt im gleichen Jahr die Feuer- und Rettungswache Billstedt. Ihn baute Klotz & Wedekind aus. Damit gab es nun an jeder der drei Poolwachen Hamburgs einen eigenen AB-Atemschutz.

Einen AB-Überfässer sowie einen AB-Pulver nahm die Feuerwehr Hamburg 1998 in Empfang.

Herzstück des AB-Pulver war eine 2.000 kg fassende Pulverlöschanlage. Abgeben ließ sich das Pulver über einen Schnellangriff oder aber auch über einen Pulverwerfer auf dem Dach. Die Pulverlöschanlage von Total konnte praktischerweise aus einem der drei alten Trockenlöschfahrzeuge (TroLF) 2000 der Feuerwehr Hamburg übernommen werden und wurde von Klitz & Wedekind in den AB integriert.

Ebenfalls von Klotz & Wedekind wurde auch der AB-Überfässer aufgebaut, der an der F 32 stationiert wurde.

Einen AB-Kampfmittelfund und -entschärfung baute Hansabaustahl 1999 für die Feuerwehr Hamburg auf. Im gleichen Jahr folgten noch ein weiterer AB-Pritsche von B & V Umwelttechnik aus Kremperheide und  ein AB-Energieversorgung.

Für den AB-Energieversorgung montierte man einen ehemals stationären Stromerzeuger auf einem Abrollbehälter-Rahmen. Der große Stromerzeuger war ursprünglich in der alten Feuer- und Rettungswache Wandsbek F 21 an der Litzowstraße installiert gewesen. Den Stromerzeuger montierte die technische Abteilung auf der F 03 in Eigenleistung auf einem von D & W Stahl- u. Anlagenbau bereitgestellten Abrollbehälter.

Der Stromerzeuger von Kirsch wird durch einen großen Deutz-Dieselmotor angetrieben und hat eine Leistung von 48 kVA. Zwei Tanks zu je 400 l versorgen den Motor des Stromerzeugers mit Diesel. Zur Ausstattung des AB-Energieversorgung gehört außerdem ein Lichtmast mit vier 1.000 W-Strahlern sowie 18 weitere mobile Strahler.

Zusätzlich zu den vielen neuen Abrollbehältern baute die Feuerwehr Hamburg in den 1990er Jahren auch zwei alte AB um und führte sie so neuen Funktionen zu. Aus dem AB-Leichtschaum von 1977 wurde 1997 der AB-Schachtringe. Stationiert wurde dieser Umbau beim Kampfmittelräumdienst. Auf Basis einer einfachen Pritsche aus dem Jahr 1981 konstruierte die Hamburger Feuerwehr 1999 eine mobile Gefahrstoffübungsanlage.

Nachdem über die 1990er Jahre hinweg nur dreiachsige WLF beschafft worden waren folgte im Jahr 2000 wieder ein Zweiachser in Form eines MAN 18.284 LAC. Angetrieben wird der MAN durch einen Sechs-Zylinder-Dieselmotor mit einer Leistung von 206 kW / 280 PS. Er hat ein Gesamtgewicht von 18.000 kg und eine Nutzlast von 8.775 kg.

Der feuerwehrtechnische Ausbau erfolgte bei der Firma Schomäcker, das Wechselladesystem stammte erneut von Meiller.

Im dritten Teil unserer Serie werden wir die Beschaffung der Wechselladerfahrzeuge und Abrollbehälter der Jahre 2001 bis 2015 betrachten.

Text: Heiner Lahmann

Bilder: Archiv Hamburger Feuerwehr Historiker E.V., Christian Timmann, Jürgen Suchorski, Jörg Uhlig, Thomas Haul, Heiner Lahmann

Quelle: Archiv Hamburger Feuerwehr Historiker E.V.


Einsatzfahrzeuge


News