Die Haubenfahrzeuge der Nachkriegszeit - Teil 16

Freitag, 28. Oktober 2016

Die Haubenfahrzeuge der Nachkriegszeit - Teil 16 - Mercedes-Benz L 3500 und L 311 (Bauj. 1949 – 1961), LF und TLF mit Aufbauten verschiedener Hersteller

Auf den Fahrgestellen der Daimler-Benz AG erstellten neben dem Kooperationspartner Metz und der aufstrebenden Firma Bachert auch einige andere Firmen Aufbauten für Löschgruppenfahrzeuge und Tanklöschfahrzeuge. Allerdings hielten sich die Stückzahlen in sehr engen Grenzen, weshalb die Fotoausbeute auch gering ist. Einige Produkte sollen hier dennoch vorgestellt werden.

Die Berliner Firma Glasenapp produzierte außer den bereits im Artikel über die Omnibusbauform vorgestellten beiden Tanklöschfahrzeugen mindestens ein LF 15 auf Mercedes-Benz LF 3500/42, möglicherweise auch eine sehr geringe Anzahl von TLF 15 auf dem gleichen Fahrgestell. Die Datenlage ist hier sehr dünn, gezeigt werden kann kein Fahrzeugbild.


Ebenfalls in Berlin ansässig war die Fa. Gaubschat. Sie wurde vor allem durch Aufbauten für die Doppeldecker-Omnibusse der Berliner Verkehrsbetriebe BVG bekannt. In den 1950er Jahren ließ die Berliner Feuerwehr zahlreiche Löschgruppenfahrzeuge der Kriegs- und Vorkriegszeit bei Gaubschat aufarbeiten. Neufahrzeuge aus dieser Zeit sind nicht bekannt. Das änderte sich erst Mitte der 1960er Jahre, als eine Reihe von Feuerwehraufbauten auf Mercedes-Benz-Kurzhauberfahrgestellen für die Berliner Feuerwehr entstanden.


Die „Niedersächsische Waggonfabrik Joseph Graaff, Elze“ war einigermaßen unbeschadet durch den 2. Weltkrieg gekommen, auch Demontagen nach Kriegsende waren ausgeblieben. Sehr schnell konnte man daher wieder mit der dringend notwendigen Aufarbeitung beschädigter Eisenbahnwaggons aller Art beginnen.

Nach dem Tod von Joseph Graaff übernahm dessen Sohn Wilhelm Karl (genannt Carlo) 1950 die Geschäftsführung. Neben Reparaturen war jetzt wieder der Neubau von Waggons getreten, außerdem wurden einige Jahre lang Karosserien für Busse und Lastkraftwagen aus Aluminium gefertigt.

In enger Zusammenarbeit mit dem Landesbranddirektor Fritz Heimberg entwickelte Carlo Graaff ab etwa 1951 vor allem LF 8 und TLF 8 für den niedersächsischen Markt, ab 1955 auch TLF 16-T. Letztere werden im nächsten Teil dieser Artikelserie vorgestellt werden.

Im Jahre 1958 ging Graaff eine Kooperation mit der Fa. Paul Ludwig in Bayreuth ein. Dieser Feuerwehrausrüster verkaufte die Fahrzeuge teilweise sogar unter eigenen Namen. So gelangten zwischen 1958 und dem Januar 1962 zehn LF 8 und ein TLF 16 nach Franken. Dieses 1959 an die FF Pegnitz gelieferte Tanklöschfahrzeug galt allgemein als das einzige auf einem Mercedes-Benz-Fahrgestell (Mercedes-Benz LAF 311/36, Bayern-Ausführung) gebaute TLF 16 von Graaff. Etwa 1986 wurde es durch die FF Pegnitz zum Gerätewagen umgerüstet.

Allerdings tauchte gegen Ende der 1980er Jahre ein zu einem Wohnmobil verunstaltetes weiteres Fahrzeug bei einem Altfahrzeughändler in Unterschleißheim auf, das unverkennbar eine Graaff-Linienführung zeigte. Inzwischen konnte bei einer Online-Auktion im Internet ein weiteres Foto im Lieferzustand gefunden werden. Der Radstand betrug eindeutig 4.200 mm, der Geräteraufbau war seitlich mit drei Doppeltüren verschlossen. Näheres ließ sich nicht ergründen, ein Bild dürfen wir aus urheberrechtlichen Gründen auch nicht zeigen.

Ende 1961 gab Graaff die Produktion kompletter Feuerwehrfahrzeuge auf und konzentrierte sich auf andere Geschäftsfelder. Lediglich für die Bundeswehr (TroLF 1500) und den Luftschutzhilfsdienst (überwiegend TLF 16) lieferte Graaff noch Aufbauten in größerer Zahl.


Arve und Schlingmann als weitere niedersächsische Hersteller stiegen Mitte der 1950er Jahre in den Feuerwehrfahrzeugbau ein, haben aber soweit bekannt keine Mercedes-Benz-Langhauber als Basisfahrgestelle genutzt.


1932 wurde in Wuppertal als Feuerwehrausrüster die Firma Heines gegründet. Nach dem 2. Weltkrieg verlegte Johannes Heines seinen Betrieb nach Gruiten, behielt aber den Namen „Heines-Wuppertal“ bei. Im Zuge der Gebietsreform wurde Gruiten 1975 nach Haan eingemeindet.

Heines war wie gesagt lediglich Feuerwehrausrüster und betrieb keine eigene Karosseriebauabteilung. Die Rohaufbauten ließ man sich bei den im benachbarten Wuppertal-Vohwinkel ansässigen Firmen Ackermann und Blumhardt herstellen, die Pumpen lieferte Bachert. Als weiterer (späterer?) Karosseriebauer für Heines wird in der Literatur Rappold (Wülfrath) genannt. Diese Vielfalt an Subunternehmern erklärt auch das sehr unterschiedliche Aussehen der einzelnen Fahrzeuge.

Nachgefragt wurden Löschgruppenfahrzeuge und Tanklöschfahrzeuge vor allem von Feuerwehren aus der näheren Umgebung. Wie bei Metz wurden auch bei Heines mehr TLF 15 bzw. TLF 16 geordert als LF. Als Beispiel kann hier das TLF 15 der FF Herdecke auf Mercedes-Benz LF 3500/42 von 1954 verlinkt werden. Deutlich anders sieht dagegen das ehemalige Tanklöschfahrzeug der FF Krefeld-Hüls aus.

TLF 16, Mercedes-Benz LF 311/36, Heines, Baujahr 1956, geliefert an die damals noch selbstständige Gemeinde Hüls. 1970 wurde Hüls nach Kempen eingemeindet, 1975 erfolgte der Wechsel zur Stadt Krefeld. 1974 hat die Wehr ihr TLF zum Gerätewagen umgerüstet und behielt es weitere 20 Jahre im Dienst. Das sehr seltene Fahrzeug gehört heute zum Bestand des Technikmuseums Prora auf Rügen.


Magirus-Aufbauten auf Mercedes-Benz-Fahrgestellen gehörten in den 1950er und 1960er Jahren zu den absoluten Ausnahmen. Umso erstaunlicher ist es, dass Magirus seinen Prototypaufbau für ein TLF 16 des Luftschutzhilfsdienstes (LSHD) auf ein Fahrgestell vom Typ Mercedes-Benz LAF 311/36 setzte. Über die Gründe konnte auch der leider kürzlich verstorbene Zivilschutz-Fachmann Peter Kupferschmidt nichts herausfinden. Er hat aber den Prototypen umfassend in Band 1 (S. 130/131) seines sechsbändigen Werkes porträtiert. Allem Anschein nach ist der Aufbau nach der Erprobung auf ein Magirus-Fahrgestell umgesetzt und dann ausgeliefert worden.

Auch das zweite bekannt gewordene Tanklöschfahrzeug mit Magirus-Aufbau ist eine „Fälschung“. 1949 bestellte die BF Göttingen bei Magirus ein so genanntes TLF 15/48, wobei sich die Zahl hinter dem Schrägstrich auf das Jahr der Entwicklung bezog. Dem Kenner sagt diese Bezeichnung, dass es sich um ein TLF 15 auf dem Fahrgestell Magirus-Deutz S 3000 mit offenliegender Pumpe handelte, von dem Magirus (gleich nach der Währungsreform!) immerhin 90 Stück verkaufte.

Die BF Göttingen war jedoch mit der Motorleistung des TLF 15 von nur 70 PS überhaupt nicht zufrieden, an den starken Steigungen in einigen Randbezirken der Stadt war es völlig überfordert. Aus diesem Grund wurde der Aufbau 1958/59 auf ein neues Fahrgestell umgesetzt, und zwar auf einen Mercedes-Benz LF 311/42 mit 115 PS. Wer genau diesen Umbau durchgeführt hat, war leider nicht zu ermitteln. Genannt wird häufig Metz, Belege dafür sind aber nicht bekannt. Die Linienführung der Staffelkabine lässt eine Produktion bei Metz oder einem anderen Karosseriebauer im Auftrag von Metz durchaus zu. Irgendwann um 1980 wurde das TLF 15 an die Ortsfeuerwehr Barterode der FF Adelebsen verkauft, die es noch bis 1993 nutzte. Danach verliert sich leider die Spur dieses Unikates.


TLF 15, Mercedes-Benz LF 311/42, Geräteaufbau Magirus, geliefert 1949 an die BF Göttingen, Aufbau umgesetzt auf Mercedes-Benz-Fahrgestell im Jahre 1958/59 durch unbekannte Firma, um 1980 verkauft an OF Barterode, ausgemustert 1993.

Nebenbei bemerkt: Das untermotorisierte Fahrgestell wurde ebenfalls weiter genutzt: Der noch vorhandene Leiterpark einer DL 25 von 1939 wurde bei Metz aufgesetzt und das Fahrzeug anschließend noch bis 1967 in Göttingen genutzt. Danach kaufte die FF Dransfeld die Drehleiter und behielt sie weitere 27 Jahre im Dienst.


Meyer-Hagen:
Die „Westfälische Turn- und Feuerwehrgerätefabrik Heinrich Meyer“ wurde 1886 in Hagen gegründet. Die heute seltsam anmutende Zusammensetzung der Geschäftsfelder rührte von der Geschichte der Freiwilligen Feuerwehren her, die häufig anfangs als „Turner-Feuerwehren“ aktiv wurden. 50 Jahre nach der Gründung und dem Tod von Heinrich Meyer wurde der Betrieb unter seinen beiden Söhnen aufgeteilt, der abgetrennte Bereich „Turnmeyer“ ist heute noch einer der bekanntesten Hersteller auf diesem Gebiet.

Eugen Meyer übernahm die Geschäftsfelder Feuerwehrwagen und –geräte sowie den Schwimmsport und baute die Fabrik im Zuge der Aufrüstung der Feuerwehren vor dem 2. Weltkrieg aus. Bei Kriegsende lagen 90 % der Produktionsanlagen in Trümmern, dennoch konnte Meyer-Hagen bereits 1950 wieder ein erstes TLF 15 auf Mercedes-Benz L 3500/42 an die Stadt Bad Kreuznach ausliefern. Verlinken lässt sich leider nicht, es ist aber auf der Homepage der FF Bad Kreuznach zu sehen. Auffällig ist dabei die große Kabine, die eher an ein Löschgruppenfahrzeug erinnert. Weitere TLF sind nicht bekannt geworden, allerdings ein paar LF 16. Gezeigt werden kann hier das Fahrzeug der FF Westhofen (heute ein Löschzug der FF Schwerte) von 1959. Beim Fahrgestelltyp wird von einigen Autoren der Viereinhalbtonner LF 312 genannt, was nicht völlig auszuschließen ist. Die Wahrheit ließe sich wieder einmal nur durch Inaugenscheinnahme des Typenschildes und/oder des Fahrzeugbriefes ergründen.


LF 16, Mercedes-Benz LF 311/42 oder 312/42, Meyer-Hagen, Baujahr 1959, FF Westhofen.


Im Jahre 1891 gründete Albert Ziegler in Giengen an der Brenz eine „Specialfabrik für Schläuche und Feuerwehrausrüstungen“. Sein Sohn Kurt erweiterte das Unternehmen, unter anderem wurden ab 1925 auch Tragkraftspritzen hergestellt. Der Enkel des Gründers, Günther Ziegler, begann schließlich 1953 mit der Produktion von Feuerwehrfahrzeugen. Zunächst wurden neben TSF-T vor allem KLF 6 und LF 8 angeboten. Wie die Firma Bachert ließ auch Günther Ziegler sofort Ganzstahlaufbauten herstellen und vermied dadurch die bei Metz, Magirus und anderen Herstellern notwendige mühsame Umstellung vom Holz- zum Stahlgerippe.

Ein 1957 ausgelieferter SW 2000 für den Landkreis Heidenheim auf Mercedes-Benz LAF 311/42 war vermutlich das erste Großfahrzeug, das die Werkhallen von Ziegler verließ. Ein Bild können wir momentan leider nicht zeigen, aber über das weitere Schicksal dieses Fahrzeugs berichten. Es wurde auf dem Dach mit dem Oberteil eines Citroen 2CV (der berühmten “Ente“) verunstaltet und fuhr dann lange Zeit noch als Wohnmobil umher. 

Auf einem Mercedes-Benz LAF 311/36 erhielt die FF Hamm (Sieg) 1960 ein TLF 16, einige wenige weitere Tanklöschfahrzeuge auf diesem Fahrgestell hat es für andere (unbekannte) Wehren gegeben. Dazu kam noch 1964 der Neuaufbau eines verunfallten Metz-Tanklöschfahrzeuges (Mercedes-Benz LAF 311/42 von 1956) für die FF Rudersberg. 

Etwas besser kam Ziegler um diese Zeit mit Löschgruppenfahrzeugen LF 16-TS auf Mercedes-Benz mit langem Radstand ins Geschäft. Aus unserer Galerie können wir das Fahrzeug aus Ebersbach/Fils (Straßenfahrgestell, Baujahr 1960) sowie die beiden Allrad-LF 16-TS aus Sigmaringen (Bj. 1959, siehe Titelbild dieses Artikels) und Winzeln (Bj. 1960) vorweisen. Bekannt sind außerdem Fahrzeugauslieferungen des Jahres 1960 für Königsbronn und Sinsheim.


LF 16-TS, Mercedes-Benz LF 311/42, Ziegler, 1960, FF Ebersbach a. d. Fils.


LF 16-TS, Mercedes-Benz LAF 311/42, Ziegler, 1960, FF Winzeln.


Das vermutlich einzige Ziegler-LF 16-TS mit kurzem Radstand (Mercedes-Benz LAF 311/36) wurde 1960 von der FF Gernsbach in Dienst genommen. Bis 1998 war es im Dienst, anschließend wurde es stillgelegt und 2005 an ein Museum in Salem abgegeben.

Der große Durchbruch gelang dem Familienunternehmen Ziegler erst mit dem Nachfolger der Langhauber, den Mercedes-Benz Kurzhaubern ab 1961.


(wird fortgesetzt)

Text: Klausmartin Friedrich

Bilder: Klausmartin Friedrich, Oliver Horbach, Stefan Kutsch, Karl Müller.

Literatur (u.a.):
Daimler-Benz AG (Hrsg.): Brandschutz mit Stern: Die Geschichte der Mercedes-Benz Feuerwehrfahrzeuge und ihrer Vorgänger (1888-2002); Stuttgart, 2007.

Daimler-Benz AG (Hrsg.): Transport mit Traktion: Allradgetriebene Lkw seit 1945; Stuttgart, 2011.

Johanßen, Axel: Ziegler – 50 Jahre Fahrzeugbau für die Feuerwehr; Nümbrecht, 2003.

Thorns, Jochen: Graaff – innovative Feuerwehrfahrzeuge aus Elze; in: Jahrbuch Feuerwehrfahrzeuge 2015; Brilon, 2014.


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