Spotlight: LF 10/6 FF Koldenbüttel

Mittwoch, 29. Juli 2015

Spotlight: LF 10/6 FF Koldenbüttel

Strukturiertes Vorgehen ist an jeder Einsatzstelle ein Faktor, der maßgeblich am Erfolg beteiligt ist. Dies betrifft zum Einen die Führungsstruktur, zum anderen aber auch den Aufbau der Einsatzstelle und der entsprechenden Bereitstellungsräume. Im Bereich der Technischen Hilfeleistung (THL) gibt es bereits bei zahlreichen Wehren sogenannte Bereitstellungsplanen. Die Freiwillige Feuerwehr Koldenbüttel setzt hier jedoch noch eins drauf. Wie? Das könnt ihr in diesem Artikel lesen!

Koldenbüttel liegt im Amt Nordsee-Treene im Landkreis Nordfriesland in Schleswig-Holstein. Die eher dörflich geprägte Gemeinde verfügt über 918 Einwohner (Stand 12/2013) und umfasst ein Gemeindegebiet von 25,76 km².

Die Freiwillige Feuerwehr Koldenbüttel wurde 1900 gegründet und besteht heute aus ca. 50 Einsatzkräften. Als Fahrzeug dient der Wehr ein Löschgruppenfahrzeug (LF) 10/6 aus dem Jahre 2005, dass wir uns in diesem Spotlight einmal näher anschauen wollen.

1980 war das Jahr der Veränderungen für die Feuerwehr Koldenbüttel. Rückte die Wehr bis dahin mit ihrem LF 8 fast nur zu Brandeinsätzen im Gemeindegebiet aus, erhielt sie nun ihren ersten hydraulischen Rettungssatz als Spende der KFZ-Innung. Die Wehr wurde zur technischen Hilfe-Schwerpunktwehr für die umliegenden Gemeinden. Quasi binnen eines Jahres erweiterte sich der Ausrückebereich der Wehr um ein Vielfaches. So betreut die Feuerwehr nun rund 25 km der Bundesstraßen B5 und B202 sowie diverse Land-, Kreis- und Gemeindestraßen der umliegenden Gemeinden, die sie Primär mit dem ersten Rettungssatz bzw. sekundär mit dem Ergänzungsrettungssatz versorgt. Das Amt Nordsee-Treene übernahm den Unterhalt des Rettungssatzes und tauschte ihn in der Vergangenheit mehrfach aus, um ein zeitgemäßes Gerät einsatzbereit zu haben.

Kommen wir nun zum Einsatzfahrzeug der Wehr. Zunächst ein paar nackte Fakten. Das LF 10/6 nach DIN 15430 wurde 2005 unter der Fabriknummer 0115/1931 von Ziegler in Giengen auf einem Mercedes-Benz Atego 815 F an die Freiwillige Feuerwehr Koldenbüttel ausgeliefert. Ziegler baute die serienmäßige Truppkabine des Straßenfahrgestells mit Schaltgetriebe zu einer Gruppenkabine aus. Zudem wurde ein feuerwehrtechnischer Aufbau mit fünf Geräteräumen und einem begehbaren Aufbaudach hinter die Kabine gesetzt. Das Fahrzeug wurde in Feuerrot, RAL 3000, lackiert. Ziegler montierte in die Mannschaftskabine zwei Atemschutzgerätesitze entgegen der Fahrtrichtung, die es dem Angriffstrupp ermöglichen sich bereits auf der Anfahrt mit Pressluftatmern auszurüsten. Die Sitzbänke wurden als Staufächer ausgebaut. Bereits in der Kabine fällt auf, dass die Wehr innovative Ideen hat. So lagert neben den Atemschutzgeräten ein unscheinbarer roter Schulrucksack. Laut Wehrführer Volker Schlotfeld eine günstige Alternative zu handelsüblichen Notfallrucksäcken einschlägiger Hersteller. Die Ausstattung ist an diesen orientiert und an die Befähigungen innerhalb der Mannschaft angepasst. Über Handschuhspender an beiden Kabinenseiten haben alle Einsatzkräfte auf der Anfahrt zudem die Möglichkeit sich mit Einmalhandschuhen auszurüsten um einer eventuellen Kontaminationen bei technischen Hilfeleistungen vorzubeugen. Zudem werden in der Kabine die Feuerwehrhaltegurte mitgeführt, die bei Bedarf angelegt werden können. Im vorderen Teil der Kabine springt einem ebenfalls eine Fülle an Ausrüstung ins Auge. So steht dem Gruppenführer ein Konvolut an Funktionswesten zur Verfügung. So kann er auf die Weste "Einsatzleiter" bei Einsätzen in der eigenen Gemeinde, die Weste "Gruppenführer" bei der nachbarschaftlichen Löschhilfe und die Weste „Abschnittsleiter“ bei technischen Hilfeleistungen zugreifen. Nach Absprache mit den umliegenden Gemeinden, bilden die Koldenbüttler bei Eintreffen immer den Abschnitt technische Hilfeleistung. Des Weiteren lagert hier eine Werkzeugtasche zur Erkundung bei TH-Lagen für den Gruppenführer. Sie umfasst unter anderem diverse Stifte zum Markieren, Kleinwerkzeuge zum Entfernen von Verkleidungen sowie Meßwerkzeuge. Die Wärmebildkamera und die Atemschutzüberwachungstafel sind ebenfalls im Griffbereich des Gruppenführers untergebracht.

Am Äußeren des Fahrzeuges springt sofort die gelbe Warnschraffur am Heck ins Auge. Sie stammt, wie gelbe die Konturbeklebung, von der Firma Design112 und soll die Sichtbarkeit des Fahrzeuges bei Einsätzen erhöhen und der Mannschaft dadurch mehr Schutz bieten. Zur Nahfeldausleuchtung ist der Aufbau zudem mit einer Umfeldbeleuchtung versehen. Ein Lichtmast mit zwei 1.000 W Scheinwerfern dient zur Einsatzstellenausleuchtung und ist an der Aufbaustirnwand verbaut. Der Aufbau wirkt unscheinbar. Wenn nicht einem gelbe Punkte ins Auge stechen würden…

Das Punktesystem der Wehr:

Äußerlich fallen zwei gelbe Punkte ins Auge. Öffnet man die Geräteräume so steht man vor einer Vielzahl gelber und blauer Punkten. Sie zieren Kisten, Gerätefächer und Ausrüstungsgegenstände der unterschiedlichsten Art. Manche haben sogar beide Farben auf sich kleben. Volker Schlotfeld erklärte uns warum. Da die Koldenbüttler, wie oben geschrieben, häufig in andere Gemeindegebiete ausrücken, stellte man fest, dass eine Zusammenarbeit dadurch kompliziert wurde, dass die anderen Wehrleute benötigte Geräte nicht fanden oder zuordnen konnten. Oder aber, dass das LF 10/6 auf Grund der mitgeführten Iveco Magirus Tragkraftspritze TS 8/8 und der im Heck festverbauten Ziegler Feuerlöschkreiselpumpe FPN 10-1000 zur Wasserförderung aus der Treene eingesetzt wurde und damit nicht als Geräteträger für eigene Atemschutztrupps zur Verfügung stand.

Daher entschloss man sich ein Bereitstellungssystem einzuführen. Hierzu wurden in Eigenarbeit eine gelbe Bereitstellungsplane "Technische Hilfe" und eine blaue "Brandeinsatz" entworfen. Während die TH-Plane alle Geräte zur Technischen Hilfeleistung umfasst, bildet die Brandeinsatzplane eine Lagermöglichkeit für alle Geräte, die die eigenen Atemschutztrupps im Brandeinsatz gebrauchen könnten, um das LF möglichst zügig für die Wasserversorgung freizubekommen. So sind dort Flächen für die Atemschutzgeräte und Masken, Einsatzgetränke, Brechwerkzeug, Leinen, Fluchthauben, Wärmebildkamera, Sicherungstrupptasche, Spineboard und Notfallrucksack eingezeichnet. Ebenfalls sind zwei Bereiche zum Wechseln der Atemluftflaschen eingezeichnet, damit dies nicht auf dreckigem Untergrund passieren muss.

 

Damit nun alle Geräte auf Anhieb auch den Weg auf die passende Plane finden, sind sie mit Punkten in der entsprechenden Planenfarbe markiert. Bei Geräten, die durch Kisten oder Klappen nicht direkt einsehbar sind, wurden diese zudem von außen markiert. Somit dient das im ersten Moment verwirrend wirkende System der reinen Ordnung und Übersichtlichkeit.

Doch nicht nur beim Gerätemanagement wurden die Feuerwehrleute kreativ. Auch das Vorgehen beim Löschangriff wurde kritisch hinterfragt. In einem ersten Schritt wurden Strahlrohre in den C-Tragekörben verlastet um den Trupps die Trageweise zu erleichtern. Die Einrichtung zur schnellen Wasserabgabe, umgangssprachlich "Schnellangriff", wurde zudem entfernt. An ihrer Stelle lagern nun Rollschläuche, eine Box mit Absicherungsmaterial sowie ein Stromschnellangriff. Einen „herkömmlichen“ Schnellangriffsverteiler sucht man auf dem Fahrzeug ebenfalls vergeblich. Die Koldenbüttler bauten sich im Heck zwei Schnellangriffsverteiler Typ Koldenbüttel über die Pumpe. An der Pumpe festangeschlossen ist eine gelbe C-52-Leitung sowie eine rote B-Leitung, die in ein Fach über die Pumpe führen. Hier lagern, an die Leitungen angeschlossen und ebenfalls farblich angepasst, zwei BB-CBC Verteiler. Für Einsätze, die nach einer Lage von nicht mehr als einem C-Rohr in der Erkundungsphase aussehen, befiehlt der Gruppenführer die Vornahme der gelben C-Leitung. Der Verteiler wird in dem Fall von einem C-Schlauch gespeist. Bei der Vornahme eines C-Rohres entstehen so keine Verluste durch zu großvolumige Schläuche und der Tankinhalt kann besser genutzt werden. Sollte die Lage sich ausweiten, kann aber bei Bedarf über den zweiten Eingang ein B-Schlauch an den Verteiler gekoppelt werden um die „normale“ Wassermenge unterbrechungsfrei am Verteiler bereitzustellen. Alternativ kann auch direkt die „rote“ Leitung mit dem B-Schlauch genutzt werden. Auch sie ist mit einem BB-BCB Verteiler bestückt. Zur Schaummittelabgabe verfügt das LF 10/6 neben dem traditionellen Schaumangriff via Zumischer und Schaumrohr auch über eine Schaumpistole mit AFFF sowie ein Strahlrohr mit Aufnahme für den Löschmittelzusatz F500. Um die Wasserversorgung ebenfalls zu optimieren, entschied sich die Wehr für B-Schlauchtragekörbe. An Löschmittel verfügt das Fahrzeug neben 600 l Löschwasser über einen CO²-Feuerlöscher, einen ABC-Pulverlöscher, drei Kanister á 20 l Schaummittel, eine Kartusche F500 sowie eine Kartusche AFFF.

Die weitere Beladung des LF 10/6 umfasst unter anderem: Stromerzeuger, Kabeltrommeln, tragbare Lichtmasten mit Stativ und zwei Scheinwerfern, Mehrzweckzug, Säbelsäge, Oktopus-Airbag-Sicherung, Schaufeltrage, hydraulischen Rettungssatz mit Schere und Spreizer, hydraulische Zylinder, Pedalschneider, Rettungssäge "Multi-Cut", Auffangbehälter, "Gully-Stop", Patientenschutz, Unterbauholz, Abdichtkeile aus Holz mit Holzhammer, zwei Gerätesätze zur Wasserentnahme aus offenen Gewässern, Saugschläuche, Hydroschild, Atemschutznotfalltasche, Fluchthauben, diverse Brechwerkzeuge, Stabfast.

In unseren Augen zeigt die Feuerwehr Koldenbüttel sehr deutlich, zu was man fähig ist, wenn man den eigenen Stand regelmäßig sich vor Auge führt und überprüft bzw. hinterfragt. Sie zeigen, dass so manch interessante Lösungen für Alltagslagen entstehen können wenn man wagt etwas zu probieren und zu verändern. Unser Fotograf Daniel Wachtmann war auf jeden Fall überrascht und begeistert von dem Elan der Wehrleute und wir hoffen mit diesem Spotlight euch ein paar kreative Ideen geliefert zu haben. Diskutiert doch auf Facebook oder unserem Forum über diese Ideen und zeigt uns eure Ideen zur Verbesserung eurer Einsätze. Wir danken auf jeden Fall der Freiwilligen Feuerwehr Koldenbüttel für diesen Fototermin und das Vorführen ihrer Innovationen.

 

Autor: Daniel Wachtmann


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