Die Kranfahrzeuge der Feuerwehr Hamburg

Sonntag, 1. Mai 2022

Die Kranfahrzeuge der Feuerwehr Hamburg

Im Zuge der in Kürze erfolgenden Indienststellung des neuen Feuerwehrkrans (FwK) 70 wollen wir auf die bisherigen Kranfahrzeuge der Feuerwehr Hamburg zurückblicken.

Das erste Kranfahrzeug der Feuerwehr Hamburg im weiteren Sinne war ein im August 1939 in Dienst gestellter sogenannter Rüstkranwagen (RKW). Der RKW 4,5 wurde auf einem Fahrgestell von Mercedes-Benz vom Typ LD 3750, von der Firma Metz aus Karlsruhe aufgebaut.

Während das Fahrgestell durch einen 6-Zylinder-Vorkammer-Dieselmotors mit 100 PS angetrieben wurde, diente ein 8 kW starker Elektromotor der Kraneinrichtung als Antrieb. Mit dieser konnten Lastung von bis zu 4.500 kg bei einer Ausladung von 2,1 m gehoben werden. Die maximale Hakenhöhe betrug jedoch lediglich 3 m. Dank zweier auf den Boden ablassbarer Stützrollen am Heck konnten mit dem RKW auch am Kran angehängte Lasten verfahren werden. Außerdem verfügte das Fahrzeug über eine Spillseilwinde mit einer Zugkraft von 60 kN. Der Preis für den RKW betrug seinerzeit 32.050 Reichsmark, was einem heutigen Wert von etwa 144.225 € entspricht. Das Fahrzeug überlebte den Zweiten Weltkrieg leider nicht, sondern wurde bei einem Luftangriff auf Hamburg am 18. Juni 1944 in der Remise der Feuerwache Berliner Tor zerstört.

Nach dem Krieg lagen die Prioritäten bei der Feuerwehr Hamburg zunächst bei der Instandhaltung von Standardfahrzeugen, wie z.B. Löschfahrzeugen und Drehleitern, so dass ein neuer RKW auf der Prioritätenliste weit hintenanstand. Trotzdem musste für den 1944 zerstörten RKW ein Ersatz gefunden werden. Ein glücklicher Zufall wollte es, dass die Hamburger Feuerwehr 1946 von einem Geschützschlepper (Sd.Kfz. 9) der Wehrmacht, der sich bei der sogenannten "Verwertungsstelle für Beutefahrzeuge" des britischen Militärs auf dem Flugplatz Lentförden im Kreis Segeberg befand, erfuhr. Mithilfe des britischen Aufsichtsoffiziers der Feuerwehr Hamburg konnte der Geschützschlepper, ein sogenanntes Halbkettenfahrzeug, besichtigt und anschließend für 40.000 RM erworben werden.

Bei dem Halbkettenfahrzeug handelte es sich um einen sogenannten Schweren Zugkraftwagen 18 t (Zgkw 18), hergestellt im Jahr 1943 von der Firma Fahrzeug- und Motorenbau GmbH (Famo) in Breslau. Ursprünglich war dieser Fahrzeugtyp als Artilleriezugmaschine sowie als Schlepp- und Bergefahrzeug entwickelt worden. Je nach Aufgabengebiet wurde das Fahrzeug mit unterschiedlichen Aufbauten versehen:

  • Kfz. 9: Artillerieschlepper
  • Kfz. 9: Bergeschlepper
  • Kfz. 9/1: Kranwagen 6 t (Bilstein)
  • Kfz. 9/2: Kranwagen 10 t
  • 8,8-cm-Flak 37 auf Zgkw 18 t

Bei dem von der Feuerwehr Hamburg gekauften Fahrzeug handelt es sich um die Version Sd.Kfz. 9/1 mit einem Bilstein-Kran. Die Hubkraft des Kranauslegers betrug 6.000 kg, die Anhängelast maximal 18.000 kg. Angetrieben wurde das Fahrzeug von einem 12-Zylinder-Benzinmotor von Maybach mit einer Leistung von 250 PS. Der Kraftstoffverbrauch war aus heutiger Sicht enorm, im Stadtverkehr lag er bei rund 120 l/100 km, im Gelände sogar bei bis zu 270 l/100 km! Das Schaltgetriebe besaß acht Vorwärts- und zwei Rückwärtsgänge. Nach zwölf Jahren Feuerwehrdienst mit zahlreichen Einsätzen, größtenteils Bergungen von verunfallten LKW, wurde das Fahrzeug am 08. Juli 1958 endgültig ausgemustert. Einen Nachfolger für das Halbkettenfahrzeug mit Kranaufbau hatte die Feuerwehr schon 1953 beschafft.

Im Jahr 1953 konnte ein RKW 10 an der Feuerwache Berliner Tor in Dienst gestellt werden. Auch dieser zweite RKW wurde von der Firma Metz aufgebaut. Wie schon 1939 lieferte auch dieses Mal Mercedes-Benz das Fahrgestell, nun einen LKW vom Typ L 6600. Das Fahrzeug wurde von einem 145 PS leistenden 6-Zylinder-Dieselmotor angetrieben. Die maximale Traglast der Kraneinrichtung bei einer Ausladung von 2,6 m betrug 10.000 kg, also um einiges mehr als noch beim ersten RKW aus dem Jahr 1939. Bequem ließ sich der Kran der besseren Übersicht halber über eine Kabelfernbedienung steuern.

Der Antrieb für den Kran erfolgte elektromechanisch mittels Elektrozügen. Je ein Elektromotor diente für die Auslegerbewegungen „Heben“ und einer für das „Drehen“. Die Stromversorgung für die Züge erfolgte über einen vom Fahrzeugmotor angetriebenen Stromerzeuger mit einer Leistung von 25 kVA.

Mithilfe absenkbarer Stützrollen am Heck konnten Lasten von bis zu 10.000 kg mit dem RKW verfahren werden. Zusätzlich zu einer Spillseilwinde am Heck besaß der RKW 10 auch eine große Vorbauseilwinde mit 100 kN Zugkraft. Bis ins Jahr 1971 befand sich der RKW 10 in Diensten der Feuerwehr Hamburg und wurde danach an eine Privatfirma verkauft, die ihn noch einige Jahre länger nutzte.

Nach zwei RKW und dem in der unmittelbaren Nachkriegszeit als Kran eingesetzten Halbkettenfahrzeug beschaffte die Feuerwehr Hamburg 1971 ihren ersten reinrassigen Feuerwehrkran (FwK). Die Firma Gottwald aus Düsseldorf baute den FwK 20 mit der Typbezeichnung AMK 45-21 auf ein zweiachsiges Fahrgestell mit einem 160 PS starken 6-Zylinder-Dieselmotor von Mercedes-Benz als Antriebsaggregat auf. Der dreiteilige Kranausleger war zweifach teleskopierbar, hatte eine maximale Rollenhöhe von 20 m und konnte ganze 20.000 kg heben. Auch Lasten von bis zu 7.500 kg bei einer Ausldung von 3 m konnten mit dem Kranwagen unter Verzicht auf die Abstützung verfahren werden.

Als Besonderheit konnte der FwK bei Bedarf von der mitdrehenden Krankabine aus gefahren und gelenkt werden, so dass der Kranführer für kleine Positionswechsel nicht erst in die Fahrerkabine umsteigen musste. Am Heck befand sich eine hydraulische Seilwinde mit einer Zugkraft von 100 kN. Als Zubehör wurde ein Mehrschalengreifer zum Aufnehmen von Schüttgütern beschafft, welcher allerdings kaum genutzt wurde.Stationiert wurde der FwK zunächst an der Feuerwache Berliner Tor, bevor er 1985 zur Technik- und Umweltschutzwache F32 im Stadtteil Wilhelmsburg umgesetzt wurde. An dieser zum 6. Januar 1986 offiziell in Dienst genommenen Wache wurden seitdem alle Hamburger FwK stationiert.

Im Jahr 1988 folgte dem noch vergleichsweise kleinen FwK 20 der Feuerwehr Hamburg der erste große Kranwagen, ein FwK 50, nach. Der Kran mit der Typbezeichnung LTM 1050 wurde von der Firma Liebherr aus Ehingen in Baden-Württemberg hergestellt. Das vierachsige Fahrgestell besaß drei Antriebsachsen und Allradlenkung. Damit konnte der Kran auch zum Rangieren im sogenannten "Hundegang" gefahren werden.

Als Antriebsmotor diente ein 8-Zylinder-Dieselmotor von Mercedes-Benz mit einer Leistung von 243 kW, das ZF-Lastschaltgetriebe hatte sechs Vorwärts- und zwei Rückwärtsgängen. Der vierteilige, teleskopierbare Ausleger erreichte eine maximale Rollenhöhe von 32 m. Die maximale Traglast betrug 50.000 kg bei 3 m Ausladung und bei 29 m Ausladung noch immerhin 2.000 kg.

Am Heck befand sich eine hydraulische Seilwinde der Firma Rotzler mit einer Zugkraft von 200 kN. Außerdem war am Heck ein ausklappbarer, dreieckiger Galgen zum Schleppen rollfähiger Fahrzeuge montiert. Erstmals wurde außerdem ein Abrollbehälter-Kran (AB-Kran) zum Transport von zusätzlichen Anschlagmitteln beschafft.

Im Sommer 2001 musste der erst 13 Jahre alte Kranwagen wegen technischer Mängel außerplanmäßig außer Dienst gestellt werden. Insbesondere der Hydraulikteil war so stark abgenutzt, dass eine technische Überholung wegen der zu erwartenden hohen Kosten nicht mehr rentabel war. Da Kranwagen eine recht lange Lieferzeit haben, musste die Feuerwehr Hamburg fast anderthalb Jahre ohne eigenen Kranwagen auskommen. In dieser Zeit wurde mit einem örtlichen Kranunternehmen eine Vereinbarung über die zeitnahe Bereitstellung eines Kranfahrzeuges im Bedarfsfall geschlossen.

Im November 2002 konnte dann endlich der Nachfolger des anderhalb Jahre zuvor ausgesonderten Krans bei Liebherr in Ehingen abgeholt werden: Ein FwK 60, werkseitig als LTM 1060/2 bezeichnet. Das vierachsige Fahrgestell hat ebenfalls drei angetriebene Achsen und Allradlenkung. Die Krankabine kann im Betrieb um 20° nach oben geneigt werden, um so dem Kranführer eine bessere Sicht auf den Arbeitsbereich zu ermöglichen.

Als Antriebsmotor dient ein 6-Zylinder-Dieselmotor mit einer Leistung von 270 kW, das ZF-Automatikgetriebe hat sechs Vorwärts- und zwei Rückwärtsgängen. Der Kranausleger ist fünfteilig und kann bis auf 42 m Länge ausgefahren werden. Die maximale Traglast beträgt bis zu 60.000 kg. Bei 10 m Ausladung reduziert sich die Traglast auf 15.300 kg und bei 20 m Ausladung auf noch 5.200 kg.

Am Heck befindet sich eine hydraulische Seilwinde der Firma Rotzler, Modell Treibmatic, mit einer Zugkraft von 80 kN. Außerdem ist auch bei diesem Fahrzeug wieder ein ausklappbarer Abschleppgalgen montiert. Unterhalb der Fahrerkabine ist eine große Lasttraverse für eine Tragkraft von 30.000 kg gelagert.

Über den neuen, im Jahr 2022 gelieferten Kranwagen, berichten wir in den nächsten Tagen separat!

Bilder: Archiv Hamburger Feuerwehr Historiker E.V., Jürgen Suchorski, Heiner Lahmann

Quellen:

Manfred Gihl, 2016: „Vom Gerätewagen zum Feuerwehrkran - über 100 Jahre Sonderfahrzeuge für technische Hilfeleistungen bei der Feuerwehr Hamburg“

Manfred Gihl, 2007: „Die Rüstwagen, Kranwagen und Gerätewagen der Feuerwehr Hamburg von 1939 bis heute“

Archiv Hamburger Feuerwehr Historiker E.V.

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