Die Haubenfahrzeuge der Nachkriegszeit - Teil 5

Donnerstag, 21. Januar 2016

Die Haubenfahrzeuge der Nachkriegszeit - Teil 5 - Mercedes-Benz L 3000 (Baujahre 1938 – 1944)

Bisher wurden hier nur die leichte und die schwere Klasse der bis Ende des 2. Weltkriegs produzierten Mercedes-Benz Lastkraftwagen behandelt. In den nächsten beiden Folgen unserer Reihe zur Fahrzeuggeschichte wenden wir uns jetzt der mittleren Tonnageklasse zu, den sogenannten Dreitonnern. Wie üblich, ist damit wieder die ungefähre Nutzlast gemeint. Wegen ihrer vielseitigen Verwendbarkeit waren LKW dieser Größenklasse die wichtigsten Arbeitstiere während des Krieges und danach.

Ab 1932 produzierte die Daimler-Benz AG als kleine Brüder des bereits vorgestellten Lo 3500 gleichzeitig die Niederrahmenfahrgestelle Lo 2750 und Lo 3000. Äußerlich waren die beiden so gut wie gar nicht voneinander zu unterscheiden, zumal verschiedene Radstände, Pritschenausführungen und Motoren im Angebot waren. Entscheidend war lediglich die jeweilige Nutzlast, die wieder die Fahrgestellbezeichnung ergab. 1937 entfiel der Lo 2750 ersatzlos, der Dreitonner wurde ohne wesentliche Veränderungen in L 3000 umbenannt. Bis 1938 wurden insgesamt 16.270 Fahrgestelle produziert, ein Teil davon für Omnibusse.

Auf beiden Fahrgestellen wurden auch Feuerwehrfahrzeuge gebaut, vor allem von der Firma Metz. So entstanden etliche mittelschwere Kraftfahrspritzen und Drehleitern bis etwa 25 m Auszugslänge, vereinzelt auch Geräte- und Schlauchwagen.

Die nationalsozialistischen Machthaber trieben ab Mitte der 1930er Jahre die militärische Aufrüstung Deutschlands voran. Parallel zum zweiachsigen Zweidreiviertel- und Dreitonner wurde im Werk Berlin-Marienfelde von 1935 bis 1940 der geländegängige Dreiachser Mercedes-Benz LG 3000 produziert und an Wehrmacht, Reichsbahn, Reichspost und einige andere Dienststellen ausgeliefert; daneben gab es auch Kunden in der zivilen Wirtschaft. Die werksinterne Bezeichnung lautete LG 63, als Motor diente der auch im Lo 3500 verwendete Sechszylinder-Dieselmotor OM 67 mit 95 PS. Die tatsächliche Nutzlast lag allerdings nur bei 2.800 kg, daher konnte der LKW mit vergleichbaren Produkten anderer Hersteller nicht mithalten. Dennoch wurden insgesamt 7.440 Stück hergestellt.

Als Feuerwehrfahrzeug sind auf diesem Fahrgestell einzelne geländegängige Fahrzeuge für kommunale Feuerwehren (z.B. München und Lübeck), einige Tankspritzen TS 2,5 für die Fliegerhorste der Luftwaffe und drei Spezialfahrzeuge für das Reichsparteitagsgelände in Nürnberg gebaut geworden. Soweit bekannt, hat bis auf das Münchener LF 25 keines dieser Feuerwehrfahrzeuge den Krieg überstanden. Daher werden sie hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt

Ab 1938 wurde in Untertürkheim, ab 1939 in den Werken Mannheim und Gaggenau schließlich die überarbeitete Straßenversion des Dreitonners unter der Verkaufsbezeichnung L 3000 gebaut. Werksintern wurde er als LGF 3000 bezeichnet. Hier hatte man sich dem zunehmenden militärischen Sprachgebrauch angepasst, der den neuen LKW als „mittleren geländefähigen Lastkraftwagen 3 t“ bezeichnete.

Vom Vorgänger unterschied sich die überarbeitete Baureihe äußerlich durch die Verwendung eines neu konstruierten Stahlführerhauses im Gegensatz zur früheren Bauweise aus blechbeplankten Holzleisten. Offenbar war es auch jetzt noch ein Niederrahmenfahrgestell, denn die bekannt gewordenen Fotos zeigen keine deutlichen Höhenunterschiede zu den vor 1938 gebauten Dreitonnern. Die Bodenfreiheit wird in der Literatur mit 220 mm angegeben.

Wesentliches Merkmal war der in dieser Nutzlastklasse bei Straßenfahrgestellen sonst nicht übliche Dieselmotor, der von den nationalsozialistischen Dienststellen wegen der leichteren Rohstoffversorgung bevorzugt wurde und deshalb standardmäßig montiert wurde. Der bereits seit einigen Jahren produzierte Vierzylinder OM 65/3 hatte einen Hubraum von 4.849 cm³ und leistete 70 PS. Das Fahrzeuggewicht betrug in der Pritschenversion 3.850 kg, das zulässige Gesamtgewicht lag bei 6.500 kg. Wie unschwer zu errechnen ist, war also auch dieser LKW wieder kein echter Dreitonner, die Nutzlast lag bei nur 2.650 kg.

Dennoch sollen 1938/39 zusammen 12.840 Fahrgestelle ausgeliefert worden sein. Die große Masse dürfte bereits zu diesem Zeitpunkt an die Wehrmacht oder die Rüstungsindustrie gegangen sein. Die zunächst an Spediteure und andere Unternehmen gelieferten LKW wurden dann bei Kriegsbeginn (1. September 1939) sofort einschließlich Fahrer zur Wehrmacht eingezogen.

Als Feuerwehrfahrzeuge belegt sind einige wenige Kraftdrehleitern KL 25 auf Mercedes-Benz LD 3000 und etwas mehr Kraftfahrspritzen KS 15 auf dem LS 3000. Den Weg in unsere Galerie hat davon bisher keines der überlebenden Fahrzeuge gefunden.

Für den dem Reichsluftfahrministerium unterstehenden Sicherheits-und Hilfsdienst (SHD) und evtl. auch für die Wehrmacht direkt entstand u.a. eine gewisse Anzahl mittlerer Gasschutzkraftwagen sowie Instandsetzungsdienst-Mannschaftskraftwagen (I-Mkw). Als Aufbauhersteller konnten bisher die Firmen F.G. Dittmann GmbH in Berlin-Wittenau und Metz nachgewiesen werden. Wegen der bei der Ausführung 1939 vorhandenen Gruppenkabine wurden diese nach dem Krieg gerne für Feuerwehrzwecke genutzt. Mit Fotos bekannt geworden sind u.a. das abgebildete LF-TS 8, ein weiteres LF-TS 8 in Übach sowie ein Nachrichtenbauwagen der Berufsfeuerwehr Hannover


Löschgruppenfahrzeug LF-TS 8, Mercedes-Benz L 3000 (werksinterne Bezeichnung LGF 3000), Aufbau Dittmann (Berlin), Baujahr 1940, ehemaliger Instandsetzungsdienst-Mannschaftskraftwagen (I-Mkw) der Bauart 1939, bei Kriegsende auf dem Fliegerhorst Faßberg stationiert, von der Royal Air Force übernommen, 1948 zum Feuerwehrfahrzeug umgerüstet und rot lackiert, 1957 an FF Müden (Örtze), dort ausgemustert 1970, anschließend Windenfahrzeug auf einem Segelflugplatz, seit 1987 im Feuerwehrmuseum Schleswig-Holstein in Norderstedt.

Kurz vor Inkrafttreten des bereits erwähnten Schell-Planes zum 1. Januar 1940 wurde der Zweiachser in L 3000 S (also „Standard“) umbenannt. Er erhielt nun ein um 5 mm höher liegendes Fahrgestell, was erneut kaum zu bemerken war. Die vorderen Kotflügel bekamen eine rundere Form, damit einher ging eine leicht geänderte Position der Scheinwerfer. Bei der Betrachtung der weiter unten vorgestellten Schweren Löschgruppenfahrzeuge (SLG) fällt jedoch im Vergleich zwischen Motorhaube und den Kotflügeloberkanten auf, dass deren Hauben erheblich höher wirken. Die Ursache und der genaue Zeitpunkt der Veränderung sind trotz umfangreicher Recherche nicht feststellbar. Die zur Verfügung stehende Literatur und die gängigen Internetseiten unterscheiden hier nicht immer sorgfältig zwischen den verschiedenen Bauserien des Dreitonners.

In der Straßenversion wurden laut Herstellerangaben von 1939 bis 1944 insgesamt 18.356 Fahrgestelle geliefert. Vom ab 1940 ebenfalls produzierten zweiachsigen Allrad-LKW L 3000 A verließen 2.069 Exemplare die Daimler-Benz-Werkhallen.

Der L 3000 S wurde wie der 1938er-L 3000 ausschließlich mit einem Radstand von 4.200 mm geliefert. Dem zulässigen Gesamtgewicht von 6.790 kg stand eine Nutzlast von 3.100 kg gegenüber, dies war durch eine deutliche Abspeckung des Eigengewichtes möglich geworden. Angetrieben wurde er von der Weiterentwicklung des OM 65/3, dem immer noch relativ schweren Vierzylinder-Dieselmotor OM 65/4 mit 4.849 cm³ Hubraum, der bei 2.250 U/min jetzt 75 PS leistete. Der Verbrauch wurde mit 18 Litern Diesel pro 100 km angegeben.

Auf dem L 3000 S wurde für Feuerwehren vor allem das vom Reichinnenministerium entwickelte Schwere Löschgruppenfahrzeug (SLG) gebaut, ab Ende April 1943 als LF 15 bezeichnet. Wieder sind die bekannt gewordenen Fahrgestell-Bezeichnungen etwas verwirrend. Neben „L 3000 S“ finden sich „L 3000 F“, „L 3000 S-F“ sowie die Angaben „L 3000S, Ausführung F“ und „L 3000S, Ausführung F2“. Wie gehabt, wird hier nur „L 3000 S“ verwendet.

Die am Rahmenende montierte Festpumpe hatte eine Nennleistung von 1500 l/min, der Wassertank 400 Liter Inhalt. Wie seit 1936 bei Löschgruppenfahrzeugen üblich, bestand die Besatzung aus neun Feuerwehrangehörigen. Man kann diesen Fahrzeugtyp als das damalige Standardfahrzeug für größere Freiwillige Feuerwehren bezeichnen, zugleich ist es einer der Urahnen der heute noch gebräuchlichen Feuerwehrfahrzeugtypen in Deutschland. So gut hat sich das Konzept dieser Löschgruppenfahrzeuge bewährt.


SLG, Mercedes-Benz L 3000 S, Aufbau Daimler-Benz, Werk Sindelfingen, Baujahr 1942, FF Burgstädt, Traditionsfahrzeug

Insgesamt sollen etwa 5.100 SLG / LF 15 produziert worden sein, 1.775 davon auf Mercedes-Benz L 3000 S. Ein Teil davon erhielt die Aufbauten direkt im Daimler-Benz-Werk Sindelfingen, die Pumpen stammten dann meistens von Amag-Hilpert. Andere Aufbauhersteller waren u.a. Metz, Meyer-Hagen und Rosenbauer, zuletzt stellte ab 1943 Magirus die „Hartfaserkisten“ für die entfeinerte Ausführung her. Zum Zeitpunkt der Umbenennung des SLG in LF 15 wurden keine Feuerwehrfahrzeuge mehr auf diesem Fahrgestell hergestellt. Darüber in der nächsten Folge mehr.


SLG, Mercedes-Benz L 3000 S, Aufbau und Pumpe Metz, Baujahr 1942, Laufbahn unbekannt, seit Anfang der 1980er Jahre in Privatbesitz. Vermutlich ist es das einzige erhaltene SLG mit Metz-Aufbau.

Aufgrund der für alle Firmen einheitlichen Vorgaben fiel die Meyer-Hagen-Version des SLG nahezu identisch aus. Hier werkelte wieder eine Amag-Hilpert- Pumpe im Heck. Daten: Mercedes-Benz L 3000 S, Baujahr 1942, seitdem unverändert im Besitz der FF Werther.


SLG, Mercedes-Benz L 3000 S, Aufbau Magirus, Baujahr 1943, „entfeinerte“ Ausführung zur Materialersparnis (z.B. einfaches Blech als hintere Kotflügel, fehlende Schlauchkästen auf dem Trittbrett).Die FF Leipzig-Mölkau hat ihr Traditionsfahrzeug nach der Jahrtausendwende wieder in der ursprünglichen (Grundierungs-) Farbe „Dunkelgelb nach Muster“ lackiert.

Viele Löschgruppenfahrzeuge dieser Baureihe haben das Kriegsende überstanden und waren teilweise bis Ende der 1970er Jahre, in Einzelfällen auch noch länger im Einsatz.


SLG, Mercedes-Benz L 3000 S, Aufbau Magirus, Baujahr 1943, „entfeinerte“ Ausführung, im Einsatz bei der FF Taufkirchen von 1943 bis 1971, seitdem als Museumsfahrzeug erhalten, Totalrestaurierung 1993-95..


Als das ehemalige SLG der FF Tarmstedt 1981 endlich in den Ruhestand gehen durfte, sah man ihm seine 38 Dienstjahre deutlich an. In der völlig verbogenen Tür zum Pumpenraum klaffte ein Loch, die Hartfaserbeplankung ist deutlich zu sehen. Daten: Mercedes-Benz L 3000 S, Aufbau Magirus, Baujahr 1943, „entfeinerte“ Ausführung.

Wie schon bei den LLG bzw. LF 8 sowie bei den LF 25 wurden nach Kriegsende auch etliche SLG / LF 15 für andere Feuerwehrzwecke umgebaut. Fahrzeuge mit beschädigten Aufbauten wurden so z.B. zu Tanklöschfahrzeugen umgebaut, auch Gerätewagen und Pritschen-LKW sind bekannt. Einige Tanklöschfahrzeuge erhielten nachträglich Staffelkabinen. Leider gibt es von diesen Notlösungen der ersten Nachkriegsjahre kaum ordentliches Bildmaterial. So gut wie alle dürften auch nach der Ausmusterung verschrottet worden sein.

Nicht vergessen werden sollen die wenigen Tanklöschfahrzeuge und Schweren Schlauchkraftwagen (ab 1943 Schlauchkraftwagen S3), die auf dem L 3000 S gebaut wurden. Mindestens ein TLF 15/43 hat bis heute überlebt, bei den Schlauchwagen ist das nicht bekannt.


TLF 15/43, Mercedes-Benz L 3000 S-F, Aufbau Magirus, Baujahr 1943, Laufbahn unbekannt, jetzt Zeitzer Interessengemeinschaft der Freunde hist. Fahrzeuge und Technik e.V. Die Zahl 43 hinter dem Schrägstrich bezieht sich auf das Entwicklungsjahr

(wird fortgesetzt)

Text: Klausmartin Friedrich

Bilder: Christopher Benkert, Thomas Dotzler, Klausmartin Friedrich, Frank-Hartmut Jäger, Olaf Wilke

Literatur (u.a.):
Fischer, Klaus: Löschgruppenfahrzeuge LF 16; Berlin, 2005;

Oswald, Werner; Gihl, Manfred: Fahrzeuge der Feuerwehr und des Rettungsdienstes; Stuttgart, 1992;

Schlag, Cedric: Eine Rarität in der Schausammlung. In: Förderverein Feuerwehrmuseum Hof Lüdemann e.V. (Hrsg.): Der Feuermelder, Heft 20; Norderstedt, 2015.


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