Die Haubenfahrzeuge der Nachkriegszeit - Teil 46

Montag, 14. September 2020

Die Haubenfahrzeuge der Nachkriegszeit - Teil 46 - Borgward B 2000 A/O 0,75t gl als Umbauten ehem. Bundeswehr-Fahrzeuge (Baujahre 1956 – 1961)

Die meisten von der Bundeswehr übernommenen Borgward-LKW und -Kübelwagen wurden ohne große bauliche Veränderungen von den Zweitbesitzern weiter verwendet. Ein paar Dutzend Fahrzeuge hat man aber mehr oder minder stark umgestaltet. Einige Beispiele sowie die sehr seltenen Versuchsaufbauten sollen in diesem Artikel vorgestellt werden.

Im Jahre 1959 stellte Borgward einige so genannte Truppenversuchsmuster (TVM) eines Funkkofferaufbaus her, die dann auch in geringer Stückzahl bei der Bundeswehr (u.a. als Richtfunkbetriebswagen) erprobt wurden. Aufgrund der bekannten Fotos kann man auf leicht unterschiedliche Ausführungen der Koffer schließen. Interessanterweise konnte davon auch ein (retouchiertes?) Foto aus der Zeit nach dem Borgward-Konkurs 1961 gefunden werden, als Büssing die Produktionsanlagen in Osterholz-Scharmbeck übernommen hatte und dort Reparaturaufträge für die Bundeswehr sowie in geringen Maße Neubauten ausführte.

Die Freiwillige Feuerwehr der Ortschaft Gernlinden (Gemeinde Maisach, Landkreis Fürstenfeldbruck) übernahm 1966 einen der Prototypen und baute ihn zum LF 8 mit TSA um. Offenbar erhielt das Führerhaus bei dieser Gelegenheit ein festes Verdeck. Bis 1988 wurde die Rarität im Einsatz genutzt, dann diente sie knapp 20 Jahre als „feuerrotes Spielmobil“. 2008 erwarb ein Sammler das Fahrzeug, das weitere Schicksal ist unbekannt.

Ein anderes Exemplar der Truppenversuchsmuster gehörte nach seinem Wehrdienst zum Fuhrpark des Malteser Hilfsdienstes Aachen. Zu welchen Aufgaben der Koffer-LKW genutzt wurde, ließ sich nicht ergründen.

Die einfachste Art des Umbaus an ehemaligen Bundeswehr-Borgwards war sicherlich die Ausstattung mit weiteren Gerätekästen. Einen derart ergänzten „Mannschaftswagen mit Tragkraftspritze“, die bayerische Version nicht normgerechter TSF, konnte Axel Malczyk bei der FF Rieden im Oberallgäu fotografieren. Für 400,- DM kaufte die kleine Feuerwehr aus eigenen Mitteln dieses erste Fahrzeug ihrer Geschichte 1981 von der benachbarten FF Bihlerdorf. Diese wiederum hatte es 1970 von der Bundeswehr übernommen. Leider musste sich die FF Rieden nach einem größeren Schaden am Antrieb 1989 von dem Fahrzeug trennen, zwei Jahre lang war man anschließend wieder mit einem Handwagen unterwegs!


MW-TS, Borgward B 2000 A/O 0,75t gl, geliefert 1956 als LKW an die Bundeswehr, Eigenumbau durch Feuerwehr, ab 1970 bei der FF Bihlerdorf im Dienst, danach von 1981 bis 1989 bei der FF Rieden. Die kleinen, rechteckigen Mulden für die Türgriffe entsprechen der nur 1956 gebauten Ausführung.

Als wegen der Veröffentlichungsgenehmigung für das Bild bei der FF Rieden nachgefragt wurde, kam nicht nur diese, sondern auch noch ein Foto von der Fahrzeugweihe des Borgwards, das wir hier ebenfalls zeigen dürfen. Dafür ganz herzlichen Dank!


MW-TS der FF Rieden, festlich geschmückt zur Weihe als erstes Einsatzfahrzeug der Wehr.

Ebenfalls aus der ersten Bauserie des B 2000 A/O als LKW der Bundeswehr stammte das TSF-T der Ortsfeuerwehr Breetze in Niedersachsen. Die Kameraden aus dem kleinen Dorf bei Bleckede ergänzten den Aufbau deutlich, zogen zur Lagerung weiterer Geräte eine zweite Ebene zwischen die Spriegel und lackierten es sogar in RAL 3024!


TSF-T, Borgward B 2000 A/O 0,75t gl, Baujahr 1956, ehemaliger LKW der Bundeswehr, Umbau durch die OF Breetze der FF Bleckede.


Bei etlichen Kübelwagen wurde über dem hinteren Geräteraum eine Umrandung geschaffen, um dort z.B. Schlauchbrücken oder (nasse) Schläuche zu lagern. So geschah es auch beim Löschzug Bornreihe der damals noch selbständigen FF Vollersode am Rand des Teufelsmoors. Waren sonst vielfach Metallstangen als Reling üblich, gab es hier eine geschlossene Ausführung.


TSF, Borgward B 2000 A/O 0,75t gl, Baujahr 1957, nach seiner Bundeswehrzeit von der FF Vollersode beim Löschzug Bornreihe stationiert. Erst 1990 wurde dieses für die Moorregion ideale Fahrzeug ersetzt.

Im Jahre 1972 übernahm die Werkfeuerwehr des Fräsmaschinenherstellers MAHO in Pfronten einen Borgward-Kübelwagen von der Bundeswehr und rüstete ihn für ihre Zwecke um. Irgendwann wurde dabei auch die heckseitige Doppeltür gegen einen Rolladen getauscht und darunter ein Trittbügel montiert. Als 1983 der B 2000 A/O bei der Werkfeuerwehr ersetzt wurde, freute sich die nur knapp 15 Kilometer entfernt liegende Gemeinde Pinswang im österreichischen Tirol. Sie kaufte das Fahrzeug und stellten es bei der FF Oberpinswang als Leichtes Löschgruppenfahrzeug mit Allradantrieb (LLFA) in Dienst. Dort konnte es Helmut Graf fotografieren.


LLFA, Borgward B 2000 A/O 0,75t gl, Baujahr 1957, von der Bundeswehr erworben durch die WF MAHO in Pfronten, heckseitig umgebaut, 1983 verkauft und bei der FF Oberpinswang in Tirol in Dienst gestellt. Auf dem „Dachgarten“ wurden zusätzlich 15 B-Schläuche mitgeführt.


Schwachpunkte bei Kübelwagen mit Hardtop waren das Segeltuchdach über dem Führerhaus und die Seitenscheiben aus Kunststofffolien. Die FF Hochbrück bei München baute daher ihren MW-TS schon bald nach dem Erwerb von der Bundeswehr (1965) um. Die Frontscheibe wurde etwas steiler gestellt, neben einem neuen, festen Dach erhielten die Türen einen Fensterrahmen mit Schiebefenstern. Insgesamt erinnert die Konstruktion an die direkt von Borgward angebotenen Hardtop-Führerhäuser, die beispielsweise bei den TLF 8, Funkkraftwagen und Mannschaftskraftwagen des Luftschutzhilfsdienstes (LSHD) verwendet wurden. Sie unterschiedet sich aber in Details deutlich davon.

Als TSF wurde das Fahrzeug ab 1987 nicht mehr benötigt, aber nicht verschrottet. So konnte man es sechs Jahre später ohne großen Aufwand zum Schlauchwagen umrüsten und noch bis 2003 im Einsatzdienst nutzen. Seither wird der Oldtimer als Traditionsfahrzeug erhalten (siehe auch Titelbild).


SW, Borgward B 2000 A/O 0,75t gl, Baujahr 1957, zunächst in Bundeswehrdiensten, 1965 von der FF Hochbrück erworben, mit festem Führerhausoberteil versehen und als MW-TS genutzt. Die Halterung für die Schlauchbrücken wurde vermutlich erst 1993 beim Umbau zum SW ergänzt. Seit 2003 wird der Kübelwagen als Oldtimerfahrzeug genutzt.


Die Feuerwehr Arget der Gemeinde Sauerlach im Landkreis München spendierte ihrem von der Bundeswehr übernommenen Mannschafts- und Schlauchwagen ebenfalls ein festes Führerhaus. Bilder vom aufwändigen Umbau sind auf der Homepage der Feuerwehr zu finden, dort wird sogar von einem LF 8 gesprochen. Wieder ähnelt die neue Kabine stark der originalen Borgward-Konstruktion, ist aber weniger keilförmig ausgeführt worden.


Mannschafts- und Schlauchwagen, Borgward B 2000 A/O 0.75t gl, 1957 auf die Bundeswehr zugelassen, durch die FF Arget 1967 übernommen und umgebaut, Beladung u.a. 800 m Schlauch. Bis 1997 stand der Borgward im Einsatzdienst, seit 2012 wird er im Feuerwehrmuseum in Waldkraiburg ausgestellt.

Die heckseitigen Geräteräume von Kübelwagen wurden für Feuerwehrfahrzeuge in der Regel innen verändert. Das Ersatzrad wurde entfernt oder woanders gelagert, der darüber befindliche Regalboden demontiert. So konnte in den meisten Fällen eine Tragkraftspritze eingeschoben werden. Dennoch war die Höhe nur knapp ausreichend. Es ist nicht ganz sicher, ob wirklich alle TS (trotz genormter Außenmaße) auf Gleitschienen hinein passten. Auf jeden Fall haben ein paar Feuerwehren diesen hinteren Geräteraum zusätzlich erhöht oder erhöhen lassen, um mehr Spielraum zu haben.

Ein Beispiel für diese Umbauarbeiten war der MW-TS der FF Altusried im Landkreis Oberallgäu. Das Fahrzeug wurde 1970 angeblich vom Bundesgrenzschutz (BGS) übernommen. Zur Unterbringung der TS wurde der hintere Geräteraum sehr fachmännisch höher gezogen, wie das Foto von Klaus Fischer zeigt.


MW-TS, Borgward B 2000 A/O 0,75t gl, Baujahr 1957, Übernahme angeblich vom BGS und Umbau durch FF Altusried 1970.

Nachdem der MW-TS nicht mehr als Einsatzfahrzeug benötigt wurde, baute die Feuerwehr ihn zu einem Festwagen um. Und spätestens damit wird die Angelegenheit sehr merkwürdig. Offenbar wurde der geschlossene Koffer entfernt und ein „Cabrio-Aufbau“ eines offenen Kübelwagens aufgesetzt. Davon zeugen die Fotos auf der Homepage der FF Altusried. Technisch war das relativ einfach zu bewerkstelligen.

Aus dem Jahr 2010 finden sich aber Bilder im Internet, die den alten Aufbau auf einem anderen Fahrgestell bzw. mit einem anderen Führerhaus zeigen – ebenfalls beschriftet mit Freiwillige Feuerwehr Altusried! Möglicherweise ist das der Teilespender für den Festwagen und war vorher bei einer anderen Abteilung der FF Altusried stationiert. Hier ist noch Forschungsarbeit erforderlich

Borgward-Spezialist Helmut Graf stellte uns Bilder von einer anderen Art der Aufbauerhöhung zur Verfügung. Der DRK-Kreisverband Düsseldorf konstruierte bei seinem GW-Beleuchtung den rückseitige Geräteraum nämlich komplett neu mit nach oben und unten abklappbaren Türen.


GW-Beleuchtung, Borgward B 2000 A/O 0,75t gl, Baujahr 1957, 1972 oder 1973 von der Bundeswehr übernommen durch den DRK-KV Düsseldorf und für eigene Zwecke umgebaut. Später wurde das Fahrzeug von der Instandsetzungsgruppe genutzt.


Die Fliegervereinigung Schwabach e.V. betreibt seit 1962 in der Gemeinde Büchenbach (Landkreis Roth) einen Sonderlandeplatz für Segel- und kleinere Motorflugzeuge. Dort wurde eine Zeit lang ein umgebauter Borgward-LKW mit Bundeswehrvergangenheit genutzt. Auf die Pritsche war ein Leichtmetallaufbau geschraubt worden, in dem Feuerlöscher, Krankentragen, Sanitätsmaterial und einige Werkzeuge untergebracht waren. Das orange lackierte Fahrzeug besaß weder eine Straßenzulassung noch eine Sondersignalanlage, erfüllte aber offenbar seinen Zweck. Auch hier geht der Dank für die Fotos wieder einmal an Klaus Fischer.


GW, Borgward B 2000 A/O 0,75t gl, ehemaliger LKW der Bundeswehr, Eigenumbau durch Fliegervereinigung Schwabach e.V.


Den aufwändigsten Umbau eines ehemaligen Bundeswehr-Borgwards nahm ohne Zweifel die Betriebsfeuerwehr der Firma Gebrüder Willach in Ruppichteroth vor. In den eigenen Werkstätten des Herstellers von Apothekeneinrichtungen wurde aus einem 1957 erstmals zugelassenen Fahrzeug ein als Rüstwagen bezeichnetes Unikat geschaffen, bei dem nur noch Fahrgestell und Motorhaube an die Ursprungsversion erinnerten.

Etwa um 1975 wurden ein festes Führerhaus und ein selbst konstruierter Aufbau für eine Gruppenbesatzung geschaffen. Bald wurde aber erkannt, dass es sinnvoller war, anstelle der Feuerwehrmänner zusätzliches Gerät mitzuführen. So wurde der Aufbau etwa 1979 noch einmal umgestaltet und erhielt seine endgültige Form. Helmut Elstrodt konnte die Rarität bei schönstem Sommerwetter auf den Diafilm bannen und stellte uns freundlicherweise diesen Scan zur Verfügung.


GW, Borgward B 2000 A/O 0,75t gl, Baujahr 1957, geliefert an die Bundeswehr, Eigenumbau durch BtF Gebr. Willach, Ruppichteroth um 1975, erneuter Umbau ca. 1979, intern als Rüstwagen bezeichnet.

(wird fortgesetzt)

Text: Klausmartin Friedrich

Fotos: Hans Berthold, Thomas Dotzler, Helmut Elstrodt, Klaus Fischer, Klausmartin Friedrich, Helmut Graf, Axel Malczyk, Matthias Molzahn, FF Rieden.

Literatur (u.a.):
Graf, Helmut: Bremer Spezialitäten. In: Last & Kraft, Sonderedition 1/2006 Historische Feuerwehr-Fahrzeuge. Stuttgart, 2006.

Johanßen, Axel: Feuerwehrporträt: Gebrüder Willach, Ruppichteroth. In: ders.: Jahrbuch Feuerwehrfahrzeuge 1996. Brilon, 1995.

Michels, Peter: Borgward Lastwagen & Omnibusse 1945-1961. Brilon, 2007.

 


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