Die Haubenfahrzeuge der Nachkriegszeit

Dienstag, 20. Oktober 2015

Die Haubenfahrzeuge der Nachkriegszeit - Mercedes-Benz Langhauber - Teil 1

Die wuchtigen Lastkraftwagen der Nachkriegszeit mit ihren mehr oder weniger großen Motorhauben sind all denjenigen in Erinnerung geblieben, die sie als Kinder oder Erwachsene im Straßenverkehr erleben durften. Jüngere Jahrgänge kennen sie dagegen häufig nur noch von Oldtimertreffen, aus Museen – und teilweise als betagte Einsatzfahrzeuge der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS). In keiner anderen „Branche“ haben sich diese Fahrzeuge so lange gehalten wie im Blaulicht-Bereich. Wir möchten das zum Anlass nehmen, in loser Folge über diese Hauber zu berichten, natürlich mit der Ausrichtung auf unsere Galerie.

Die wuchtigen Lastkraftwagen der Nachkriegszeit mit ihren mehr oder weniger großen Motorhauben sind all denjenigen in Erinnerung geblieben, die sie als Kinder oder Erwachsene im Straßenverkehr erleben durften. Jüngere Jahrgänge kennen sie dagegen häufig nur noch von Oldtimertreffen, aus Museen – und teilweise als betagte Einsatzfahrzeuge der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS). In keiner anderen „Branche“ haben sich diese Fahrzeuge so lange gehalten wie im Blaulicht-Bereich. Wir möchten das zum Anlass nehmen, in loser Folge über diese Hauber zu berichten, natürlich mit der Ausrichtung auf unsere Galerie. Dass die Feuerwehren dabei sehr breiten Raum einnehmen, liegt in der Natur der Sache: bei ihnen gab es einfach deutlich mehr Fahrzeuge als in den anderen Teilbereichen. Wenn man über die Nachkriegszeit schreibt, kann man die Zeit des 2. Weltkriegs nicht außer Acht lassen. Nur mit Kenntnis eines Teils der Vorgeschichte lässt sich manche Entwicklung verstehen. Darüber hinaus sind viele Kriegsfahrzeuge auch noch lange nach 1945 im Dienst gewesen und haben die Nachkriegszeit geprägt. Sie als Leser werden viele interessante Details kennenlernen. Seien Sie gespannt!

 

Teil 1: Mercedes-Benz Langhauber der leichten Gewichtsklasse bis 1941

Beginnen möchten wir mit der ältesten Lastwagenfabrik der Welt, der Daimler-Benz AG. Bereits sieben Jahre nach Gründung der Daimler-Motoren-Gesellschaft in Cannstatt (heute Stuttgart-Bad Cannstatt) lieferte Gottlieb Daimler seinen ersten LKW aus, lange bevor Daimler 1926 mit Benz & Cie. zu Daimler-Benz fusionierte. Sehr bald wurden auch Feuerwehrfahrzeuge hergestellt.

Die nationalsozialistischen Machthaber bestimmen das Fertigungsprogramm

Gleich nachdem die Nationalsozialisten an die Macht gekommen waren, hatte das spätere Reichsluftfahrtministerium (RLM) damit begonnen, Feuerwehrfahrzeuge für den Luftschutz zu entwickeln und zu erproben. Dies geschah parallel oder besser gesagt in Konkurrenz zu (ein paar Jahre später einsetzenden) Entwicklungen des Reichministers des Inneren (RMdI), dem die kommunalen Feuerwehren unterstanden. Luftschutzfahrzeuge wurden in Luftwaffengrau lackiert, die Fahrzeuge der inzwischen in die Ordnungspolizei eingegliederten Feuerwehren mussten ab 1937 dunkelgrün lackiert werden. Aber nicht nur die Farbe war unterschiedlich, für (fast) gleiche Fahrzeugtypen gab es auch unterschiedliche Bezeichnungen und Ausstattungsvorschriften. Mehrere Änderungen der Organisationsstrukturen und Zuständigkeiten vor und während des Krieges machten die Materie nicht überschaubarer.

In den ersten Jahren des 2. Weltkriegs produzierte die Daimler-Benz AG vor allem drei LKW-Fahrgestelltypen, den leichten L 1500 S (bzw. L 1500 A in der Allradversion), den mittelschweren L 3000 S (bzw. A) und den schweren L 4500 S (bzw. A). Die Zahlen gaben dabei – wie bei vielen Herstellern üblich - jeweils die Nutzlast in Kilogramm an. Alle drei genannten Fahrgestelle wurden in der S-Version auch für Feuerwehrfahrzeuge genutzt. Einige wenige Allrad-Feuerwehrfahrzeuge kamen während des Krieges noch dazu.

 Die angebotenen Fahrgestelle entsprachen den Bestimmungen des Schell-Planes, benannt nach dem „Generalbevollmächtigten für das Kraftfahrwesen“, Oberst von Schell. Hermann Göring hatte im März 1939 die „Verordnung über die Typenbegrenzung in der Kraftfahrzeugindustrie“ erlassen. Auf deren Grundlage legte Schell anschließend seinen Plan vor, der dann zum 1. Januar 1940 in Kraft trat. Für den bevorstehenden bzw. inzwischen begonnenen Krieg wollte man so zu einer deutlichen Typenreduzierung bei Kraftfahrzeugen kommen, um damit eine höhere Produktivität und eine effektivere Ersatzteilwirtschaft zu erreichen.

Die nächste wichtige Regelung für Einsatzfahrzeuge war der Runderlass „Typenbegrenzung im Feuerlöschfahrzeugbau“ des Reichsinnenministers vom 16. Februar 1940. Jetzt durften nur noch die bereits oben erwähnten Nutzlastklassen für kommunale und betriebliche Feuerwehrfahrzeuge verwendet werden; die Bezeichnungen für die verschiedenen Fahrzeugarten usw. wurden festgelegt.

Zeitgleich traten die „Anordnungen über den Bau von Feuerwehrfahrzeugen“ in Kraft, die einheitliche Konstruktionen für alle genormten Fahrzeuge vorschrieben. Egal, welcher Hersteller das Fahrgestell produzierte, alle mussten in den Hauptmaßen identisch sein. Allerdings hatten die Machthaber bereits festgelegt, wer welches Fahrgestell wofür zu produzieren hatte. Der Spielraum war also gering. Auch die Aufbauten der verschiedenen Hersteller mussten sich gleichen. Detaillierte Zeichnungen und Beladelisten ließen keine nennenswerten Abweichungen zu. Im Laufe des Krieges wurden einige „Anordnungen“ der technischen Entwicklung angepasst, andere kamen über das Entwurfsstadium nicht mehr hinaus.

Die drei großen Firmen der Feuerwehrindustrie, nämlich die Klöckner-Humboldt-Deutz AG (als Fahrgestell- und Aufbauhersteller), Metz (als Aufbauhersteller) und eben Daimler-Benz hatten bei der Erarbeitung dieser Richtlinien mitgearbeitet und bereits während des Beratungsprozesses sich auf die Typisierung eingestellt. So konnten sie nun auch relativ schnell entsprechend reagieren. Teilweise hatten sie auch schon vor dem Runderlass sich an den Entwürfen der „Anordnungen“ orientiert.

Mercedes-Benz L 1500 – der kleinste LKW mit dem Stern

Ab 1937 wurde im Werk Stuttgart-Untertürkheim der leichte Lastkraftwagen L 1500 als kleiner Bruder des bereits seit 1932 hergestellten Schnelllastwagens Lo 2000 produziert. Diese Verwandtschaft sah man dem Modell durchaus an, im Vergleich zu Konkurrenzprodukten wirkte er etwa „altbacken“. Der Sechszylinder-Vergasermotor M 143 verfügte über 2.240 cm³ Hubraum und brachte 45 PS Leistung, der Radstand betrug 3.500 mm. Bis zum Modellwechsel im Jahre 1941 entstanden über 6.000 Fahrgestellen, die allermeisten als Pritschen-LKW. Gelegentlich wurden in den ersten Jahren auch noch ungenormte Kraftspritzen ausgeliefert, wie das folgende Bild zeigt. Interessanterweise verfügt die KS nicht über den standardmäßig verbauten Motor, sondern über ein stärkeres Modell.

Kraftspritze KS 8 (später LF 8), Mercedes-Benz L 1500, Aufbau Metz, Baujahr 1938, FF Calbe, heute Landesfeuerwehrmuseum Sachsen-Anhalt, Stendal.

Kraftspritze KS 8 (später LF 8), Mercedes-Benz L 1500, Aufbau Metz, Baujahr 1938,
FF Calbe, heute Landesfeuerwehrmuseum Sachsen-Anhalt, Stendal.


Daneben lieferten Metz und Magirus ungefähr 25 Leichte Drehleitern (LDL, ab Ende April 1943 als DL 17 bezeichnet) aus.

LDL, Mercedes-Benz L 1500, Aufbau Metz, Baujahr des Fahrgestells nicht genau bekannt, Leiterpark von 1942, heute Privatbesitz eines Sammlers in Arnsberg, Traditionsfahrzeug.

 

Das Reichsluftfahrtministerium verwendete für seine Kraftzugspritzen (KzS 8) überwiegend leichte Opel-Blitz-Fahrgestelle, nur vereinzelt wurden auch Mercedes-Benz beschafft. Soweit bekannt, bestellten vor allem Feuerwehren von Kommunen oder Betrieben KzS 8 auf L 1500, offenbar ausschließlich bei Metz. Hier war wie gesagt das Reichsinnenministerium federführend. Alles in allem blieb ihre Anzahl aber – verglichen mit den Opel-Blitz-KzS 8 – sehr gering.

KzS 8, Mercedes-Benz L 1500, Aufbau Metz, Baujahr 1939,

heute Arbeitsgemeinschaft Feuerwehrhistorik Grethen, Traditionsfahrzeug.

Wegen der geringen Nutzlast mussten die Tragkraftspritze (TS) und Teile der Beladung im Einachanhänger mitgeführt werden. Fahrer und Gruppenführer saßen im Führerhaus, die übrigen sieben Gruppenmitglieder im zugigen Aufbau unter einer einfachen Plane. Das war zwar schon über dem Standard der ersten Bauserien des RLM, befriedigte aber dennoch nicht. Aus diesem Grund wurde der Bau von Kraftzugspritzen vom Reichsinnenministerium nicht weiter vorangetrieben.

Stattdessen entschied man sich für das Leichte Löschgruppenfahrzeug (LLG) in vollständig geschlossener Bauweise. Wiederum mussten TS und Zubehör im 900 kg schweren TSA untergebracht werden. Als Leistungsdaten wurden im 4. Gang eine Geschwindigkeit von 65 km/h und eine Steigfähigkeit von 17% im 1. Gang vorgegeben. Die unteren Schübe im hinteren Geräteraum ließen sich entfernen, hier konnte eine Krankentrage eingeschoben werden. Das Kopfteil ragte dann in den Fußraum zwischen die in Längsrichtung paarweise angeordneten Sitze der hinteren Mannschaftssitzbank.

 Von Ende 1939 bis Mitte 1941 entstanden etwa 200 dieser Fahrzeuge bei verschiedenen Aufbauherstellern. Allerdings machten sich sehr schnell der relativ lange Radstand und der schwache Motor negativ bemerkbar. Am Radstand ließ sich so schnell nichts ändern, ab 1940 erhielten die LLG aber den stärkeren Vergasermotor M 159 mit nun 60 PS und 2.594 cm³ Hubraum. Damit waren die Fahrzeuge mit ihrem zul. Gesamtgewicht von 3.660 kg endlich ausreichend motorisiert.

LLG, Mercedes-Benz L 1500, Aufbau Flader (Jöhstadt), Baujahr des Fahrgestells 1940, Erstzulassung 24.10.1941, Freiwillige Feuerwehr Isernhagen NB, seit 1982 Traditionsfahrzeug.

LLG, Mercedes-Benz L 1500, Aufbau Flader (Jöhstadt), Baujahr des Fahrgestells 1940, Erstzulassung 24.10.1941, Freiwillige Feuerwehr Isernhagen NB, seit 1982 Traditionsfahrzeug.

LLG, Mercedes-Benz L 1500, Aufbau Koebe (Luckenwalde), Baujahr 1940, unter anderem bei den Freiwilligen Feuerwehren Gröningen (1952-62) und Dalldorf (1962-78) stationiert gewesen, restauriert 1993 bis 1996 und erhalten bei der heutigen Mercedes-Benz Ludwigsfelde GmbH.

LLG, Mercedes-Benz L 1500, Aufbau Koebe (Luckenwalde), Baujahr 1940, unter anderem bei den Freiwilligen Feuerwehren Gröningen (1952-62) und Dalldorf (1962-78) stationiert gewesen, restauriert 1993 bis 1996 und erhalten bei der heutigen Mercedes-Benz Ludwigsfelde GmbH.

(wird fortgesetzt)

 

Text: Klausmartin Friedrich

Fotos: Christopher Benkert, Klausmartin Friedrich, Frank-Hartmut Jäger

Literatur (u.a.):

Fischer, Klaus: Löschgruppenfahrzeuge LF 8; Berlin, 2003;

Oswald, Werner; Gihl, Manfred: Fahrzeuge der Feuerwehr und des Rettungsdienstes; Stuttgart, 1992


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