In den nur drei Produktionsjahren lieferte das Werk in Stuttgart-Untertürkheim 4.090 Fahrgestelle mit Straßenantrieb, die größtenteils zu Feuerwehrfahrzeugen ausgebaut wurden. Der zweite Großkunde war die Wehrmacht, dorthin gingen auch die etwa 4.900 Allrad-Fahrzeuge L 1500 A. Erneut produzierte Metz wieder ca. 25 Leichte Drehleitern (LDL, später DL 17) auf dem L 1500 S. Mindestens vier davon sind heute noch in Deutschland und Österreich vorhanden.
DL 17, Mercedes-Benz L 1500 S, Aufbau Metz, Baujahr 1943, geliefert an die Hannoversche Provinzial-Feuerwehrschule Celle, nach Kriegsende für einige Jahre als Reparationsleistung in London, Rückgabe an die Nieders. Landesfeuerwehrschule Celle, später abgegeben an die Landesfeuerwehrschule Loy.
Vor allem entstand aber auf dem Mercedes-Benz L 1500 S die größte Serie baugleicher Feuerwehrfahrzeuge, die jemals in Deutschland produziert wurde: das Leichte Löschgruppenfahrzeug (LLG) in der an den kürzeren Radstand angepassten Form. Ab 30. April 1943 wurde es in LF 8 umbenannt. In der Literatur ist von etwa 3.650 Fahrzeugen die Rede, die bis zur Produktionseinstellung im Sommer 1944 gefertigt wurden. 2.660 davon erhielten ihren Aufbau direkt bei Daimler-Benz, allerdings im Werk Sindelfingen. Die übrigen Karosserien entstanden bei verschiedenen Herstellern im damaligen Deutschen Reich einschließlich Österreich. Durch die „Reichsstelle für Typenprüfung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeugteilen“ dafür zugelassen wurden am 10.10.1941 neben Daimler-Benz: Fischer (Görlitz), Flader (Jöhstadt), Hoenig (Köln-Nippes), Koebe (Luckenwalde), Nowack (Bautzen), Rosenbauer (Linz und Wien), Stoewer (Stettin) und die Feuerwehrwerke Ostpreußen in Metgethen. Welche dieser Firmen wie viele Aufbauten produziert hat, ist nicht feststellbar. Bis heute erhalten geblieben sind LLG von Daimler-Benz, Flader, Koebe, Nowack, Rosenbauer und Stoewer.
LLG, Mercedes-Benz L 1500 S, Aufbau Daimler-Benz, Werk Sindelfingen, Baujahr 1943, FF Borgstede-Winkelsheide, restauriert im Farbton „Dunkelgrün-glänzend“ (RAL 840 B2) der Ordnungspolizei. Der mitgeführte TSA wurde 1943 von der Firma Metz geliefert und 1943 erstmals zugelassen.
Wann immer man sich mit (ehemaligen) Maschinisten dieser LLG unterhält, stets sind sie voll des Lobes über die hervorragenden Fahreigenschaften, die Spurtkraft (verglichen natürlich mit anderen alten LKW) und die relativ hohe Endgeschwindigkeit, die deutlich über den angegebenen 75 km/h lag. Nebenbei war das LLG auch noch eines der formschönsten und optisch ausgewogensten Feuerwehrfahrzeuge aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts. Größter Nachteil war die Tatsache, dass aufgrund der geringen Nutzlast von 1.500 kg die Tragkraftspritze (TS) mit Zubehör im Tragkraftspritzenanhänger (TSA) mitgeführt werden musste. Das machte vor allem das Rangieren und Fahren auf unbefestigten Wegen schwierig, das zusätzliche Gewicht des TSA war für das gut motorisierte Zugfahrzeug das geringere Problem. Umgekehrt hatten die Freiwilligen Feuerwehren aber jetzt die Möglichkeit, einen bereits vorhandenen TSA oder eine Lafettenspritze mit einem leistungsfähigen Zugfahrzeug zu versehen. Den Kauf eines TSA (bzw. die Beantragung eines Bezugsscheines dafür) konnte man sich dann sparen. Es kam in den Kriegsjahren somit häufiger vor, dass das LLG jünger als der TSA war. Überhaupt war es auch sonst nicht die Regel, das LLG und TSA gleichzeitig ausgeliefert wurden. Obwohl es angestrebt wurde, waren Zeitverschiebungen nicht zu vermeiden, da der TSA meistens nicht vom LLG-Aufbauhersteller, sondern von einem anderen Produzenten aufgebaut wurde. Daher lässt sich heute auch in den meisten Fällen nicht mehr sagen, welcher TSA originär zu welchem Fahrzeug gehörte.
LLG, Mercedes-Benz L 1500 S, Aufbau Daimler-Benz, Werk Sindelfingen, Baujahr 1941, ursprünglich bei FF Groß Auheim, nach mehreren Zwischenstationen jetzt restauriertes Oldtimerfahrzeug der OF Hohenkirchen. Die Lackierung in Dunkelgrau-matt (RAL 46) war allerdings erst ab 1942 üblich.
LLG, Mercedes-Benz L 1500 S, Aufbau Daimler-Benz, Werk Sindelfingen, Baujahr 1943, „entfeinerte Bauweise“ zur Materialersparnis, u.a. fehlten ab sofort die hinteren Kotflügel, die Kennleuchten auf dem Dach, der 2. Scheibenwischer usw. Die Lackierung (nur noch Grundierung) erfolgte in Dunkelgelb (RAL 7028). Die Laufbahn des LLG ist unbekannt, jetzt gehört es der Zeitzer Interessengemeinschaft der Freunde hist. Fahrzeuge und Technik e.V. Der hier mitgeführte Anhänger ist kein TSA, sondern ein Sirenenanhänger des Luftschutzhilfsdienstes (LSHD) der 1950er und 1960er Jahre.
Gegen Kriegsende wurden zahlreiche Feuerwehrfahrzeuge auch zur Flucht vor der Roten Armee genutzt und landeten auf diese Weise vor allem in Schleswig-Holstein, wo dann der Sprit ausging und die Fahrzeuge verlassen wurden. Manch Landwirt erkannte die Chance, spannte nachts Pferde vor das herrenlose Beutestück und „sicherte“ es in einer Feldscheune hinter Stroh. Als dann die Verhältnisse allmählich wieder geordneter waren, wurde den Behörden gegenüber das Fahrzeug als das der eigenen Feuerwehr deklariert – und keiner stellte zu viele Fragen. Nur so ist die unverhältnismäßig große Zahl von ehemaligen LLG im nördlichsten Bundesland in der Nachkriegszeit zu erklären. Etwas mehr als 1.000 der vor allem für Freiwillige Feuerwehren gedachten LLG haben den zweiten Weltkrieg überlebt und dienten noch Jahrzehnte lang als Einsatzfahrzeuge ländlicher Feuerwehren. Fast immer wurden sie so schnell wie möglich rot lackiert, um die Erinnerungen an unrühmliche Zeiten zu verdrängen. Die letzten LLG wurden erst um die Jahrtausendwende – also nach fast 60 Jahren – von den Enkeln ihrer ursprünglichen Besatzungen ausgemustert. Auch heute noch gibt es in Deutschland und Österreich mehr als 100 dieser hervorragend konstruierten Fahrzeuge, die aus eigener Kraft zu Oldtimertreffen und Jubiläen fahren. Man kann es nicht verhehlen, hier war den Konstrukteuren der Daimler-Benz AG ein großer Wurf gelungen.
LLG, Mercedes-Benz L 1500 S, Aufbau Daimler-Benz, Werk Sindelfingen, Baujahr 1943, Einsatzfahrzeug der FF Wotersen von 1943 bis 1987, seit 1989 Oldtimerfahrzeug der FF Büchen, die u.a. aus dem Löschzug Pötrau hervorging. Der TSA des Baujahres 1943 stammt von Rosenbauer.
60 Jahre nach ihrer Auslieferung treffen sich zwei LLG des Baujahres 1941 am Elbufer in Meißen. Links das bereits gezeigte Fahrzeug aus Hohenkirchen, rechts das rubinrote Traditionsfahrzeug der FF Oelsa. Sehr gut ist der Unterschied zwischen der Daimler-Benz-Bauweise mit abgerundeter Frontscheibe (links) und dem Koebe-Aufbau mit gerader Scheibenober- und Unterkante zu sehen.
LLG, Mercedes-Benz L 1500 S, Aufbau Flader (Jöhstadt), Baujahr 1942, Indienststellung bei der FF Bordesholm, 1974 an FF Schönhorst, als Oldtimerfahrzeug dort erhalten. Aufnahme von 1983.
LLG, Mercedes-Benz L 1500 S, Aufbau Nowack (Bautzen), Baujahr 1941, im Einsatz bei der FF Quickborn von 1942 bis 1976, heute dort Museumsfahrzeug. Die Verchromung des Kühlers erfolgte bei einer Aufarbeitung in den 1980er Jahren.
LLG, Mercedes-Benz L 1500 S, Aufbau Stoewer (Stettin), Baujahr 1941, seit 1964 bei der FF Oberheinsdorf im Vogtland, heute Traditionsfahrzeug.
Der Transport der Tragkraftspritze im Anhänger war wie gesagt nicht unproblematisch. Daher bauten einige Feuerwehren ihre ehem. LLG leicht um und verlegten die TS in den heckseitigen Geräteraum, die Saugschläuche kamen auf die Trittbretter. Möglich war das nur durch eine „Abspeckung“ bei der übrigen Beladung oder bei konstanter Überschreitung des zulässigen Gesamtgewichtes. Eine Anzahl Freiwilliger Feuerwehren hat ab den 1950er Jahren ihre Fahrzeuge zusätzlich mit einer Vorbaupumpe ausgestattet. Damit bekamen sie einen höheren Einsatzwert und entsprachen weitgehend den inzwischen genormten LF 8-TSA. Gelöst werden mussten dabei eine Reihe von Problemen. Neben einem neuen Kühler mit Tunnel für die Antriebswelle musste Rücksicht auf den gummigelagerten Motor genommen werden, dessen Schwingungen nun auf eine fest montierte Pumpe übertragen wurden. In wieweit hier die maximale Vorderachslast oder das zulässige Gesamtgewicht überschritten wurden, müsste sicher in jedem Einzelfall überprüft werden. Die etwas leichteren, moderneren Vorbaupumpen im Vergleich zu den Pumpen der Kriegszeit kamen sicherlich den Wehren entgegen.
LLG, Mercedes-Benz L 1500 S, Aufbau Daimler-Benz, Baujahr 1941, Vorbaupumpe (Metz) nachgerüstet, 1941 bis 1945 Marine Rostock, als „Beutefahrzeug“ nach 1945 zur FF Malente-Gremsmühlen, dort Metz-Vorbaupumpe nachgerüstet, ab 1974 bei FF Malkwitz-Söhren, 1978 - 1983 MTW der JF Malente-Gremsmühlen, danach wechselnde Eigentümer, Vorbaupumpe inzwischen entfernt, wird aktuell restauriert.
LLG, Mercedes-Benz L 1500 S, Aufbau Nowack, (Bautzen), Baujahr 1942, Vorbaupumpe (Metz) 1958 nachgerüstet, zuletzt Ortsfeuerwehr Anderlingen der FF Samtgemeinde Selsingen, seit 1991 Feuerwehrmuseum Zeven.
LLG, Mercedes-Benz L 1500 S, Aufbau Rosenbauer (Linz), Baujahr 1943, Lackierung in Dunkelgrau matt (RAL 46), Vorbaupumpe Rosenbauer FP 12/8 nachgerüstet 1951, FF Mauterndorf (Österreich).
Aufgrund der großen Zahl und vor allem der robusten Technik wegen wurde manches LLG am Ende seiner Dienstzeit noch für andere Zwecke verwendet. Bekannt ist beispielsweise die Nutzung als GW-Wasserrettung, Einsatzleit- oder Funkkommandowagen sowie als Mannschaftstransportwagen. Die FF Bad Bramstedt trennte sogar 1967 den Aufbau an den Türen zum Mannschaftsraum ab, konstruierte eine neue Führerhausrückwand und setzte eine Bachert-Anhängeleiter von 1964 auf die Hinterachse. Bis zum Jahre 2000 blieb dieses Unikat im Dienst und steht heute im Feuerwehrmuseum Schleswig-Holstein in Norderstedt.
DL 18, Fahrgestell ex LLG, Mercedes-Benz L 1500 S, Aufbau Daimler-Benz, Baujahr 1943, Umbau 1967 durch Aufsetzen einer Anhängeleiter AL 18 (Bachert, Bj. 1964), FF Bad Bramstedt.
Das ehemalige LLG der FF Süsel fuhr ab etwa 1978 in gewöhnungsbedürftigem Leuchtrot (RAL 3024) und mit Zusatzscheinwerfern durch die Gegend. Durch die nahe vorbeiführende Autobahn A1 sah man sich genötigt, einen Gerätewagen vorzuhalten. Dazu hatte man das LLG auserkoren und es entsprechend „aufgemotzt“. Glücklicherweise wurde ein Großteil dieser in Oldtimerkreisen als Schandtaten empfundenen Umbauten zu Anfang der 1990er Jahre wieder rückgängig gemacht.
Gerätewagen, ex LLG, Mercedes-Benz L 1500 S, Aufbau Nowack, Baujahr 1942, Zustand 1983 mit Lackierung in Leuchtrot, FF Süsel.
Nicht unerwähnt bleiben sollen zwei Exoten, die nach dem Krieg ihren Weg zur Feuerwehr fanden. Bereits erwähnt wurden die L 1500 A, die für die Wehrmacht geliefert wurden. Zwei davon sind bis heute erhalten. Kurz vor der bedingungslosen Kapitulation im Mai 1945 flüchteten SS-Einheiten vom Führerhauptquartier auf dem Obersalzberg aus mit einem Mannschaftswagen, der vermutlich wegen Benzinmangel in Piding liegen blieb. Wieder waren es Feuerwehrmänner, die das Fahrzeug „sicherstellten“ und es ein Jahr später als Feuerwehrfahrzeug anmelden ließen. 1956 wurde eine Metz-Vorbaupumpe montiert, so dass ein LF 8 entstand. Erst 1960 erfolgte eine Lackierung in Rot, das ehemalige Faltverdeck wurde durch eine Plane ersetzt. Nach einer Zwischenstation bei der WF Schowanek im benachbarten Teisendorf kam das LF 8 wieder zurück nach Piding.
LF 8, Mercedes-Benz L 1500 A, Eigenumbau, Baujahr 1941, ex Wehrmacht, Vorbaupumpe Metz 1956 nachgerüstet, FF Piding.
Die FF Baden-Stadt in Österreich besaß ein LF-TS 8 auf dem Allradfahrgestell, eine Kombination, die es „eigentlich“ gar nicht geben dürfte. Wahrscheinlich ist es auch erst nach Kriegende entstanden, als ein ehemaliger Mannschaftswagen der Wehrmacht entsprechend umgebaut wurde. Dabei haben sich die unbekannten Karosseriebauer offenbar an den Zeichnungen für ein LLG orientiert, da die Maße übereinstimmen. Die unten leicht gewölbte Frontscheibe könnte zu einem Steyr 380 aus den 1950er Jahren passen, die abgerundeten Seitenfenster finden sich auch bei Rosenbauer-Aufbauten dieser Zeit. Heute steht das Fahrzeug bei einem Sammler im Raum Aachen.
LF-TS 8, Mercedes-Benz L 1500 A, Baujahr 1942, ex Mannschaftswagen der Wehrmacht, Nachkriegsumbau in LLG-Bauform, zuletzt FF Baden-Stadt (Österreich), jetzt Privatbesitz. Gut sichtbar ist das für Allradfahrzeuge typische Verteilergetriebe der Vorderachse.
(wird fortgesetzt)
Text: Klausmartin Friedrich
Bilder: Christopher Benkert, Thomas Dotzler, Klausmartin Friedrich, Frank-Hartmut Jäger, Carsten Michalski, Olaf Wilke
Literatur (u.a.):
Fischer, Klaus: Löschgruppenfahrzeuge LF 8; Berlin, 2003;
Oswald, Werner; Gihl, Manfred: Fahrzeuge der Feuerwehr und des Rettungsdienstes; Stuttgart, 1992