Green Goddess - Löschfahrzeuge des Zivilschutzes in England

Freitag, 27. Februar 2015

Green Goddess - Löschfahrzeuge des Zivilschutzes in England

Unser User Holger de Vries und unser Admin Heiner Lahmann werfen in diesem Beitrag einen Blick über den Tellerrand und beschäftigen sich mit einem Fahrzeugtyp, der über Jahrzehnte hinweg in Großbritannien im Einsatz war.

Green Goddess, also Grüne Göttin, ist der Kosename für den offiziell als Self Propelled Pump (SPP) bezeichneten Fahrzeugtyp, von dem zwischen 1953 und 1956 knapp 3.100 Fahrzeuge gebaut wurden. Etwa 1.300 davon wurden auf Bedford SHZ 4x2 Chassis und etwa 1.800 auf Bedford RLHZ 4x4 Chassis gebaut, den Aufbau übernahmen insgesamt 12 verschiedene Hersteller.

Die Fahrzeuge wurden übrigens nicht nur für den Auxiliary Fire Service (AFS), sondern auch für den Eigenbedarf von British Army und Royal Air Force beschafft.

Der AFS, vergleichbar mit den Brandschutzeinheiten des LSHD, wurde nach Auflösung des 1941 entstandenen National Fire Service (NFS) am 01. April 1948 als Teil der Zivilverteidigung Großbritanniens wieder aufgestellt, um im Katastrophenfall bzw. nach einem atomaren Angriff aktiv zu werden. Bis zu seiner Auflösung 1968 nutzte der AFS die „Green Goddess“ intensiv zur Unterstützung örtlicher Feuerwehren im ganzen Land. Sie stellten die Wasserversorgung sicher und dienten auch als Löschfahrzeuge, wenn die örtlichen Feuerwehren bei Großbränden eingesetzt waren. Ihre Fähigkeit, große Wassermengen über längere Strecken heranzuschaffen war insbesondere in entlegenen Gebieten von unschätzbarem Wert. In den meisten Städten Großbritanniens lag das AFS-Quartier direkt neben dem der örtlichen Feuerwehr, was die „übergreifende“ Nutzung erleichterte.

Diese Löschfahrzeuge wurden im etwas sperrigen Verwaltungsjargon als "Self Propelled Pump", also wörtlich als "selbstfahrende Pumpe“ bezeichnet (in England heißt ein LF auch heute noch schlicht „Pump“, mit Schiebleiter „Pump Ladder“). Die Fahrzeuge waren üblicherweise mit einem Offizier, einem Maschinisten und 4 Feuerwehrleuten besetzt.

Als Hauptaufgabe war das Pumpen großer Mengen von Wasser über zum Teil lange Wegstrecken aus offenen Gewässern wie Seen, Flüssen, Kanälen usw. in Städte, die von einem Nuklearschlag getroffen worden sind, vorgesehen. Die Fahrzeuge konnten auch als Relaisstationen zum Pumpen von Wasser über viele Kilometer genutzt werden, wobei sie in regelmäßigen Abständen zur Druckerhöhung eingesetzt worden wären. Die Bekämpfung von Bränden wäre also im Einsatzfall eher eine Nebenaufgabe geworden.

Der Prototyp und die ersten Serien der „Green Goddess“ wurden 1952 noch auf einem Straßenfahrgestell „SHZ“ der Fa. Bedford und mit einer in den Aufbau integrierten Staffelkabine mit Flügeltüren gefertigt. Das Grundgestell des Führerhauses und des Aufbaues besteht aus Holz. Die Fahrzeuge erreichten eine Höchstgeschwindigkeit von 105 km/h und eine Dauergeschwindigkeit von 72 km/h und hatten keine Servolenkung. Der Kraftstoffverbrauch des benzingetriebenen Fahrzeuges lag zwischen 28 und 35 Litern auf 100 km.

Die spätere Serienausführung auf Bedford „R“-Fahrgestell erfolgte ab 1954 unter grundsätzlicher Beibehaltung der Aufbaugestaltung mit Klapptüren und war auf Allrad-Fahrgestellen mit Singlebereifung aufgebaut. Wenngleich die Fahrzeuge in dunkelgrün lackiert waren, waren sie keine Armeefahrzeuge, wurden aber von Soldaten während der Feuerwehrstreiks 1977, 1995 und 2002 besetzt. Rote reflektierende „Bauchbinden“ wurden erst nach Auflösung des AFS angebracht. Als „Sondersignalanlage“ gab es ursprünglich nur ein rotes Springlicht über der Windschutzscheibe und eine Glocke. Diese wurde - ebenfalls nach Auflösung des AFS - durch eine Zweitonfanfare ersetzt, weiter wurde eine blaue Rundumkennleuchte nachgerüstet. Für den Einsatz in Nordirland gab es Fahrzeuge in gelber statt in dunkelgrüner Lackierung (zur deutlichen Unterscheidung von Polizeifahrzeugen) und mit Schutzgittern vor den Scheiben.

Die Ausstattung der Green Goddess war eher spartanisch, dafür aber standardisiert:

Als Feuerlöschkreiselpumpe diente die Pumpe vom Typ Sigmund F.N.4, später F.N.5 aus „gunmetal“, sprich: Messing. Sie leistete einen Durchfluss von 2.700 L/min bei 8 bar. Der Saugeingang war sechszöllig, wenn das Wasser über Druckschlauchleitungen zugeführt wurde, dann über ein Sammelstück, das üblicherweise immer angekuppelt war.

Zusätzlich zur Sigmund-FP als Heckpumpe führte die Green Goddess auf der linken Fahrzeugseite eine Tragkraftspritze vom Typ „Godiva Leightweight Portable Fire Pump F.W.P. (für „Featherweight Pump“) 250-350 GPM der Fa. „Coventry Climax Ltd.“ mit. Diese war angetrieben von einem wassergekühlten 4-Zylinder-Benzinmotor aus Aluminium mit 1.022 ccm Hubraum und leistete 1.100 L/min Volumenstrom bei 8 bar Druck und 3 m geodätischer Saughöhe. Betriebsbereit wog die Godiva 159 kg (350 lbs). Sie kommt nicht ganz an die Wasserförderleistung bzw. Garantiepunkte einer TS 8/8 heran.

Das Antriebsaggregat dieser TS diente in den Folgejahren als „Keimzelle“ zur Entwicklung von Formel-1-Motoren mit Siegen in den Jahren 1959, 1960, 1963 und 1965 mit den Teams „Lotus“ bzw. „Cooper“. Coventry Climax wurde 1963 von Jaguar übernommen, damit ist diese Marke untergegangen. Der Pumpenteil stammte von der Fa. Godiva, die heute Bestandteil der IDEX-Hale-Firmengruppe ist und weiterhin in Warwickshire/UK Pumpen fertigt.

Löschwasser konnte entweder über vier 2,5-zöllige Druckabgangsstutzen oder über einen sechszölligen Druckabgangsstutzen (ggfs. mit angekuppeltem Rohrbogen) zur Wasserförderung über lange Wegstrecke abgegeben werden. In ebenem Gelände war alle 700 m (0,5 Landmeile) eine weitere Green Goddess als Verstärkerpumpe erforderlich. Die Sechszolleitung bestand entweder aus Schnellkuppelrohren oder aus Flachschläuchen, die auf den „Pipe Carrier“ bzw. dem „Hose Layer“ (SW 1300) mitgeführt wurden, beides Prischenfahrzeuge auf Bedford- bzw. Commer-Fahrgestell. Des Weiteren war an jeder Fahrzeugseite jeweils eine Schnellangriffseinrichtung mit einzölligem formstabilem Schlauch mit einer Länge von 55 m offen in Aufbaunischen eingebaut.

Zur weiteren Beladung gehörten eine zweiteilige Schiebleiter mit 10,6 m (35 ft) Länge, jedoch keinerlei Atemschutzgeräte. Ansonsten war die feuerlöschtechnische Beladung eher bescheiden und mit der eines LF 8 „alter Bauart“ zu vergleichen. Die Serienversion verfügte z.B. nur über 16 Stück 2-¾-Zoll (70 mm) Schläuche mit einer Länge von jeweils 25 m (75 ft), während z.B. deutsche LF 16-TS mit 30 B-Schläuchen à 20 m Länge bestückt waren.

Ab 1968 wurden die Fahrzeuge eingemottet, aber gelegentlich noch von den britischen Streitkräften genutzt um z.B. den Brandschutz während der Streiks der britischen Berufsfeuerwehrleute (insbesondere 1977 und 2002 / 2003) zu gewährleisten. Auch zum Abpumpen von Wasser bei Überflutungen wurden sie regelmäßig eingesetzt.

Ab März 2004 wurden die verbleibenden 900 Fahrzeuge verkauft, die meisten Fahrzeuge gingen an Feuerwehren in Entwicklungsländern, hauptsächlich in Afrika. Ein im Jahr 2004 erlassenes Gesetz ermöglicht es der britischen Regierung nun den Einsatz ziviler Feuerwehr- und Rettungsfahrzeuge in nationalen Katastrophenfällen anzuordnen. Neue Katastrophenschutzeinheiten wurden nach den Terrorangriffen vom 11. September 2001 gebildet, die u.a. die Möglichkeit des Transportes großer Mengen Wassers über lange Strecken haben. Über diese Fahrzeuge aus der sogenannten „New Dimension Fleet“ werden wir demnächst berichten.

Technische Daten Allradversion:

  • Fahrgestell: Bedford RLHZ 4x4
  • Motorleistung: 81 kW / 110 bhp bei 3.000 1/min (6-Zylinder Benzin)
  • Hubraum: 4.930 cm³
  • Höchstgeschwindigkeit: 105 km/h
  • Dauergeschwindigkeit: 72 km/h
  • Zulässiges Gesamtgewicht: 8.165 kg
  • Länge: 7.010 mm
  • Breite: 2.230 mm
  • Höhe: 3.350 mm
  • Radstand: 3.962 mm

Aufbauhersteller:

  • Park Royal
  • Longwell Green
  • Harringtons
  • Hoskins
  • Jennings
  • Plaxton
  • Papworth Industries
  • Strachan
  • Willowbrook
  • Whitson
  • Windover
  • Weymann

Text: Holger de Vries
Fotos: Holger de Vries, Heiner Lahmann


Einsatzfahrzeuge


News