In der ersten Hälfte der 1930er Jahre hatten sich die „Hansa-Lloyd und Goliath-Werke Borgward und Tecklenburg OHG“ einen guten Ruf erworben. Die Kundschaft schätzte die Bremer LKW genauso wie die dreirädrigen Goliath-Transporter, der erste vierrädrige Personenwagen „Hansa 500“ erwies sich dagegen 1934 als Flop.
Woran es immer wieder fehlte, war Kapital, um zu expandieren oder neue Produkte auf den Markt zu bringen. 1936 war das Hastedter Werk an seiner Kapazitätsgrenze angekommen. Daher wollte die Firma das bereits 1918 durch die Hansa-Lloyd AG erworbene großes Gelände in Bremen-Sebaldsbrück intensiver nutzen. Hier sollten nach Borgwards Willen jetzt moderne Hallen errichtet werden, was erneut finanziert werden musste. Die Banken hatten Bedenken, und Tecklenburg fürchtete schlicht um sein Vermögen. Als Lösung wurde eine Aktiengesellschaft gegründet, in die Borgward und Tecklenburg ihre Anteile einbrachten, dazu kamen die Einlagen von vier weiteren Bremer Kaufleuten. Der Name lautete „Hansa-Lloyd-Goliath Werke AG.“
Was als wirtschaftlich sinnvolle Lösung erschien, gefiel Borgward aber schon sehr schnell überhaupt nicht. Er musste Rücksicht auf seine Kapitalgeber nehmen und fühlte sich dadurch in seinem Tatendrang gehemmt, denn er wollte weiter expandieren. Vor allem Tecklenburg, der die Firma stets von der wirtschaftlichen Seite her betrachtete, wurde zunehmend nervös und drängte eher auf Konsolidierung.
Wegen dieses Interessenkonfliktes wurde die Aktiengesellschaft 1937 wieder aufgelöst und die Anteilseigner ausbezahlt. Tecklenburg, der 1925 mit 10.000 Reichsmark eingestiegen war, bekam stolze 4,4 Mio. Reichsmark als Abfindung. Ab sofort war Borgward Alleininhaber der „Carl F.W. Borgward Automobil- und Motorenwerke“, der größten deutschen Automobilfabrik in einer Hand.
Das Werk Sebaldsbrück wurde nun zügig aufgebaut, in ihm sollten vor allem PKW hergestellt werden. Die LKW-Produktion verblieb in Bremen-Hastedt. Etwas verwirrend sind zuweilen die Angaben zu diesem älteren Produktionsstandort, die immer mal wieder von „Hemelingen“ sprechen. Des Rätsels Lösung ist sehr simpel: 1939 wurde Hastedt ein Ortsteil von Hemelingen. Beide Ortsangaben bezeichnen also immer dasselbe Werk.
Als kleinster LKW wurde seit 1934 der „Hansa-Lloyd Express“ mit einer Nutzlast von einer Tonne produziert. Sein zulässiges Gesamtgewicht lag etwas oberhalb von 2 t, der Vergasermotor leistete 27 PS. Diesen Fahrgestelltyp nutzte die Firma Metz 1936/37 für den Bau von drei Kraftfahrspritzen KS 8, die von der Deutschen Reichsbahn für die Bahnfeuerwehren in Hannover, Opladen und Oldenburg in Auftrag gegeben worden waren. Die Fahrzeuge waren in halboffener Ausführung hergestellt worden, eine Tragkraftspritze (TS 8/8) und weitere Löschgeräte wurden im Freien gelagert. Die Besatzung bestand aus vier Mann. Soweit bekannt waren mindestens die Hannoveraner und die Oldenburger Kraftfahrspritze „Geschenke“ zum jeweiligen 50jährigen Jubiläum der Bahnfeuerwehren.
Das Fahrzeug des Bahnausbesserungswerkes Oldenburg blieb bis 1972 im Dienst, danach verlor sich zunächst seine Spur. Irgendwie muss die KS 8 aber in ein privates Borgward-Museum in Neuwied gekommen sein. Dort wurde sie vom „Verein der Freunde und Förderer der historischen Feuerwehrtechnik der Freiwilligen Feuerwehr Kirchheim unter Teck e.V.“, kurz VFH, als Wrack entdeckt und 1992 erworben. In dreijähriger Arbeit (vgl. http://www.feuerwehrmuseum-kirchheim.de/technik/hansa-lloyd/ ) wurde die Kraftspritze restauriert und kann seit Ende 1995 auf Oldtimertreffen präsentiert werden. Unserem User Herbert Breuer gelangen bei derartigen Events die folgenden Fotos – herzlichen Dank für die Veröffentlichungserlaubnis.
KS 8, Hansa-Lloyd Express, Metz, Baujahr 1937, geliefert an das Reichsbahn-Ausbesserungswerk Oldenburg i.O., nach dessen Umbenennung zum Bundesbahn-Ausbesserungswerk noch bis 1972 im Dienst. 1992 von den Aktivisten des Feuerwehrmuseums Kirchheim unter Teck erworben und restauriert.
Aus der Literatur ist eine Kraftzugspritze KzS 8 der Feuerwehr Bremen auf Hansa-Lloyd Express bekannt. Ob es sich lediglich um ein Versuchsfahrzeug handelte, ist nicht überliefert. Üblicherweise wurden diese Fahrzeuge auf Opel Blitz 1,0 t, später 1,5 t und Mercedes-Benz L 1500 produziert.
Neben der bereits in der letzten Folge dieser Artikelserie vorgestellten Baureihe „Europa“ hatte das Bremer Unternehmen auch die etwas leichtere Variante „Bremen“ im Angebot. Ab 1930 wurde der SL 1,5 „Bremen I“ hergestellt, also ein Schnelllastwagen mit 1,5 t Nutzlast, daneben der „Bremen II“ mit (vermutlich) 2 t Ladefähigkeit. Im Jahre 1932 wurden beide durch den „Bremen III“ abgelöst, der jetzt als Zweitonner geführt wurde und wahlweise als „Bremen III D“ mit einem 45 PS starken Vierzylinder-Dieselmotor oder als „Bremen III B“ mit einem Vergasermotor (4 Zylinder, 50 PS) geliefert werden konnte.
1936 schließlich erschien der „Bremen IV“. Er wurde sowohl als Zweitonner als auch als Zweieinhalbtonner hergestellt und verfügte grundsätzlich über einen Sechszylinder-Motor. In der Dieselversion leistete er 55 PS aus 3.584 cm³, der Vergasermotor mit 3.485 cm³ Hubraum erreichte maximal 70 PS bei 3.200 U/min. Als „Dauerleistung“ gaben die Verkaufsunterlagen 60 PS bei 2.500 U/min an. Welchen Wert soll man jetzt zugrunde legen? Üblich ist der zweite Wert.
Ein solche Fahrgestell vom Typ Hansa Lloyd Bremen IV beschaffte die FF Lößnitz im sächsischen Erzgebirgskreis zum Bau ihrer KS 15. Den Aufbau fertigte die Firma Flader im nahegelegenen Jöhstadt. Die Kraftspritze wurde 1937 in Dienst gestellt und entsprach in ihrer Raumaufteilung weitgehend den vom Reichinnenministerium entwickelten „Einheitskraftspritzen“. Bis 1974 wurde die KS 15 in Lößnitz eingesetzt, nach der Außerdienststellung konnte sie zum Glück erhalten werden. Inzwischen wurde sie sorgsam restauriert und ist als Traditionsfahrzeug weiterhin bei der FF Lößnitz vorhanden. (siehe auch Titelbild dieses Artikels)
KS 15, Hansa-Lloyd Bremen IV, Flader, Baujahr 1937, geliefert an die FF Lößnitz, ausgemustert 1974, seitdem in der Feuerwehr als Traditionsfahrzeug erhalten. Auffällig ist der sehr lange Radstand. ASZ ist das KFZ-Kennzeichen des ehemaligen Landkreises Aue-Schwarzenberg.
Im Feuerwehrbereich sehr viel berühmter geworden ist der Fahrgestelltyp „Bremen IV“ aber auf andere Art und Weise. Dazu muss etwas ausgeholt werden.
Die Geschichte begann 1934. Die „Humboldt-Deutzmotoren AG“ in Köln produzierte leistungsfähige Dieselmotoren, die in Lokomotiven und Schiffe, aber auch in verschiedene Lastkraftwagen anderer Hersteller eingebaut wurden. Was fehlte, war eine eigene LKW-Produktion, um einen direkten Zugang zu den Kunden zu bekommen. Der Vorstand wollte nicht auf eine eigene Fahrgestellentwicklung warten, sondern versuchte andere Firmen zu übernehmen.
Eine davon war die LKW-Sparte der Hansa-Lloyd- und Goliath-Werke in Bremen. Verhandlungspartner dort waren Tecklenburg und Borgward, und vor allem dieser stellte extrem hohe Forderungen für den Verkauf – zu hohe für das Kölner Unternehmen. Man wurde in diesem Punkt nicht handelseinig. Die Humboldt-Deutzmotoren AG suchte weiter und schloss 1935 mit der in finanziellen Schwierigkeiten befindlichen C. D. Magirus AG in Ulm einen Interessenvertrag, der 1936 in der Fusion beider Unternehmen seinen Abschluss fand.
Das war aber keineswegs das Ende der Beziehungen zwischen Bremen und Köln gewesen, sondern eher der Anfang. Als „Nebenprodukt“ aus den Verhandlungen mit Borgward wurde vereinbart, dass die Hansa-Lloyd-Werke auf die Entwicklung eines starken Dieselmotors verzichteten und stattdessen in ihre LKW mit mehr als 3 t Nutzlast Deutz-Motoren (mit 100 PS) einbauten. Für die kleineren LKW wurden dagegen weiterhin die eigenen Dieselmotoren angeboten.
Weiterhin wurde festgelegt, dass die Hansa-Lloyd- und Goliath-Werke „bei nächster Gelegenheit“ Gegenlieferungen tätigen sollten. Diese Gelegenheit kam sehr bald nach der Fusion zwischen Humboldt-Deutz und Magirus und betraf jetzt das „Tochterunternehmen“. Ab 1936 wurden zunächst 90 Hansa-Lloyd Fahrgestelle vom Typ „Bremen IV“ mit einer Nutzlast von 2.500 kg an Magirus nach Ulm geliefert. Bei Magirus sollten daraus Feuerwehrfahrzeuge werden. Parallel wurde dort aber das eigene 2,5 t-Fahrgestell Magirus M 27 bzw. M27a produziert. Man machte sich also Konkurrenz im eigenen Haus – was der Kunde nicht wissen sollte.
Es begann eine sehr erfolgreiche Vertuschungsaktion, die letztendlich erst 1995 durch die Veröffentlichung des Magirus-Archivars Wolfgang Hornung-Arnegg den interessierten Feuerwehrhistorikern bekannt gemacht wurde. Zu diesem Zeitpunkt, also 57 Jahre nach der „Tat“, war von den seinerzeit Beteiligten schon niemand mehr am Leben. Auch Hornung-Arnegg selbst, damals schon hochbetagt, hatte davon nichts gewusst, er war erst nach dem Krieg zu Magirus gekommen. Bei seinen umfangreichen Forschungen nach dem Eintritt in den Ruhestand konnte er einen Teil des Geheimnisses lüften.
Die eigenen Fahrgestelle bot Magirus unter der Bezeichnung „MK“ an, die zugelieferten Fahrgestelle erhielten das Kürzel „LK“. Ansonsten wurde den Kunden gegenüber aber kein Hinweis gegeben, dass es sich um Fremdfahrgestelle handelte. Lediglich die Erwähnung des Hansa-Lloyd-Benzinmotors war üblich. Ansonsten hieß es: Der „LK“ ist ein Magirus-Feuerwehrfahrzeug. Das große Kühleremblem mit dem stilisierten Ulmer Münster tat sein Übriges zur Vertuschung.
Tatsächlich handelte es sich um ein spezielles Feuerwehr-Fahrgestell aus Bremen, bezeichnet als „Hansa-Lloyd Bremen IV F“. Eingebaut war der Hansa-Lloyd-Motor H3500. Das war der schon oben bei der Kraftspritze aus Lößnitz erwähnte Sechszylinder-Benzinmotor mit 3.485 cm³ Hubraum und einer Nennleistung von 60 PS bei 2.500 U/min.
Die Typenschilder verschleierten diese Tatsache aber bewusst. Der nicht vollständig ausgefüllte „Ausweis“ der weiter unten vorgestellten KS 15 aus Jork gibt nur dem fachkundigen Historiker Hinweise auf die Herkunft: Den Motortyp „3500“ gab es nicht bei Magirus bzw. Humboldt-Deutz, Motornummer 120381 und Fahrgestellnummer 120062 passen nicht in das Schema des Ulmer Herstellers. Schließlich zeigt der Fahrgestelltyp „LK“ die Bremer Wurzeln auf – wie wir aber erst seit 1995 wissen.
Typenschild der KS 15 der FF Jork, Landkreis Stade
Auffällig am Typenschild ist, dass der Hubraum mit 3.444 cm³ angegeben wird. Dieser Wert findet sich bei allen (!) bekannten LK- Fahrgestellen, ist aber definitiv falsch. Der ehemalige Ortsbrandmeister der FF Jork, Henning von Husen, hat sich dankenswerter Weise sehr intensiv mit der Geschichte der LK-Baureihe befasst und hier eine umfangreiche Dokumentation dazu veröffentlicht. Dort zeigt er auf, dass es tatsächlich 3.485 cm³ waren. Warum es diese Fehlangabe gab, ließ sich bisher nicht klären.
Wie viele Hansa-Lloyd „Bremen IV F“ zum Aufbau von Magirus-LK-Feuerwehrfahrzeugen tatsächlich geliefert wurden, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, da einige Fahrgestelle bei Magirus Drehleiteraufbauten zwischen 10 und 22 m Steighöhe erhielten und unter dem Namen Hansa-Lloyd bzw. später Borgward in Dienst gestellt wurden. Das sind also keine LK-Fahrzeuge.
Hornung-Arnegg geht von drei Serien von Fahrgestellen aus und nennt dafür die Stückzahlen 90, 10 und 60. Das waren zusammen 160 Fahrzeuge, bei Magirus ausgeliefert zwischen Januar 1937 und 1940. Es handelte sich entweder um Kraftfahrspritzen mit Vorbaupumpe oder um Mannschafts- und Gerätewagen. Bei Letzteren war die vordere Stoßstange weit nach vorne gezogen, der Pumpenrahmen und ein Durchbruch im Kühler für die Pumpenwelle waren schon vorhanden. Es wurde von Magirus ausdrücklich dafür geworben, dass finanziell schwache Kommunen zunächst einen Mannschafts- und Gerätewagen kaufen konnten, um ein paar Jahre später die Pumpe nachzurüsten. Als Beispiel kann hier das Fahrzeug der „Freiwillige Werksfeuerwehr der Röschlingschen Eisen- und Stahlwerke“ in Völklingen von 1938 genannt werden, auch wenn über die später Montage einer Pumpe nichts bekannt ist. Nachrüstungen sind dagegen nachgewiesen für das Fahrzeug der FF Norderney (1937 geliefert, Pumpe Dezember 1939 montiert) und den MGW der FF Lüneburg (Baujahr 1938) der durch den Anbau einer Vorbaupumpe 1940 zur Kraftspritze wurde.
Zu den 160 Fahrzeugen kamen noch 11 Drehleitern auf LK-Fahrgestellen, die ab 1938 die Ulmer Werkhallen verließen. Sie dürfen nicht mit den oben erwähnten wirklichen Hansa-Lloyd-Drehleitern verwechselt werden, die kein Ulmer Münster auf dem Kühlergrill trugen. Dennoch erhielten ein paar der LK-Leitern das Original-Hansa-Lloyd Führerhaus, andere wie z.B. die Kraftdrehleiter KL 20 aus Schwandorf eines von Magirus. Diese Drehleiter ist übrigens inzwischen von Mitgliedern der FF Schwandorf wieder restauriert worden und präsentiert sich weitgehend im Lieferzustand. Leider hat sie noch keinen Eingang in unsere Galerie gefunden. Als letzte LK-Leiter wurde am 23. Januar 1941 eine KLS 17,5 an die Feuerwehr Wolfenbüttel ausgeliefert. Warum zwischen der Bestellung am 27. März 1939 und der Auslieferung so viel Zeit verging, ist nicht bekannt.
Zurück zu den KS 15 bzw. Mannschafts- und Gerätewagen. Die erste Serie wurde offenbar durchgängig mit einem Radstand von 4.100 mm ausgeliefert. Das gleichzeitig produzierte Fahrgestell Magirus M 27 bzw. M 27a, benutzt für den Magirus MK, besaß dagegen einen Achsabstand von 4.250 mm und war damit nur geringfügig länger. Den Konstrukteuren bei Magirus gelang es, für beide Fahrgestelle sehr ähnliche Aufbauten zu konstruieren, was der Verschleierungstaktik entgegenkam. Die Ausstattung der MK-Kraftspritzen soll etwas besser gewesen sein, was genau darunter zu verstehen war, ist nicht überliefert worden. Zum Vergleich können der Magirus LK der FF Jork von 1937 und der ein Jahr jüngere Magirus MK der FF Oberndorf gezeigt werden.
KS 15, Hansa-Lloyd Bremen IV F, Aufbau Magirus, Bauj. 1937, bis 1969 bei der FF Jork im Einsatz, seitdem als Oldtimerfahrzeug erhalten. Das Fahrzeug ist ein typischer Vertreter der 1. Serie von LK-Fahrzeugen mit 4.100 mm Radstand. Nebenbei bemerkt: Die KS hat schon eine weite Schiffsreise hinter sich: Im September 2010 nahm sie zusammen mit einer Delegation der Freiwilligen Feuerwehr an der Steuben-Parade in New York teil.
KS 15, Magirus M 27a, Aufbau Magirus, Baujahr 1938, geliefert an die FF Oberndorf, seit 1962 in Privatbesitz eines Sammlers in Oberndorf. Der um 15 cm längere Radstand ließ den Einbau eines zusätzlichen kleinen Geräteraumes im Trittbrett zu.
Alle Kraftspritzen der 1. Serie wurden mit der Vorbaupumpe „Magirus P IV v“ ausgestattet. Ebenfalls zu dieser Serie gehört der als KS 12 bezeichnete Magirus LK der FF Wartenberg. Das Fahrzeug wurde ursprünglich von der Kreisstadt Erding beschafft, 1956 dann an die FF Wartenberg abgegeben. Dort blieb es bis 1975 im Einsatz, anschließend wurde es glücklicherweise erhalten.
KS 12, Hansa Lloyd Bremen IV F, Aufbau Magirus, Baujahr 1937. Nach 19 Jahren Einsatzdienst bei der FF Erding übernahm die FF Wartenberg den Magirus-LK der 1. Serie und nutzte ihn bis 1975. Seitdem wird die Kraftspritze als Oldtimerfahrzeug genutzt.
Weitere Lieferungen von Magirus LK an verschiedene Feuerwehren sind durch Bilder nachgewiesen. So entstand am 17. Februar 1937 ein Foto mit drei Fahrzeugen für Sachsen, nämlich einer KS für die FF Böhlen sowie je eines MGW für Zeithain und Hainsberg.
Die FF Mittenwald erhielt 1938 eine Kraftfahrspritze, die bis heute erhalten geblieben ist. Nach wie vor präsentiert sie sich in der Ursprungslackierung „Tannengrün“, in der vermutlich alle kommunalen Fahrzeuge ausgeliefert wurden.
KS 12, Hansa-Lloyd Bremen IV F, Aufbau Magirus, Bauj. 1938, geliefert an die FF Mittenwald, seit der Außerdienststellung als Oldtimer erhalten.
Nebenbei bemerkt: Henning von Husen hat bei seinen Nachforschungen anhand von Fotos sowie den Lackschichten der Jorker KS 15 festgestellt, dass mindestens ein Teil der ersten Serie zunächst rot lackiert war. Vor der Übergabe an die Kunden wurden die Fahrzeuge neu grundiert und grün gespritzt. Hier wirkte sich die genau zu diesem Zeitpunkt geänderte Verordnungslage der Nazizeit aus!
Ab 1939 wurde zunächst eine 2. Serie aus 10 Fahrgestellen nach Ulm geliefert, wenig später folgten eine 3. Serie. Gegenüber der ersten Serie waren zwei Änderungen zu beobachten: Alle Kraftfahrspritzen erhielten die jetzt produzierte Vorbaupumpe „Magirus PV 215“, außerdem wurden für KS sowie für Mannschafts- und Gerätewagen nur Fahrgestelle mit einem Radstand von 3.750 mm geliefert. Diese 45 cm Längenunterschied wurden vor allem dadurch eingespart, dass die Fahrerkabine deutlich weiter vorne saß. Aber auch die Geräteräume G1 bzw. G2 waren etwas schmaler.
Aus der 2. Serie von 1939 können wir kein Fahrzeug zeigen, wohl aber eines der fast zuletzt hergestellten Exemplare aus der 3. Serie. Es ist die KS der FF Münchberg
KS 15, Hansa-Lloyd Bremen IV F, Aufbau Magirus, Baujahr 1939. Dieses Fahrzeug der 3. Serie von LK-Fahrzeugen war 40 Jahre lang bei der FF Münchberg im Einsatz, heute steht es im Oberfränkischen Feuerwehrmuseum in Schauenstein.
Ebenfalls aus der 3. Serie stammt das zum Oldtimerbestand der FF Markneukirchen in Sachsen gehörende „LF 8“. Es ist ein Mannschafts- und Gerätewagen des Baujahrs 1939, der ursprünglich gemeinsam mit einer KS an die FF Oelsnitz im Voigtland geliefert wurde. Im dortigen Gerätehaus standen damals also gleich zwei Magirus LK! Von 1955 bis 1972 war der MGW dann in Markneukirchen im Einsatz, anschließend wurde er als Oldtimer erhalten.
Ein ehemaliger Mannschafts- und Gerätewagen (Baujahr 1939) kam 1946 vermutlich von der FF Hamburg-Sasel zur FF Hamburg - Oldenfelde-Siedlung und wurde dort bis 1957 genutzt. Das auf der Homepage gezeigte Fahrzeug zeigt allerdings den oben erwähnten Magirius LK aus Markneukirchen.
Ausgehend vom Bestelldatum und der Auftragsnummer 906321 gehört die KS 15 der FF Hecklingen in Sachsen-Anhalt auf jeden Fall zur 3. Serie. Das 1939 georderte Fahrzeug wurde 1940 als Mannschafts- und Gerätewagen an die Freiwillige Feuerwehr geliefert. Warum dies später erfolgte als bei der Münchberger KS 12, die mit 906406 eine deutlich höhere Auftragsnummer hat und Baujahr 1939 ist, ließ sich nicht ergründen.
Irgendwann nach dem 2. Weltkrieg erhielt das Fahrzeug – so wie es durchaus gedacht war – die heute vorhandene Vorbaupumpe vom VEB Jöhstadt mit einer Leistung von 1.500 l/min. Damit besaß man nun ein vollwertiges Löschgruppenfahrzeug, das bis 1980 genutzt wurde. Seitdem dient es als Traditionsfahrzeug.
LF 15, Hansa-Lloyd Bremen IV F, Aufbau Magirus, Bauj. 1940, von der FF Hecklingen als Mannschafts- und Gerätewagen bestellt, später mit einer Vorbaupumpe versehen. Sie ist deutlich größer als die sonst von Magirus montierten Pumpen. Die Trittbrettkästen sind irgendwann während der 40jährigen Dienstzeit erneuert worden. Seit 1980 wird das Löschgruppenfahrzeug als Oldtimer erhalten.
Aktuell sind 19 Fahrzeuge auf Magirus-LK bekannt, die bis heute erhalten sind. Einige befinden sich im benachbarten Ausland, nur noch die wenigsten sind fahrbereit.
Ab 1938 firmierte das Bremer Werk wie gesagt unter dem Namen „Carl F. W. Borgward Automobil und Motorenwerke GmbH. Die Lastwagen wurden jetzt zunehmend auch unter dem Namen Borgward vermarktet. Bei den LK-Modellen war das aber offenbar unterblieben.
1938 trat Borgward in die NSDAP ein, als Leiter und Eigentümer eines rüstungswichtigen Betriebes wurde er fast zeitgleich durch das Oberkommando der Wehrmacht zum Wehrwirtschaftsführer ernannt. Dadurch erhielt er gewissermaßen einen militärischen Status.
Der am 15. März 1939 vorgelegte (und schon mehrfach in dieser Artikelserie angesprochene) Schell-Plan wies den Borgward-Werken lediglich die Produktion eines 3t-LKW zu. Dennoch wurden noch bis 1942 ein Anderthalbtonner (als L 2000 S) und aus vorhandenen Teilen ein Fünftonner gebaut. Der ab 1938 hergestellte Dreitonner wurde 1942 vom modernisierten Borgward B 3000 S abgelöst, den es auch in der Dieselversion als B 3000 SD gab. Außerdem wurde eine Allradversion als B 3000 A für die Wehrmacht gebaut. Insgesamt haben zwischen 1930 und 1944 über 30.000 Dreitonner die Produktionshallen verlassen. Damit war Borgward nach Opel der zweitwichtigste Produzent in dieser Nutzlastklasse – weit vor Daimler-Benz! Feuerwehrfahrzeuge auf diesen Fahrgestellen sind keine bekannt geworden.
Borgward sollte genau wie die Daimler-Benz AG ab 1944 den Opel Blitz 3,0 t in Lizenz nachbauen. Dazu kam es jedoch nicht mehr, denn am 12. Oktober zerstörte ein Luftangriff auf Bremen das erst 1938 errichtete Werk in Sebaldsbrück zu 57 %, das in Hastedt zu 87 %.
(wird fortgesetzt)
Text: Klausmartin Friedrich
Bilder: Herbert Breuer, Thomas Dotzler, Klausmartin Friedrich, Oliver Horbach, Frank-Hartmut Jäger, Peter Kube
Literatur (u.a.):
Gebhardt, Wolfgang H.: Geschichte des deutschen LKW-Baus. Augsburg, 1994.
Hornung-Arnegg, Wolfgang: Unter falscher Flagge: Der Hansa-Lloyd im Magirus-Pelz. In: Johanßen, Axel (Hrsg.): Jahrbuch Feuerwehrfahrzeuge 1996, Brilon, 1995,
Husen, Henning von: KS 15 Magirus LK „Oma“; http://www.feuerwehr-jork.de/ofw-jork/oldtimer/magirus-lk-oma-/
Der Bastler. In: Spiegel Nr. 51 vom 14.12.1960