Die Haubenfahrzeuge der Nachkriegszeit - Teil 11

Freitag, 27. Mai 2016

Die Haubenfahrzeuge der Nachkriegszeit - Teil 11 - Mercedes-Benz L 3500 als Feuerwehrfahrzeuge der Royal Air Force Germany

Alle vier Besatzungsmächte nutzten bald nach Ende des 2. Weltkriegs die noch vorhandenen unzerstörten Kapazitäten der deutschen Automobilindustrie für ihre Zwecke. Zunächst ging es um die Reparatur des eigenen Fuhrparks, aber schon bald auch um Neufahrzeuge für vielfältige Aufgaben. Vor allem Logistikfahrzeuge und in eher geringen Stückzahlen benötigte Spezialeinheiten gehörten dazu, so auch Feuerwehrfahrzeuge. Die US-Amerikaner orientierten sich dabei an den aus ihrer Heimat bekannten Bauformen mit Midship-Pumpen und Schlauchbetten oberhalb der Tanks. Die französischen Streitkräfte beschafften dagegen eher deutsche Standardfahrzeuge, wie bereits in den Teilen 09 und 10 erwähnt. Bei den britischen Streitkräften muss man genauer hinsehen.

Zunächst fällt auf, dass die britische Rheinarmee (British Army of the Rhine - BOAR) soweit feststellbar fast nur britische Fahrzeuge nutzte. Lediglich von der Berlin Brigade sind aus späteren Jahren eine Handvoll deutsche Fahrgestelle bekannt. Die Royal Navy unterhielt ohnehin keine größeren Dienststellen in Deutschland, die Feuerwehrfahrzeuge benötigt hätten.

Ganz anders sah das bei der Royal Air Force Germany (RAFG) aus, den in Nordwestdeutschland und Berlin stationierten Verbänden der britischen Luftwaffe. Anhand der weitgehend vollständig erhaltenen Verzeichnisse der KFZ-Kennzeichen (Vehicle Registration Number – VRN) lassen sich die Beschaffungen relativ gut nachvollziehen. Alle britischen Militärfahrzeuge der Nachkriegszeit haben eine sechsstellige Nummer, die mit zwei Ziffern beginnt, es folgen zwei Buchstaben, dann wieder zwei Ziffern. Bis Ende 1981 wurden die Buchstaben bestimmten Bereichen zugeteilt. Erst danach wurden sie weitgehend unabhängig von der Organisation und Verwendung fortlaufend vergeben.

Etwa ab Kriegsende begannen die Buchstabengruppen der Royal Air Force stets mit A, also von „AA“ bis (theoretisch) „AZ“. Tatsächlich wurden die Pärchen nur bis „AY“ genutzt. Die einzelnen Buchstabenpärchen waren wieder unterschiedlichen Funktionen zugeordnet. Alle Feuerwehrfahrzeuge erhielten die Kennung „AF“ oder „AG“, die Beschreibung der Gruppen lauteten „Trucks, Fire Appliances, Cars, Minibusses“ bzw. „Fire, Water, Domestic, Crash Appliances“. In der Gruppe „AF“ finden sich allerdings nur Feuerwehrfahrzeuge auf britischen Fahrgestellen, die auf deutschen sind alle bei „AG“ einsortiert. Zusammenhängende Bauserien erhielten in der Regel fortlaufende Nummern, allerdings haben z.T. jüngere Bauserien eine niedrigere Nummer als ältere.

Anfang der 1950er Jahre planten die Verantwortlichen der RAFG eine Modernisierung der Fuhrparks ihrer Fliegerhorstfeuerwehren in Deutschland. Die bisher genutzten Einsatzfahrzeuge stammten noch aus der Kriegszeit und erfüllten offenbar nicht die gestellten Anforderungen. Außerdem waren sie vermutlich durch den Krieg und die anschließenden Belastungen während der Luftbrücke zur Überwindung der sowjetischen Berlin-Blockade (1948/49) stark abgewirtschaftet.

Ziel war eine deutliche Vereinheitlichung des Fuhrparks. Beschafft wurden fünf verschiedene Typen auf identischen Fahrgestellen. Die Wahl fiel auf den Mercedes-Benz LAF 3500/42 (bzw. LF 3500/42) in der Version mit 100 PS und mit Aufbauten von Metz. Die Autoren Wolfgang Rotter und Jochen Thorns haben 2002 in ihrem Standardwerk „Feuerwehrfahrzeuge auf Flughäfen in Deutschland“ darüber schon ausführlich berichtet, dennoch sollen die Fahrzeuge hier erneut – auch mit Blick auf unsere Fahrzeuggalerie – vorgestellt werden

Die kleinste beschaffte Serie waren sechs Löschgruppenfahrzeuge auf dem Straßenfahrgestell, die 1953 ausgeliefert wurden. Die im englischen Sprachgebrauch als Domestic Fire Trucks bezeichneten LF 15 unterschieden sich mit ihrer FP 15/8 und einem Wassertank mit 400 Litern Inhalt kaum von den gleichzeitig produzierten „zivilen“ Löschgruppenfahrzeugen. Angaben, dass statt Wasser Schaummittel im Tank mitgeführt wurde, konnten bisher nicht bestätigt werden. Im Hinblick auf den Einsatzzweck, nämlich vornehmlich den Gebäudebrandschutz, ergäbe das auch keinen Sinn.

Als ursprüngliche Stationierungsorten sind bisher nur die Fliegerhorste Köln-Wahn (VRN: 13AG44), Laarbruch (heute Weeze, Kreis Kleve) und Wildenrath im Kreis Heinsberg gesichert bekannt. Die anderen drei LF 15 dürften ebenfalls in RAFG-Anlagen im Westen Deutschlands stationiert gewesen sein, am wahrscheinlichsten sind die Flugplätze Brüggen, Geilenkirchen und Nörvenich. Mit Ausnahme von Köln-Wahn waren die genannten „Airfields“ so genannte Clutch Stations, die erst zu Beginn der 1950er Jahre dicht an der niederländischen und vor allem weit weg von der innerdeutschen Grenze (und damit vom potentiellen Gegner) angelegt wurden.

Ein LF 15 ist 1962 über einen Dortmunder Händler an die FF Ottobrunn verkauft worden und war dort bis 1972 im Dienst. Von allen anderen Fahrzeugen ist kein Zweitbesitzer bekannt. Es gibt aber Hinweise darauf, dass ein Löschgruppenfahrzeug später bei der Feuerwehr Assenede in Belgien im Einsatz war. Es soll heute in einem Feuerwehrmuseum stehen. Den Weg in unsere Galerie hat bisher noch keines der Fahrzeuge gefunden.

Die wichtigste Neuentwicklung der Firma Metz waren zweifellos die Sonderlöschfahrzeuge SLF 25 und SLF 25A auf dem Allradfahrgestell LAF 3500/42. Die RAFG bezeichnete sie als Foam Tender, seltener als Crash Tender. Beide verfügten über eine Staffelkabine, durch deren Dach mittig eine Rohrleitung nach oben geführt wurde, die in einem Schaum-/Wasserwerfer (Monitor) endete. Dahinter war eine quadratische Luke, die sich aufklappen ließ und so dem Rohrführer erlaubte, den Monitor zu bedienen. Über dem Beifahrersitz thronte eine Plexiglaskuppel, die vor allem zur Flugbeobachtung diente. Zwei Schnellangriffseinrichtungen mit formstabilem Schlauch und bereits angeschlossenem Schaumrohr waren links und rechts über der Midship-Pumpe angeordnet. Unter der vorderen Stoßstange waren Eigenschutzdüsen angebracht, die den Fahrweg benässen konnten.

Die grundsätzliche Konstruktion dieses SLF war das Vorbild für zahlreiche weitere Flugfeldlöschfahrzeuge, die Metz in den nächsten Jahrzehnten an Flughäfen im In- und Ausland auslieferte, zunehmend aber in größeren Dimensionen.

Die SLF 25 wurden - soweit feststellbar - alle 1953 gebaut, die Metz-Zeichnungsnummer lautete 31 872. Die Mittelpumpe MP 25 leistete 2.500 l/min bei 8 bar und war sowohl von der Fahrer- als auch von der Beifahrerseite aus zu bedienen. Dort befanden sich auch jeweils zwei B-Abgänge. A-Saugstutzen gab es im Heckbereich rechts von der Fahrzeugmitte und am beifahrerseitigen Bedienstand. A-Einspeisestutzen waren je einer seitlich oben am hinteren Tankende angeordnet. Der Wassertank hatte eine Kapazität von 572 imp. gall., das sind 2.600 Liter. Schaummittel wurde in den speziell konstruierten Trittbrettkästen transportiert, auf jeder Seite wurden 72,6 imp. gall. (330 Liter) mitgeführt, zusammen also 660 Liter. Die sonstige Ausstattung war sehr spartanisch: zwei Strahlrohre, ein paar Druckschläuche (u.a. im kleinen Heckgeräteraum), vier Saugschläuche mit Zubehör, zwei Leitersegmente, Feuerlöscher, Spaten, Feuerwehraxt. Der Einsatzzweck dieser Fahrzeuge war eben in erster Linie das Bekämpfen von Flugzeugbränden.

Bereits ein Jahr später wurde eine überarbeitete Version ausgeliefert, das SLF 25 A gemäß der Metz-Zeichnung 31 872c. Der Bedienstand auf der Beifahrerseite war ersatzlos entfallen, hier war nur noch ein B-Abgang zu finden. Auf der Fahrerseite war dafür jetzt ein A-Saugstutzen angeordnet, konsequenterweise war darum der heckseitige Ansaugstutzen ebenfalls auf die in Fahrtrichtung linke Seite gewandert. Die beiden Einfüllstutzen an der Tankoberkante waren bei dieser Ausführungsvariante nach hinten abgewinkelt und ließen sich jetzt mit Schraubventilen abschiebern.

Während der Wasservorrat gleich geblieben war, hatte man die Schaummittelmenge auf 720 Liter erhöht. In jedem der Trittbretttanks wurden jetzt etwa 79 imp. gall. (360 Liter) mitgeführt. Soweit sich das aus Zeichnungen und Fotos erschließt, bekamen alle SLF 25A ein Gitter oberhalb der Stoßstange, eine Art „Bullenfänger“. Bei den älteren SLF 25 ist das offenbar nicht der Fall gewesen, wie historische Fotos zeigen. Weitere Unterschiede der beiden Bauarten konnten bisher nicht festgestellt werden.

Laut Rotter/Thorns wurden 11 SLF 25 und 27 SLF 25A ausgeliefert, zusammen also 38 Stück. Die Liste mit den Vehicle Registration Numbers (VRN) nennt für die 1953er Serie (verm. die SLF 25) die Nummern 05AG51 bis 05AG64, anders ausgedrückt 14 Fahrzeuge. Für das Jahr 1954 werden die Nummern 20AG85 bis 21AG09 aufgeführt. Das wären unter Einbeziehung der VRN 21AG00 also 25 Fahrzeuge.

Das einzige weitgehend in den Originalzustand zurückversetzte SLF 25A taucht in der obigen Aufstellung noch gar nicht auf. Wie die VRN 13AG30 zeigt, passt es überhaupt nicht in die Systematik. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, denn dieses SLF 25a ist vom Fahrgestell her ein LAF 311/42 und wurde erst 1958 gebaut und dann auf dem Flugplatz der RAF in Berlin-Gatow stationiert. Interessant ist, dass Metz hier weitgehend auf vier Jahre alte Zeichnungen zurückgriff (die hier verwendete hieß 31 872e) und noch die geteilte Frontscheibe einbaute, obwohl seit 1955 bereits die einteilige Scheibe üblich war. Es ist nicht auszuschließen, dass dieses auf besonderen Wunsch der RAF hin geschah.

Dennoch gibt es einige Unterschiede zur Version von 1954. Die Trittbrettkästen mit dem Schaummittelvorrat sehen sehr viel gediegener aus und haben oben eine Riffelblechabdeckung. Der Pumpenbedienstand ist ebenfalls mit Riffelblech ausgekleidet. Auf dem Aufbau wird noch ein weiterer Tank mitgeführt, dessen Volumen und Inhalt momentan unbekannt sind. Die Leitern sind auf eine Seite des Aufbaus gewandert, auf der anderen werden nur noch zwei A-Saugschläuche mitgeführt. Der Vorrat an Rollschläuchen wurde deutlich vergrößert.


SLF 25A, Mercedes-Benz LAF 311/42, Metz, Baujahr 1958, im Einsatz auf dem britischen Militärflugplatz Berlin Gatow bis in die 1970er Jahre. Nach Stationierungen bei Feuerwehren in Niedersachsen wieder zurück an seinem ursprünglichen Einsatzort.

Nach seiner Ausmusterung bei der RAF Gatow kaufte die WF Rheinmetall in Unterlüß (Landkreis Celle) das SLF 25A und setzte es auf ihrem weitläufigen Waffenerprobungsgelände ein. 1983 erwarb es die FF Kattien im Landkreis Uelzen und nutzte es bis 1992. Nach einer Zwischenstation im Feuerwehrmuseum des Landkreises Harburg in Marxen gehört es jetzt – komplett restauriert – zum Fundus des Museums „Alliierte in Berlin“. Allerdings wurde der hintere Ansaugstutzen irgendwann verschlossen und entspricht daher nicht dem Original.


SLF 25A, Mercedes-Benz LAF 311/42, Metz, Baujahr 1958, aufgenommen im Sommer 1985 bei der FF Kattien.

Auf jedem Flugplatz der Royal Air Force Germany waren in den 1950er Jahren die SLF 25 bzw. SLF 25A vertreten, meist sogar im Doppelpack. Mit der Aufstellung der Bundeswehr ab 1956 gab die RAF einige Fliegerhorste an die neu entstandene Luftwaffe ab, so z.B. Ahlhorn, Bückeburg, Celle, Faßberg, Upjever, Schleswigland (heute Jagel) und Wunstorf. Da die Einrichtungen mitsamt der gesamten Infrastruktur übergeben wurden, blieben auch die – ohnehin überwiegend von deutschem Personal besetzten – Feuerwehrfahrzeuge dort und gehörten somit zur Erstausstattung der Bundeswehr. Diese hatte jedoch eigene Vorstellungen von ihren zukünftigen Flugplatzfeuerwehren und ersetzte die „britischen“ SLF ab Ende der 1950er Jahre durch die bekannten Magirus- und Mercedes-Benz-Fahrzeuge. Auch die RAFG musterte spätestens in der Mitte der 1960er Jahre ihre verbliebenen SLF 25 und SLF 25A aus. Lediglich das Berliner Fahrzeug blieb etwas länger im Dienst

Seltsamerweise ist wenig über den Verbleib der SLF bekannt. Ein Fahrzeug soll zur WF des Flughafens Stuttgart gekommen sein, gesichert ist der Kauf eines weiteren (wieder über den Dortmunder Händler) durch die WF MBB in Ottobrunn. 1963 erwarb die FF Varel vom inzwischen deutschen Fliegerhorst Upjever für 11.000 DM ein SLF 25A und nutzte es bis 1972, dann verliert sich seine Spur.

Unklar ist die Herkunft eines SLF 25A, das von 1980 bis 1987 bei der FF Hepstedt (Landkreis Rotenburg) im Einsatz stand und von der FF Tarmstedt übernommen wurde. Zu diesem Zeitpunkt war es bereits seines Werfers und des „Bullenfängers“ beraubt worden, der Schwerschaum in den Trittbretttanks war nicht gewechselt worden und nur noch eine zähe klebrige Masse. Sein Gnadenbrot verdiente der Oldie dann auf dem nahe gelegenen Segelflugplatz Kirchtimke, wo er bei Flugbetrieb draußen am Flugfeld herumstand.


SLF 25A, Mercedes-Benz LAF 3500/42, Metz, Baujahr 1954, schon leicht „mitgenommen“ 30 Jahre später bei der zur Samtgemeinde Tarmstedt gehörenden Ortsfeuerwehr Hepstedt.

Im hessischen Sehlen soll bis vor wenigen Jahren noch ein SLF 25A im Einsatzdienst gestanden haben, vielleicht hat ja ein User dort einmal Fotos gemacht. Bei der belgischen Feuerwehr Moorsele verdiente sich ein inzwischen verändertes SLF seinen Ruhestand, die Feuerwehr Berlare betrieb vor Kurzem noch ein erheblich umgebautes SLF, wie Fotos beweisen. Bei fast 40 gebauten Exemplaren ist das dennoch eine sehr magere Ausbeute.

Der zweite speziell für die Belange der RAFG entwickelte Fahrzeugtyp war der sogenannte Water Bowser (nicht „Browser“!), was so viel wie Wassertankwagen heißt. Er diente als Zubringerfahrzeug für das SLF 25 bzw. SLF 25A. Gebaut wurden hiervon nach übereinstimmenden Angaben 36 Stück, sie erhielten die VRN 13AG01 bis 13AG26 sowie 21AG16 bis 21AG25. Alle Fahrzeuge wurden - soweit feststellbar - 1953/54 bei Metz hergestellt. Auch sie besaßen eine Staffelkabine, jedoch ohne Monitor und Plexiglaskuppel. Die Midship-Pumpe wurde als MMP 8 ausgeführt, leistete also 800 l/min bei 8 bar. Aus diesem Grund wurden diese Fahrzeuge auch als TLF 8 bezeichnet. Der Tank fasste 3000 Liter (ca. 660 imp gall.) Wasser, Schaummittel war nicht an Bord.

Der Pumpenbedienstand war an der Fahrerseite angeordnet, dort waren ein A-Sauganschluss und ein B-Abgang montiert. Auf der Beifahrerseite gab es einen weiteren B-Abgang, der B-Anschluss hinten rechts unter dem Tank diente nur als Ablauf. An dem oberhalb des Pumpenbedienstandes angebrachten formstabilen Schnellangriffsschlauch (50m) war bereits ein C-Rohr angekuppelt. Unterhalb der Pumpe lag zum Austausch ein Schwerschaumrohr auf dem Trittbrett. Seitlich am Tank waren Gerätekästen montiert, die von oben bestückt wurden.

Das auffälligste Merkmal dieses Fahrzeugtyps waren ohne Frage die beiden vier Meter langen A-Saugschläuche, die auf dem Aufbau gelagert wurden. Während der Schlauch auf der Beifahrerseite in einigen Halterungen ungekuppelt lag, war der fahrerseitige Schlauch hinten bereits an einen A-Krümmer angeschlossen, der von oben in den Tank führte. Das andere Ende lag wieder auf dem Führerhausdach. Zwischen beiden Schläuchen war eine zweiteilige Schiebleiter platziert

Über den Sinn dieser seltsamen Konstruktion kann momentan nur spekuliert werden. War es eine speziell britische Eigenart, ihre Water Bowser (es gab ähnliche Fahrzeuge auf britischen Fahrgestellen auch auf RAF-Fliegerhorsten außerhalb Deutschlands) so auf ein schnelles Wiederauftanken vorzubereiten? Aber wozu dienste dann der zweite Saugschlauch?

Sollte eventuell zusammen mit dem SLF 25 bzw. SLF 25A eine Landebahnbeschäumung vorgenommen werden, bei der die beiden Fahrzeuge miteinander verbunden werden mussten? War das der Grund, warum beim SLF 25A die oberen Einfüllstutzen nach hinten abgewinkelt waren? Zur damaligen Zeit wurden Landebahnen in der Regel so beschäumt, dass das schaumgebende SLF rückwärts von einem anderen Fahrzeug gezogen wurde und dabei vom Monitor bzw. den beiden Schnellangriffsschläuchen aus die Bahn eingeschäumt wurde. Einen „Pump-and-Roll“-Betrieb wie heute kannte man noch nicht. Vielleicht kann ein User hier weiterhelfen.

Die obenliegenden Saugschläuche führten zu zwei weiteren Besonderheiten bei diesem Fahrzeugtyp: Oberhalb der vorderen Türen war auf jeder Seite ein Haltegriff montiert, damit die Feuerwehrmänner sich beim Entnehmen und Verstauen der Saugschläuche mit einer Hand festhalten konnten. Um die damals noch als Blinkleuchten ins Dach integrierte Sondersignalanlage nicht durch die Schlauchkupplungen zu beschädigen, hatte man statt zwei Lampen nur eine in Fahrzeugmitte angebracht. Damit unterscheiden sich die Water Bowser eindeutig von allen anderen Feuerwehrfahrzeugen der RAFG.


TLF 8/30 (ehem. Water Bowser), Mercedes-Benz LAF 3500/42, Metz, Baujahr 1953, zunächst stationiert auf dem RAF-Fliegerhorst Upjever, dort übernommen von der Bundeswehr, verkauft 1962 an die FF Zetel, 1974 weiter verkauft an die FF Friedeburg, ab 1985 schließlich bei der Ortsfeuerwehr Horsten stationiert. Heute gehört das Fahrzeug zum Bestand des Feuerwehrmuseums Jever.

Die Verteilung auf die Stützpunkte der RAFG erfolgte analog zu den SLF 25 bzw. SLF 25A, da sie deren Ergänzungsfahrzeuge waren. Auch hier vollzog sich die Ausmusterung in der Regel bis Mitte der 1960er Jahre. Erneut tauchten nur vereinzelt Fahrzeuge bei deutschen Feuerwehren auf. So stammt das TLF 8 der FF Horsten vom Fliegerhorst Upjever, die FF Linsburg im Landkreis Nienburg hatte ebenfalls ein ehem. TLF 8 im Dienst. Weitere Exemplare gab es bei der FF Bottrop-Kirchhellen und der WF Wiederhold in Hilden. Letzteres soll ursprünglich auf dem RAF-Flugplatz Laarbruch (heute Weeze) stationiert gewesen sein. Ein ehemaliger Water Bowser der RAF-Feuerwehr Berlin-Gatow rostete gegen Ende der 1970er Jahre auf einem Schrottplatz in der Kurfürstenstraße vor sich hin.

Der Circus Krone kaufte 1959 und 1967 je einen gebrauchten Water Bowser über den Flughafen München und stellte sie als Wagen 198 (Baujahr 1953) und Wagen 240 (Baujahr 1954) in seinen Fuhrpark ein. Im Umkehrschluss bedeuten diese Angaben, dass mindestens der Flughafen München sich an ausgemusterten Feuerwehrfahrzeugen der RAF Germany bzw. der Bundeswehr bedient hat. Eventuell haben auch weitere Flughäfen so gehandelt, ohne dass es bekannt geworden ist. Beide Exemplare fuhren noch in Originalausführung mit den markanten Saugschläuchen und der schönen Krone-Beschriftung. Vielleicht hat ein User ja die beiden Schätzchen abgelichtet und kann sie hier zeigen. Ansonsten können wir momentan nur Links zu Fremdbildern auf einer Zirkusseite bieten: http://www.kronebilder.de/media/214b9547d3700e9effff8305ac144233.jpg und http://www.kronebilder.de/media/e2d63f3013502a3bffff825dac144221.jpg .

Die dritte Sonderkonstruktion für die Royal Air Force waren die als Domestic Fire Truck (DFT) bezeichneten Fahrzeuge für den Gebäudebrandschutz. Eine andere gelegentlich verwendete Bezeichnung lautete Domestic Tender. Sie waren in der Konstruktion den Water Bowsern ähnlich, besaßen ebenfalls eine Staffelkabine und eine Midship-Pumpe MMP 8, dazu einen Wassertank mit 2750 Litern Inhalt (605 imp. gall.) Allerdings waren hier Trittbrettkästen für die Saugschläuche vorhanden. Anstelle der Schnellangriffshaspel war ein Gerätekasten mit Rolladen auf beiden Fahrzeugseiten montiert, um weitere Ausrüstungsgegenstände mitzuführen. Die Schnellangriffseinrichtung war offen liegend hinten am Tank angeflanscht. Auf dem Aufbaudach wurde eine zweiteilige Schiebleiter mitgeführt.


TLF 8, ehem. Domestic Fire Truck (DFT), Mercedes-Benz LAF 3500/42, Metz, Baujahr ca. 1954, ehemals RAF Germany, danach nahezu unverändert von der belgischen Feuerwehr Kalmthout übernommen, heute Museumsfahrzeug.

Aufgabe der DFT war in erster Linie der Brandschutz in den Liegenschaften der RAFG, sie konnten aber auch als weitere Zubringerfahrzeuge für die SLF verwendet werden. Rotter/Thorns schreiben von 37 gebauten Exemplaren, in der Liste der RAF-Kennzeichen werden nur die Vehicle Registration Numbers von 21AG48 bis 21AG73 mit Baujahr 1954 vermerkt. Die fehlenden 11 Fahrzeuge dürften dann 1955 hergestellt worden sein und in irgendeine Lücke der nicht vollständigen Liste passen.

Die Stationierung erfolgte wieder ähnlich wie bei den vorgenannten Typen, analog war es mit der Ausmusterung. Mindestens in Berlin blieb der DFT mit der VRN 21AG72 noch bis in die frühen 1970er Jahre im Dienst.

Ehemalige Domestic Fire Trucks waren bei deutschen Feuerwehren recht selten anzutreffen. Die FF Jever übernahm ein TLF 8 in den frühen 1960er Jahren. Bekannt ist außerdem, dass die FF Langenhahn im Westerwald ab 1972 ein Fahrzeug im Dienst hatte. Der Verbleib ist jeweils unbekannt.

Ein DFT von 1954 machte nach seinem Ausscheiden aus dem Militärdienst bei der FF Düren „Karriere“. Der Tank wurde zunächst durch einen zylindrischen Schaumtank mit 500 Litern Inhalt ersetzt. Auf dem vorderen Aufbauteil wurde ein mächtiger Schaum- / Wasserwerfer montiert, und so entstand im Eigenbau ein Zumischerlöschfahrzeug. Jahre später wurde der Schaummitteltank gegen einen (gebrauchten?) 4 m³ großen Tank der Schwelmer Eisenwerke ausgetauscht und das Fahrzeug fortan als Ölsaugwagen genutzt. Der Werfer blieb dabei erhalten. Aus Mangel an Bildern in unserer Galerie verlinken wir auf die Website unseres Adminkollegen Carsten Michalski, der von dem bekannten Autor Axel Johanßen die Erlaubnis erhielt, dessen Bilder zu veröffentlichen.

Letzte Station desselben Fahrzeugs war schließlich der Circus Roncalli, der das Fahrzeug als TLF 16/40 nutzte. Gerüchten zufolge wurde hier eine neue Pumpe eingebaut, da die alte einen Riss bekommen hatte.


TLF 16/40, Mercedes-Benz LAF 3500/42, Metz / Schwelmer Eisenwerke / Eigenumbau, Baujahr 1954, Tank Baujahr 1972, ehem. Domestic Fire Truck der RAF Germany, hier nach dem 3. Umbau als „Feuerschlucker“ des Circus Roncalli.

Eine Reihe von Domestic Fire Trucks hat es nach Belgien und in die Niederlande verschlagen, über die Gründe kann man nur spekulieren. Der wahrscheinlichste ist, dass ganz einfach preisgünstige Allradfahrzeuge mit großem Wassertank bei Händlern auf beiden Seiten der Landesgrenze gesucht wurden. Einige ehemalige DFT können wir hier zeigen.


TLF 8, ehem. Domestic Fire Truck (DFT), Mercedes-Benz LAF 3500/42, Metz, Baujahr 1954, ehemals RAF Germany, Museumsfahrzeug der Brandweer Lede (Belgien). Die Schnellangriffseinrichtung ist nicht mehr vorhanden.


TLF 8, ehem. Domestic Fire Truck (DFT), Mercedes-Benz LAF 3500/42, Metz, Baujahr 1954, ehemals RAF Germany, Museumsfahrzeug der Oldtimerfreunde der FF Rocherath-Krinkelt im deutschsprachigen Teil Belgiens. Im Heckbereich wurden beidseits Gerätekästen und ein Unterfahrschutz ergänzt.


Tankautospuit TS6, ehem. Domestic Fire Truck (DFT) der RAF Germany, Mercedes-Benz LAF 3500/42, Metz, Baujahr 1954, übernommen im Jahr1961 durch die Feuerwehr Bilthoven, Gemeinde de Bilt (Niederlande)

Als fünften Fahrzeugtyp ließ die RAFG Pulverlöschfahrzeug bei Metz bauen. Die Pulverlöschanlage mit 2 Kesseln à 750 kg stammte von Total. Verwendet wurde ein Truppführerhaus, versehen mit einer Plexiglaskuppel zur Flugbeobachtung. Vor dem Kühler war wie bei den SLF 25A ein „Bullenfänger“ montiert. Hinter einer Doppeltür war auf jeder Seite eine Schnellangriffseinrichtung untergebracht, auf der Fahrerseite lagen dahinter die Bedienhebel für die Pulverabgabe.

Rotter/Thorns schreiben von nur wenigen gebauten Exemplaren. Die Liste mit den Vehicle Registration Numbers führt mit den VRN 21AG26 bis 21AG47 insgesamt 22 „Dry Foam Tender“ auf, eine fachlich nicht ganz korrekte Bezeichnung für die TroLF 1500. Ob es noch weitere gab, ist nicht feststellbar, aber durchaus möglich.

Auch die Pulverlöschfahrzeuge wurden in den 1960er Jahren durch Nachfolgemodelle ersetzt, nur in den Standorten Brüggen und Berlin-Gatow (21AG43) waren sie noch Anfang der 1970er Jahre im Dienst. Soweit feststellbar, ist keines dieser TroLF jemals wieder bei einer deutschen Feuerwehr oder im näheren Ausland aufgetaucht. Es ist anzunehmen, dass diese wertvollen Fahrzeuge (Pulveranlagen sind sehr langlebig und teuer) beispielsweise in die so genannte 3. Welt verkauft/verschenkt worden sind. Vielleicht weiß auch hier ein User mehr. Wir jedenfalls können zurzeit kein Foto anbieten.

Noch ein Wort zur Farbgebung: Leider gibt es aus den 1950er und 1960 nahezu ausschließlich Schwarz/Weiß-Aufnahmen von den Feuerwehrfahrzeugen der RAF Germany. Sie zeigen aber, dass Stoßstangen und Kotflügel im gleichen Farbton wie der Rest der Karosserie lackiert waren. Die relativ stumpfe Olivfarbe der RAF und britischen Armee müsste anders aussehen als der seidenmatt glänzende Lack auf den Bildern. Aufgrund der wenigen Farbbilder und der Lackierung bei den Zweitbesitzern ist davon auszugehen, dass die Fahrzeuge in einem relativ hellen Rotton (ähnlich RAL 3000 – Feuerrot) beschafft wurden. Ob die Felgen ebenfalls grundsätzlich rot waren, ist fraglich. Sie sehen auf einigen Fotos sehr dunkel aus und dürften damit schwarz gewesen sein, es gab aber auch rote Felgen. Gesichert sind diese Farbangaben jedoch nur für Berlin-Gatow.

Die Mindestausstattung eines Fliegerhorstes der RAFG bestand Mitte der 1950er Jahre (wie Fotos zeigen) offenbar aus einem SLF 25 / SLF 25A, einem Water Bowser und einem Domestic Fire Truck. Nicht in jedem Fall war dort auch ein TroLF 1500 stationiert. Hier spielte möglicherweise die Brandlast durch die verwendeten Flugzeuge eine Rolle. Die größeren Standorte, vor allem die bereits erwähnten Clutch Stations an der niederländischen Grenze verfügten im Normalfall über eine doppelte Garnitur SLF, Water Bowser und TroLF, dazu mindestens ein Domestic Fire Truck.

Zum Schluss soll noch ein Fahrzeug vorgestellt werden, das den Feuerwehrhistorikern seit langem bekannt war, bisher aber nicht mit der Royal Air Force in Verbindung gebracht wurde. Die FF Kirchheimbolanden im Donnersbergkreis besaß in den 1980er Jahren einen Wassertankwagen, der 3000 Liter Wasser mitführen konnte. Als Fahrgestell diente ein Mercedes-Benz LA 3500/36, der Aufbau stammte von der Firma Peter Bauer in Köln. Als Baujahr wird in der Regel 1953 bzw. 1954 angegeben. Das Fahrzeug soll von der Bundeswehr übernommen worden sein. Eine ILO-Tragkraftspritze mit einer Leistung von 600 Litern pro Minute war erst bei der FF Kirchheimbolanden nachgerüstet worden.

So weit sind die Daten in Historikerkreisen unstrittig. Allerdings hat die Sache einen Schönheitsfehler: Im Jahre 1954 gab es noch keine Bundeswehr, und die „Dienststelle Blank“ als Vorgängerin des späteren Bundesverteidigungsministeriums hatte sicher 1953/54 Wichtigeres zu tun als Wassertankwagen zu beschaffen. Es blieb also ein gewisses Mysterium um diesen Tankwagen.

Jetzt tauchten in der Liste der RAF-Fahrzeuge plötzlich unter der Bezeichnung „Bauer Water Tender“ 19 Mercedes-Benz LA 3500/36 mit den VRN 11AG64 bis 11AG82 auf, das Jahr der Indienststellung wird mit 1954 angegeben. Sollte der gezeigte Tankwagen wie die Feuerwehrfahrzeuge seinen Weg von der RAFG über die Bundeswehr zur Freiwilligen Feuerwehr genommen haben? Denkbar ist es, und das würde das oben genannte Rätsel lösen.


ZB 6/30, Mercedes-Benz LA 3500/36, Bauer / Eigenumbau, 1953 oder 1954, FF Kirchheimbolanden, mit einer TS 6/6 nachgerüstet durch die Feuerwehr, übernommen von der Bundeswehr, möglicherweise im Erstbesitz bei der Royal Air Force Germany

Übrigens: Weitere 23 Fahrzeuge auf dem gleichen Fahrgestell, aber ohne den Zusatz „Bauer“ werden ebenfalls für 1954 aufgeführt, dann noch einmal 39 Water Tender im Jahr 1956. Als Tankkapazität werden jeweils 600 imp. gall. (etwa 2.700 Liter) genannt. Andere Water Tender der RAF in dieser Zeit wurden auf Borgward-Fahrgestellen (200 imp. gall.) und auf Bedford-Chassis beschafft. Offenbar dienten sie alle vornehmlich der Trinkwasserversorgung, waren also reine Logistikfahrzeuge.

(wird fortgesetzt)

Text: Klausmartin Friedrich

Bilder: Alan Desitter, Stefan Fleischer, Klausmartin Friedrich, Stephan Kutsch, Carsten Michalski, Jürgen Suchorski, Jörg Uhlig

Literatur (u.a.):

Daimler-Benz AG (Hrsg.): Brandschutz mit Stern: Die Geschichte der Mercedes-Benz Feuerwehrfahrzeuge und ihrer Vorgänger (1888-2002); Stuttgart, 2007.

Fischer, Klaus: Löschgruppenfahrzeuge LF 16; Berlin, 2005.

Miniature Armoured Fighting Vehicle Association (Hrsg.): RAF Vehicle Registration Numbers (VRN)

Rotter, Wolfgang; Thorns, Jochen: Feuerwehrfahrzeuge auf Flughäfen in Deutschland; Brilon, 2002


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